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Pazifismus und Antimilitarismus

Militarismus, Abschreckung und Dominanz mittels Waffen und Armeen führen zu einer stetigen Wiederholung einer durch Krieg und Zerstörung geprägten Menschengeschichte. Um irgendwann aus dieser Spirale ausbrechen zu können, braucht es eine vernünftige antimilitaristische Politik mit langem Atem und guten Beispielen. Wer, wenn nicht die Schweiz, könnte sich ihre Demilitarisierung leisten und sich gänzlich der Förderung eines nachhaltigen Weltfriedens verschreiben?

Wenn wir wirklich Frieden wollen, können wir mit unserem Engagement nicht zuwarten, bis eine pazifistische oder antimilitaristische Einstellung wieder salonfähig wird. Denn nachhaltiger Frieden ist ein komplexer und langfristiger Prozess. Er erfordert ein Tätigwerden in verschiedenen Handlungsfeldern und auf verschiedenen Ebenen – auf der individuellen, zivilgesellschaftlichen, institutionellen, staatlichen und internationalen. Dazu gehören bspw. Veränderungen in den Wahrnehmungs-, Deutungs-, und Verhaltensmuster von Menschen und Institutionen genauso wie die Schaffung solidarischer Strukturen und gerechter Systeme.

Besonders eindrücklich zeigen sich pazifistische Einstellungen im Krieg. So gibt es auch in Konfliktgebieten Formen des gewaltlosen Widerstandes. Sei es in der Ukraine, in Myanmar, Russland, Israel: Überall gibt es Menschen, die den Militärdienst oder die Kooperation mit Gewaltregimes verweigern, die sich für Versöhnung oder friedliche Formen der Konfliktlösung und Gewaltprävention einsetzen. Oftmals riskieren sie dabei mehr als nur ihr Leben. Solche Martyrien können freilich nicht verordnet werden, sondern müssen aus persönlichen Überzeugungen erwachsen. Sie verdienen unsere vollste Unterstützung und das beherzte Engagement von Pazifist*innen und Antimilitarist*innen, die sich für einen wirksamen Beistand – beispielsweise durch die Wiedereinführung des Botschaftsasyls – einsetzen.

Damit das Kriegswesen nicht „alternativlos“ bleibt
Der Kern des Pazifismus liegt in einer friedensorientierten Grundhaltung, sein Ziel ist der Weltfrieden. Er lehnt sowohl die Existenz von Kriegen ab («Kriege dürfen nicht passieren»), als auch Krieg im Sinne der «Institution Krieg», d.h. im Sinne des regelbasierten Systems zur Organisation planmässig koordinierter Gewalt. Der Antimilitarismus stellt sich dabei dem Militarismus entgegen und lehnt jegliche Durchdringung des gesellschaftlichen und politischen Lebens mit militärischen Wertvorstellungen, Interessen und Zielen ab.

Sowohl von pazifistischen als auch von antimilitaristischen Ideen gibt es verschiedene Strömungen mit je unterschiedlichen ideengeschichtlichen Hintergründen und Motiven. Dementsprechend unterscheiden sich auch die propagierten Mittel und Wege der Zielerreichung. Die verschiedenen Haltungen können in Teilen oder ganz, in der einen oder anderen Form und Priorisierung sowohl von Antimilitarist*innen wie auch von Pazifist*innen vertreten werden. Es ist aber nicht möglich zu sagen: „Nur wer diese oder jene Haltung teilt, ist ein*e echte*r Pazifist*in/Antimilitarist*in“. Was uns in der GSoA vereint, ist unser beherztes Engagement für eine friedliche Welt. 

Wer Frieden will, bereite ihn (auch) im Krieg vor!
Naturgemäss geht es Antimilitarist*innen und Pazifist*innen auch darum, jeglicher moralischen Absolution von Gewalt entschieden entgegenzutreten und keinem blinden Militarismus zu verfallen. Hierzu halten sie im Bewusstsein der Menschen, dass kriegerische Akte immer einen moralischen Haken behalten, egal wie legitim sie erscheinen mögen. Denn wann immer Interessen – ob legitime oder nicht – mit Waffengewalt durchgesetzt oder verteidigt werden, so werden unweigerlich das Recht auf Leben sowie viele andere Menschenrechte massiv verletzt.

Jede blinde Glorifizierung von kriegerischen Akten und deren Helden stärkt letztlich nur militaristische Tendenzen. Diese schaffen den Nährboden für weitere Aufrüstung, schwören die Gesellschaft auf die Alternativlosigkeit von Kriegen ein und richten sie letztlich auf militärische Interessen und Ziele aus. Pazifist*innen und Antimilitarist*innen bilden hier das so dringend nötige Gegengewicht.

