«Die Frauen sind froh, wenn die Waffen weg sind»

Nächsten Februar wird das Stimmvolk über die Initiative für den Schutz vor Waffengewalt abstimmen. Nebst der GSoA unterstützen mehr als 70 Organisationen die Initiative. Dazu gehören viele Frauenorganisationen. Nina Regli hat sich mit Claudia Meyer, Ko-Leiterin des Frauenhauses und der Opferberatungsstelle Freiburg, zum Gespräch getroffen.

Die Dachorganisation der Frauenhäuser DAO gehört zu den mitlancierenden Organisationen der Initiative «Für den Schutz vor Waffengewalt». Was ist Ihre Motivation, bei diesem Thema politisch aktiv zu werden?
Als wir von dieser Initiative erfuhren, war für uns klar, dass wir sie unterstützen werden. Die Initiative würde zu einer merklichen Verbesserung der Situation von Frauen, die von Gewalt betroffen sind, führen. Das ist ein Grundanliegen unserer Dachorganisation.

Wie oft haben Sie in Ihrer Arbeit mit Opfern von Waffengewalt zu tun?
Waffengewalt gehört leider zum Alltag unserer Arbeit. Mehr als jede zehnte Frau, die von häuslicher Gewalt betroffen ist, wurde mit einer Waffe bedroht. Das Schwierigste an unserer Arbeit ist es, einzuschätzen, ob der Mann die Waffendrohung umsetzt oder nicht.

Welche Rolle spielen Schusswaffen bei häuslicher Gewalt?
Die Drohung mit der Schusswaffe ist ein Teil der ausgeübten Gewalt. In unserer Arbeit betrachten wird den Gesamtkontext. Dazu gehört psychische Gewalt: Die Frau wird vom Mann beschimpft und erniedrigt, so dass sie ein zerstörtes Selbstwertgefühl hat. Hinzu kommt – nicht immer, aber häufig – körperliche Gewalt. Und schliesslich werden Drohungen mit der Waffe ausgesprochen. Der Frau wird vermittelt, dass eine Armee- oder eine andere Schusswaffe im Haus ist, die eingesetzt werden kann. Fast jeder zweite Mann, der Gewalt ausübt, sagt seiner Frau, wenn sie gehe, bringe er sie um.
Diese Gewalttaten verfolgen alle das Ziel, die Dominanz des Mannes über die Frau zu zementieren. Die Frau soll gefügig gehalten werden.

Was sind die Folgen solcher Drohungen für die betroffenen Personen?
Angst, sehr grosse Angst. Auch die Kinder wissen zum Teil, dass ihr Vater eine Waffe hat. Dabei ist es ein Unterschied, ob der Mann eine Waffe hat oder mit einem Messer droht. Von einer Schusswaffe bedroht zu werden, macht viel mehr Angst als von einem Messer. Wir hatten schon Frauen bei uns, die einen Messerangriff überlebt hatten. Hingegen weiss ich von keiner Frau, die einen Schusswaffenangriff überlebt hat. Und wenn wir die Täterseite betrachten, so braucht eine Gewalttat mit einem Messer höhere Überwindung. Sie müssen auf ihr Opfer zu, es berühren. Mit einer Schusswaffe kann eine gewisse Distanz zum Opfer aufrechterhalten werden. Die einzige Handlung besteht darin, abzudrücken.
Die aktuelle Situation, dass nur das Gewehr, nicht aber die Munition zu Hause aufbewahrt wird, ist eine Pseudolösung. Frauen und Kinder können nicht wissen, ob das Gewehr geladen ist oder nicht. Denn es besteht immer die Möglichkeit, dass er auf andere Weise an Munition kommt. Somit kann der Mann die Waffe immer noch als Druckmittel anwenden.

Eine bürgerliche Politikerin sagte in der Nationalratsdebatte, dass die Waffe ein Symbol von Freiheit und Schutz gerade auch für Frauen und Kinder sei. Was entgegnen Sie darauf?
Das ist absurd. Das hat uns noch keine Frau gesagt. Hingegen hören wir ab und zu, dass Frauen die Polizei angerufen haben und dass alle Waffen in ihrem Haus konfisziert wurden. Sie waren darüber sehr erleichtert und fühlten sich in ihren vier Wänden wieder sicherer.
Das zentrale Waffenregister, das mit der Initiative eingeführt werden soll, spielt dabei eine wichtige Rolle. Wir brauchen unbedingt mehr Kontrolle darüber, wer eine Waffe besitzt.
Auf der Gegnerseite in diesem Abstimmungskampf ist eine unglaubliche Irrationalität vorhanden. Der Mann sei kein richtiger Mann ohne Waffe. Man hat fast das Gefühl, dass den Männern ein Spielzeug weggenommen würde.
Ich hoffe fest, dass die Initiative vom Volk angenommen wird. Damit gewährleisten wir Frauen und Kindern mehr Sicherheit und mehr Schutz vor Waffengewalt.

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