Der Waffenplatz Neuchlen-Anschwilen wird eröffnet

Unterbelegte Bio-Kaserne

Von Michael Walther

Am 29. August 1997 werden in Neuchlen-Anschwilen die Kaserne und Übungsanlagen offiziell eingeweiht. Das EMD profiliert sich in Neuchlen-Anschwilen als Umweltschützer und Kunstmäzen. Über die tatsächlich entstandenen Umweltschäden wird dies nicht hinwegtäuschen.

In Neuchlen-Anschwilen ziert jetzt eine baubiologisch errichtete Kaserne samt Nahkampfdorf mit fast einem Dutzend Gebäuden die Landschaft. Am 14. Juli beziehen die ersten Rekruten in den neuen Kasernen ihre Betten, am 29. August wird die Kaserne in einem offiziellen Festakt eingeweiht, und am 30. August folgt ein «Tag der offenen Tür» für die Bevölkerung.

Zerstörte Hoffnungen

Zunächst nicht als Rednerin eingeladen war allerdings die zuständige Regierungsrätin des Standortkantons St.Gallen, Kathrin Hilber. Die SP-Politikerin, die als Chefin des Departements des Innern auch dem St.Galler Militärdepartement vorsteht, wurde erst nachträglich um einen Redebeitrag zur Einweihung des 100-Millionen-Projekts angefragt. Kritisch jedenfalls wird sich die linke St.Galler Regierungsrätin in der EMD-Festbroschüre äussern, die anlässlich der Neuchlen-Einweihung erscheint. Im Vorwort wertet sie den Waffenplatz-Bau in Neuchlen-Anschwilen als ein Projekt, das zwar «Überzeugungen bestätigt», doch auch «Hoffnungen zerstört» und überdies bereits vor seiner Realisierung «Geschichte geschrieben» habe.

Produzent der EMD-Broschüre ist der St.Galler Rechtsaussen-FDP-Nationalrat Peter Weigelt, Inhaber eines PR-Büros. Weigelt, der auch als Trumpfbuur-Präsident amtet, dürfte damit für seinen Einsatz während der Auseinandersetzungen um den Waffenplatz Neuchlen-Anschwilen in den frühen neunziger Jahren belohnt worden sein.

Damals rief er die Interessengemeinschaft für eine sinnvolle und glaubwürdige militärische Ausbildung in der Schweiz (Isga) ins Leben, die als Gegenspielerin der Waffenplatz-Opposition Arna (Aktionsgruppe zur Rettung von Neuchlen-Anschwilen) auftrat. Der Staatsauftrag für Weigelt beläuft sich nach Angaben eines seiner Mitarbeiter auf immerhin 50 000 bis 60 000 Franken.

Exemplarischer Waffenplatz

Für das EMD stellt der Waffenplatz ein «exemplarisches» Projekt dar: Die Kaserne Neuchlen-Anschwilen wurde nach baubiologischen Grundsätzen errichtet. Zugunsten von Umweltmassnahmen während des Baus hat das EMD erstmals eine Umweltkommission ins Leben gerufen, der auch Mitglieder von Naturschutzverbänden angehörten. Ausserdem wurde mit Hilfe des international bekannten Künstlers und ehemaligen Waffenplatz-Opponenten Josef Felix Müller in Neuchlen-Anschwilen für insgesamt 200 000 Franken Kunst am Bau installiert.

Die Profilierungsbemühungen des EMD in den Bereichen Umweltschutz und Kunstförderung können aber nicht über die tatsächlichen Umweltschäden hinwegtäuschen, die der Waffenplatz-Bau an der Landschaft Neuchlen-Anschwilen hinterlassen hat. Allein zur Errichtung der 200-Meter-Schiessanlage wurden mehrere 100 000 Kubikmeter Erdmaterial umgeschichtet: ein gigantischer, alles andere als umweltfreundlicher Eingriff.

Ebensowenig wird das EMD darüber hinwegtäuschen können, dass mit der Erstellung der 400-Bett-Kaserne in Neuchlen erhebliche Überkapazitäten geschaffen wurden. Die Rekrutenbestände seien kleiner als erwaret, «und aus diesem Grunde werden einzelne Kasernen in Zukunft unterbelegt sein», räumte soeben - in der Fragestunde vom 9. Juni - EMD-Chef Ogi gegenüber der grünen St.Galler Nationalrätin Pia Hollenstein ein.