Kein Ende des Konflikts in Sicht

Seit bald sechs Jahren wütet in Syrien der Bürgerkrieg. Knapp eine halbe Million Menschen sind ums Leben gekommen und über zehn Millionen sind auf der Flucht. Wie geht’s nach der Eroberung von Aleppo durch die Regierungstruppen weiter?

Viel ist passiert seit 2011 die ersten, damals noch mehrheitlich friedlichen Demonstrationen begannen. Der syrische Machthaber Baschar al-Assad bombardiert die eigene Bevölkerung mit Fassbomben, um das Land zurückzuerobern und auch die verschiedenen Rebellengruppierungen schrecken nicht vor Gräueltaten zurück. Im Herbst 2014 begann ein westliches Militärbündnis mit Luftangriffen gegen den sogenannten «Islamischen Staat» IS in Syrien und im Irak. Und ein Jahr später startete Russland Luftangriffe in Syrien, um gegen die Gruppierungen vorzugehen, welche von Assad als Terroristen eingestuft werden vorzugehen. Neben diesen zwei fremden Mächten haben sich seit vergangenem Sommer auch die Türkei militärisch in den Konflikt eingemischt. Der Iran, Saudi-Arabien und die Golfstaaten missbrauchen den Konflikt derweil als Stellvertreterkrieg um die Vorherrschaft in der Region. Verständlich, dass sich viele der Vertriebenen keine grossen Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Kämpfe machen.

Die Kämpfe in Aleppo sind beendet

Nun haben die Truppen des Machthabers As- sad die Stadt Aleppo, welche zu den am schwersten umkämpften Gebieten gehörte, erobert. Dies ist einer der wichtigsten Erfolge der vergangenen sechs Jahre für das Regime. Kurz darauf hat der Kreml verkündet, Teile der russischen Armee, welche in den vergangenen Monaten die Truppen von Assad hauptsächlich mit Luftschlägen unterstützt hatten, wieder aus dem zerstörten Land abzuziehen. Die Ziele der russischen Führung, ihre Marinebasis und einen Luftwaffenstützpunkt zu verteidigen, sind erreicht worden. Ebenso konnte das russische Militär zeigen, dass es noch immer fähig ist, nicht nur im angrenzenden Ausland Militäroperationen durchzuführen, und es nutzte die Möglichkeit, neue Waffensysteme zu testen. Den Erfolg lässt sich von Putin zu Hause gut verkaufen, hat er doch dem Westen die Stirn geboten und den Anspruch Russlands, auf der politischen Weltbühne als Grossmacht auftreten zu können, gefestigt. Nun sollen im kasachischen Astana Friedensverhandlungen folgen. Dabei ist dem Kreml-Chef die Einbindung der EU oder der USA nicht wichtig, im Gegensatz zur Türkei, welche als Regionalmacht ebenfalls eigene Interessen im Konflikt vertreten sehen will. Ein Novum, dass bei einem Konflikt dieser Grös- senordnung vor der Türe Europas, der Westen nicht am Verhandlungstisch sitzt.

Hat das Ende der Kämpfe in Aleppo eine Wirkung auf das ganze Land?

Die Situation ist verfahren. Die USA halten sich zurück und versuchen mit Luftschlägen den IS zu dezimieren. Saudi-Arabien und Katar liefern Waffen an Rebellen, die gegen Assad kämpfen. Ohne den Iran, welcher im Gegensatz zu Russland das Regime von Assad auch finanziell und mit Bodentruppen unterstützt, wäre Assad schon lange am Ende. Hinzu kommen die Interessen der Türkei, welche einerseits ein Erstarken der kurdischen Milizen im Norden Syrien verhindern will, andererseits aber den IS und Assad als illegitim betrachten und aus geografischen Gründen als Nachschubs-Lieferant für die Rebellen eine wichtige Rolle spielen. Syrien ist zum Spielball mehrerer fremder Mächte geworden, welche verschiedene eigene religiöse, geopolitische und wirtschaftliche Interessen verfolgen. Im Anbetracht der Tatsache, dass die Waffenexporte in den Nahen Osten in den vergangenen zehn Jahren gesamthaft um 61 Prozent zugenommen haben, ist ein schnelles Ende der Kämpfe leider eher unwahrscheinlich. Besonders stossend dabei: Die Schweizer Rüstungsfirmen liefern nach Saudi-Arabien, in die Golfstaaten und in weitere Länder in der Region und tragen somit eine Mitschuld an der heutigen Situation.

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