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Klima und Konflikt

Die am stärksten von der Klimakrise betroffenen Länder sind auch diejenigen, in denen der Frieden am brüchigsten ist. Für eine friedlichere Welt ist es deshalb unumgänglich, die Milliarden an Geldern, welche zurzeit in die Rüstungsindustrie gepumpt werden, in konsequenten Klimaschutz und in Unterstützung vulnerabler Staaten bei der Abschwächung der Folgen der Klimakrise zu investieren.

Im letzten Jahrzehnt hat sich die Zahl der Menschen, die in einem bewaffneten Konflikt getötet wurden, verdoppelt. Und dies vor dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine. Klimabedingte Risiken werden in den kommenden Jahren eine neue Ära der Unsicherheit mit sich bringen, die sich global in verschiedenen Lebensbereichen äussern wird. Flutwellen zwingen Menschen, ihr Zuhause zu verlassen. Dürren führen zu Nahrungsmittelknappheit. Extremniederschläge erhöhen die Hochwassergefahr. Die abnehmende Artenvielfalt und die Einschleppung gebietsfremder Arten gefährden intakte Ökosysteme, berauben sie ihrer Klimaresilienz und erhöhen das Risiko für Zoonosen. Wälder sterben und mit ihnen die Lebensgrundlage indigener Bevölkerungsgruppen.

Klimapolitik ist Sicherheitspolitik!

Die voranschreitende Klimakrise macht nicht nur ganze Landstriche unbewohnbar. Sie führt auch zu grossen Migrationsbewegungen und Konflikten um Territorien und natürliche Ressourcen wie fruchtbare Böden oder Wasser. Dies erhöht die soziale Unsicherheit und spielt Autokraten und diktatorischen Regimes in die Karten, die ihre Macht militärisch sichern und durchsetzen wollen. Das immense Konfliktpotenzial von Auswirkungen der Klimakrise zeigt, dass eine konsequente Klimapolitik einen der wichtigsten Beiträge zur globalen Sicherheit leisten könnte. Klimapolitik ist Sicherheitspolitik. Die meisten Länder des globalen Nordens scheinen dies jedoch gänzlich zu ignorieren und denken Sicherheit noch immer nur militärisch. 

Geld für Frieden statt für Kriege

Von 2013 bis 2021 haben die 23 reichsten Länder 9.45 Billionen Dollar, das sind 109’628 Mal so viel wie die Schweiz an Gesamtausgaben für das Jahr 2023 budgetiert hat, in die Militarisierung investiert. Es ist die 30-fache Summe der 243.9 Milliarden Dollar an Klimafinanzierung für die gefährdetsten Länder der Welt, zu deren Bereitstellung sie in internationalen Abkommen gesetzlich verpflichtet wären. Die Unterstützung für Klimaschutz und Anpassung für Länder des globalen Südens sollte ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-​Dollar erreichen. Es war ein zentrales Versprechen, welches das Pariser Klimaabkommen möglich machte. Dieses Ziel wurde 2020 nicht erreicht. 

Trotz einer globalen Klimabewegung, Gipfeltreffen und Weltklimakonferenzen bleiben staatliche Bekenntnisse zu einem gesamtgesellschaftlichen Umbau in weiter Ferne. Für die Dekarbonisierung müssten in den kommenden Jahren Milliarden von Franken in erneuerbare Energien, eine klimafreundliche Landwirtschaft, neue Transportwege und Schutzmassnahmen für gefährdete Länder investiert werden. Je länger das Nichtstun andauert, desto grösser werden die Kosten zur Bekämpfung der Klimakrise und deren Folgen. 

Trotzdem versuchen konservative Kräfte weltweit, die Ausgaben für Klimaschutz und internationale Klimafinanzierung so klein wie möglich zu halten. Wo jedoch von «militärischer Sicherheit» die Rede ist, können die staatlichen Ausgaben gar nicht hoch genug sein. Laut dem Friedensforschungsinstitut SIPRI ist 2021 mit 2’113 Milliarden Dollar zum ersten Mal die 2-Billionen-Marke der globalen Rüstungsausgaben geknackt worden. Gleichzeitig hat ein Bericht von Tipping Point North South aufgezeigt, dass die Armeen dieser Welt rund 5% der globalen Treibhausgasemissionen ausmachen. Zum Vergleich: Der gesamte individuelle Flugverkehr macht 2% aus. 

Militarisierung und Klima

Bekanntlich sind es Länder des globalen Nordens, welche den Löwenanteil der Treibhausgasemissionen verursachen. Interessanterweise sind es die selben Staaten, welche mit Abstand die grössten Militärausgaben tätigen. Dazu gehören die USA, China, Russland, Grossbritannien, Frankreich, Japan, Deutschland, Saudi-Arabien und Indien. Was auffällt, ist der Zusammenhang ehemaliger (und jetziger) Kolonialreiche und deren Militarisierung sowie die Auswirkung dieser Ausgaben auf die damaligen (und heutigen) Kolonialstaaten. 

