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(ha)«Natürlich soll man bei Übungsanlagen nicht konkret politisieren. Aber wir können unseren Soldaten auch nicht vorflunkern, dass sie gegen eine Invasion von Ausserirdischen antreten sollen», lautete einer der «Kernsätze» von Ulrico Hess am diesjährigen Divisionsrapport (ASMZ, 3-97). Ja, warum denn eigentlich nicht? Das ist doch – für einen frischgebackenen Korpskommandanten, der sich selber als «FDP-Mitglied, aber der SVP zugetan» bezeichnet – ziemlich unflexibel gedacht. Nehme er sich ein Beispiel an der Unteroffiziers-Konkurrenz, die da in ihrem Vereinsblatt ‹Schweizer Soldat› vom Juni dieses Jahres unerhörtes berichtet: «Obschon das berüchtigte Bermuda-Dreieck der Schiffs- und Luftfahrt immer noch Rätsel aufgibt, ist es in den letzten Jahren um dieses Seegebiet still geworden. Trotzdem: Die Gefährlichkeit und der tiefsitzende Schock von früher mahnen die Fachkreise zur Vorsicht. Denn die Probleme mit den dortigen Verhältnissen bestehen immer noch.» So viel Problembewusstsein hätte auch die «Ebene zwischen Thuner- und Brienzersee» verdient, wo die Verhältnisse, glaubt man dem Nachrichtenmagazin ‹Facts› (23/97), fast noch problematischer sind, denn «selbst das Militär zieht sich aus der Gegend zurück». Der Schock sitzt tief, aber wenigstens gibt es in Fachkreisen Hoffnung, denn Erich von Däniken will dort einen extraterrestrischen Erlebnispark einrichten, mit «Landepisten der Ausserirdischen» und so – natürlich auf dem Areal des jetzigen Militärflugplatzes. «Wir sind grundsätzlich nicht verschlossen», kommentiert EMD-Sprecher Hansruedi Moser und spricht damit dem Luftwaffen-Chef Fernand Carrel aus dem Herzen, der «wegen zweier Flugzwischenfälle» im vergangenen Jahr darauf verzichtet, «je wieder in einen einsitzigen Kampfflieger zu steigen» (Blick, 10.6.97). Und dies obwohl er, laut Bundesrat Adolf Ogi, «eine beispielhafte Pilotenkarriere absolviert hat» und «in keinen einzigen Unfall oder bedeutenden Vorfall verwickelt gewesen» ist. Da wird uns doch was vorgeflunkert. Was waren das für Flugzwischenfälle? Ist Carell Ausserirdischen begegnet? Wollten die in seinem einsitzigen Kampfjet mitfliegen, und Carell musste mit einer bedauernden Geste – sorry, das ist ein Einsitzer – abwinken? Wird Carell dereinst mit seinem zweisitzigen Jet auf den Landepisten der Ausserirdischen eine Mitfahrzentrale betreiben? Das wäre jedenfalls nach dem Geschmack von SVP-Nationalrat Hanspeter Seiler aus Ringgenberg ob Interlaken, der sich den Flugplatz als Standort für Dänikens Spacestation ebenfalls vorstellen kann, «wenn die weitere militärische Nutzung nicht beeinträchtigt wird». Wieso beeinträchtigt? Hier bahnt sich im Gegenteil ein regelrechtes Joint Venture an, von dem insbesondere das brandneue ‹Informationsregiment 1› profitieren könnte, welches beim Eintritt problematischer Verhältnisse «die Information der Öffentlichkeit» per Radio und TV sicherstellen muss. Oberst Peter Forster, Kommandant der Einheit, macht die Leser des ‹Schweizer Soldat› in diesem Zusammenhang mit seiner «Sprachspezialistenkompanie» vertraut, «welche auch die Sprachen Englisch, Portugiesisch, Spanisch, Serbokroatisch und Türkisch abdeckt». Und wieso nicht auch Klingonisch – zumal man die Aussteller an der Luzerner Waffenbörse in Zukunft unbedingt darauf aufmerksam machen muss, dass der Verkauf von Waffen nicht nur an Staatsangehörige aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien verboten ist (NZZ, 7.4.97), sondern eben auch an solche aus Klingonien? Und wieso sollen die Sprachspezialisten «die Unterhaltungsfunktion des Fernsehens» nur «mittels Spielfilmkonserven beschränkt» weiterführen, wenn doch jederzeit eine Life-Schaltung ins Bermuda-Dreieck oder zu Fernand Carells zweisitzigen Erlebnisflügen denkbar ist, oder zu Ulrico Hess, der da sprach: Meine Herren, «wir müssen in der Ausbildung auch Lücken in Kauf nehmen. Was wir aber tun, müssen wir gründlich machen.»