Kriege sind also kein Beleg für das Scheitern des Pazifismus oder Antimilitarismus, sondern führen uns immer wieder vor Augen, wie wichtig dieses Engagement ist. Wenn wir die Gewaltspirale der Grossmächte, autoritären Regimes, Militärdiktaturen und völkerrechtsverletzenden Staaten durchbrechen wollen, braucht es Gesellschaften, die mit gutem Beispiel vorangehen, die sich demilitarisieren und der Förderung nachhaltigen Friedens verschreiben. Wer, wenn nicht die Schweiz, könnte da den ersten Schritt tun? 

Ausblick: Nachhaltiges Schweizer Friedensengagement

Die Schweiz könnte die aus ihrer Rolle als Finanzplatz und internationale Rohstoff-Drehscheibe erwachsende Verantwortung wahrnehmen und ein aktives Desinvestment betreiben. Auf staatlicher Ebene könnte sie eine entsprechende Umlagerung der finanziellen Mittel vornehmen und auch die Privatwirtschaft und internationale Grosskonzerne mit verbindlichen Auflagen und starken Anreizen für eine ethische Investitionspolitik in die Pflicht nehmen.

Die Schweiz könnte sich mit ihren diplomatischen und zivilgesellschaftlichen Fähigkeiten und Stärken konsequent für globale Gerechtigkeit, für Versöhnung und historische Aufarbeitung, sowie für Friedensbildung und Konfliktprävention engagieren und damit den nötigen Nährboden für nachhaltigen Frieden legen.

Die Schweiz könnte die Konfliktkompetenz von Menschen und Institutionen stärken. Sie könnte – mit einem eigens dafür geschaffenen Departement – auf allen gesellschaftlichen Ebenen Akteure dabei unterstützen, (sozial-)psychologisches Grund- und Handlungswissen zur Entstehung und zur nachhaltigen Beilegung von Konflikten zu erlangen. Sie könnte verbindliche Rhetorik-Regeln für Amtsträger und andere wichtige gesellschaftliche Akteure schaffen und breit angelegte Programme zur Konfliktprävention entwickeln und implementieren. Ihre Modelle könnte sie verstärkt international anbieten und zusammen mit anderen Akteuren weiterentwickeln.

Sie könnte sich mit diplomatischen und zivilgesellschaftlichen Mittel für ein auf der Erklärung der Vereinten Nationen von 2016/2017 basierendes, griffig und verbindlich formuliertes Menschenrecht auf Frieden einsetzen. Sie könnte eine internationale Friedensallianz gründen, in welcher Staaten aus allen geopolitischen Machtblöcken vertreten sind, und die eine weltweite Demilitarisierung vorantreibt.

Dafür steht die GSoA ein: 

  • Die Desinvestition in den militärisch-industriellen Komplex und somit gegen die Finanzierung von Kriegskassen und jegliche Form der Unterstützung von Autoritarismus, Unterdrückung und Kriegstreiberei.
  • Die Abschaffung von Wehrpflicht und Armee und eine weltweite Demilitarisierung, d.h. für Abrüstung, Senkung der Rüstungsausgaben, Verbot von Atomwaffen, von Waffen allgemein sowie von Paraden oder Werbung für das Militärwesen. Gegen Rüstungsexporte und Militärallianzen wie die NATO, für die Stärkung des Multilateralismus und von internationalen Institutionen wie der UNO.
  • Gewaltfreie Konfliktlösung auf allen Ebenen. Damit einher geht die Ablehnung politisch motivierter Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung und insbesondere von Kriegen als Mittel zur Durchsetzung von Interessen.
  • Zivilen Widerstand oder die gewaltlose soziale Verteidigung mittels Verweigerung (bspw. von Militärdienst, Komplizenschaft und Kollaboration) sowie anderen Formen zivilen Ungehorsams und Engagements.
  • Den Schutz grundlegender Rechte wie bspw. des Menschenrechts auf Leben, oder des Rechts auf Selbstbestimmung aller Völker und Individuen; somit gegen Dominanz, Autoritarismus, Machtmissbrauch und politische Verfolgung, gegen Auslandseinsätze von Polizei und Militär, sowie jegliche militärische Besatzungen.

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Dieses Manifest wurde in Zusammenarbeit der Regionalgruppen, der Koordination und dem Sekretariat der GSoA erstellt. Impressum.