Zum einen haben Kolonialmächte über Dekaden hinweg auf Kosten anderer Menschen und deren Lebensraum ihren Reichtum anhäufen können. Dabei wurden die daraus resultierenden Umweltprobleme und sozialen Auswirkungen ignoriert und eine verarmte, unterjochte Bevölkerungsgruppe zurückgelassen. Zum anderen gehören ehemalige Kolonialmächte heute zu den grössten Treibhausgas-Emittenten. Und die Auswirkungen dieser Emissionen sind bereits heute in MAPA Communities, häufig ehemaligen Kolonialstaaten, deutlich zu spüren. 

Klimafinanzierung statt Waffenlieferungen 

Es sind diese Menschen, welche bereits heute die Sicherheitsrisiken der Klimakatastrophe spüren. Naturkatastrophen, Hungersnöte und daraus resultierende Armutswellen destabilisieren das politische System zusätzlich und bilden so einen Nährboden für autoritäre Militärregimes, die in ressourcenreichen Ländern eine Möglichkeit sehen, Profit zu schlagen. Anstatt jedoch die Demokratisierung natürlicher Ressourcen sowie eine Abkehr von fossilen Energien einzufordern, sind Länder des globalen Nordens in hohem Masse von ebendiesen Regimes und deren Öl-, Gas- und Mineralienlieferungen abhängig. Mit jedem Barrel Öl, welches aus Staaten wie Saudi-Arabien oder Katar bezogen wird, fliesst Geld an ein Regime, welches Menschenrechte verletzt, die Militarisierung vorantreibt und die Klimakrise durch den Abbau fossiler Energien anheizt. 

Der Raubbau an der Natur, der Bevölkerung und die Gewalt, die aufgrund des  verheissungsvollen Profits ausgeübt wird, hat System. Erdöl, Gas und Kohle sind die Treiber des fossilen Kapitalismus. Gleichzeitig sind sie Brennstoffe etlicher blutiger Konflikte, sei es im Irak, im Sudan oder in den Golfstaaten. Paradoxerweise werden bewaffnete Konflikte um natürliche Ressourcen ihrerseits mit Waffenkäufen aus Erdöleinnahmen am Leben erhalten. Ohne Rücksicht auf Waffenembargos werden Länder wie Afghanistan, Bangladesch, Somalia, Sudan oder Jemen aus China, den USA oder Frankreich mit leichten Waffen, Munition und Handfeuerwaffen beliefert. Jene Waffen, von denen das grösste Risiko ausgeht, dass sie menschenrechtswidrig eingesetzt und unkontrollierbar weitergegeben werden. Es ist ein Teufelskreis, der nur durchbrochen werden kann, wenn Sicherheit nicht mehr ausschliesslich militärisch gedacht wird, sondern gemeinsam mit Klima- und Aussenpolitik gedacht wird.  

Statt in Panzer und Kampfjets sollten die verfügbaren finanziellen Mittel in einen sozial gerechten und konsequenten Klimaschutz fliessen. Die zehn grössten staatlichen Armeebudgets der Welt könnten die internationale Klimafinanzierung der nächsten 15 Jahre sichern. Es wäre die nachhaltigste Investition in die globale Sicherheit. Eine Investition, die getätigt werden kann und die getätigt werden muss. 

Darum steht die GSoA ein für:

  • Eine unabhängige Energieversorgung, die nicht auf den klimaschädlichen fossilen Energien autoritärer und militarisierter Staaten beruht. 
  • Die Schweiz muss alles tun, um das Pariser Klimaabkommen, welches die Erwärmung der globalen Temperatur auf 1.5°C beschränken will, einzuhalten. 
  • Die Schweiz soll sich mit einem angemessenen Betrag an der internationalen Klimafinanzierung beteiligen. Während das Armeebudget bis 2030 auf über 9 Milliarden Franken erhöht werden soll, beträgt der Betrag, welcher 2020 für die internationale Klimafinanzierung gesprochen wurde, gerade mal 517 Millionen Franken. Jeder Rappen, der in die Armee gesteckt wird, sollte eigentlich für sozial gerechten Klimaschutz aufgewendet werden. Deshalb verlangt die GSoA ein 1:1-Verhältnis dieser Ausgabenposten.
    • Dabei dürfen die aufgewendeten Mittel nicht vom allgemeinen Topf der internationalen Zusammenarbeit abgezweigt werden.

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Dieses Manifest wurde in Zusammenarbeit der Regionalgruppen, der Koordination und dem Sekretariat der GSoA erstellt. Impressum.