Was sind die «Österreichischen Friedensdienste»?
Vor fünf Jahren haben sich etwa fünfzehn Friedensgruppen und
-organisationen zusammengetan, um die «Friedensdienste»
aufzubauen. Konkret begonnen haben wir im Sommer 1993 mit zwei
Friedensdiensteinsätzen im ehemaligen Jugoslawien: Drei Männer
und eine Frau wurden für Versöhnung und sozialen Wiederaufbau
in Pakrac wo sich ja auch die GSoA engagiert hat
aktiv, andere widmeten sich der Flüchtlingsbetreuung in
Slowenien.
Inzwischen arbeiten zwölf Freiwillige in fünf Projekten in
Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien. In diesem Sommer
wollen wir zusätzlich zwei Einsätze in Serbien beginnen. Von
den zwei bis drei FriedensdienstlerInnen pro Projekt kann man
natürlich nicht die grossen Veränderungen erwarten. Unser
Hauptziel ist es, die Gruppen zu unterstützen und zu vernetzen,
die in den jeweiligen Ländern für Frieden, Menschenrechte,
Demokratisierung und zivile Gesellschaft arbeiten.
Ihr seid im Moment nur im Ausland aktiv. Gibt es Ideen, wie ein Friedensdiensteinsatz in Österreich aussehen könnte?
Die Nähe zum Krieg im ehemaligen Jugoslawien hat unsere konkrete Arbeit bestimmt. Ursprünglich wollten wir uns tatsächlich ebensosehr im Inland engagieren, doch bis heute gibt es dazu noch keine ausformulierten Projekte. In Planung befindet sich immerhin ein Integrationsprojekt im Burgenland, wo vor zwei Jahren Sinti und Roma Opfer eines rassistisch motivierten Bombenanschlages wurden.
Was für Leute machen bei Euch mit?
Seit 1992 ist es möglich, den Zivildienst auch im Ausland zu leisten. Etwa die Hälfte unserer Freiwilligen erfüllt daher ihre Einsätze in diesem Rahmen, die andere Hälfte unabhängig von jeder Dienstpflicht.
Schafft diese Verbindung zum Zivildienst Probleme?
Bis jetzt nicht. Für die Finanzierung unserer Projekte ist es
sogar von Vorteil, wenn auch Zivildienstleistende beteiligt sind.
Mit den Zivildienststrukturen selbst haben wir nichts zu tun, und
der Kontakt mit den zuständigen Stellen läuft bis jetzt sehr
unbürokratisch ab.
Dennoch wollen wir in Richtung eines Freiwilligendienstes gehen,
der unabhängig von der Wehrpflicht funktioniert. Die Einsätze
sollten auch auf die Möglichkeiten von Frauen, älteren Menschen
und Nicht-Wehrdienstpflichtigen ausgerichtet sein.
Während einige mit zivilen Friedensdiensten hochqualifizierte,
wissenschaftlich abgestützte und professionelle
Konfliktinterventionen meinen, wollen andere massenhaft
niederschwellige Einsatzmöglichkeiten für Jugendliche schaffen.
Ich denke, der ZFD richtet sich an verschiedene Zielgruppen. Ein
Einsatz in unseren Projekten dauert mindestens sechs Monate,
meistens aber über ein Jahr. Diese personelle Kontinuität
entspricht dem einhelligen Wunsch von lokalen
Friedensgruppierungen. Andererseits sind Kurzzeiteinsätze von
wenigen Wochen, etwa in Flüchtlingslagern, eine gute und
notwendige Ergänzung. Ich will nicht die eine gegen die andere
Form ausspielen. In bestimmten Situationen braucht es wohl auch
Leute, die kurzfristig zu Kurzeinsätzen bereit sind.
Fünfzehn Organisationen setzen in fünf Projekten zusammen zwölf Friedensdienstleistende ein. Wie wollt Ihr diese engen Spielräume erweitern?
Unser grösstes Problem sind die Finanzen. Zu einem guten Teil
ist unsere Arbeit daher auch Aufklärungsarbeit: PolitikerInnen,
Parteien und Kirchen müssen begreifen, dass diese
Friedensdienste in der Konfliktprävention, -behandlung und
-nachsorge sehr sinnvoll sein können, dass sie die
Transformation von Konflikten wirklich unterstützen können.
Erst dann können wir von ihnen materielle Unterstützung
erwarten.
Seit kurzem können sich die Österreichischen Friedensdienste
endlich zwei Halbtagsangestellte leisten. Davon erhoffen wir uns
eine Stabilisierung der notwendigen Strukturen. Angesichts der
grossen Zahl von Konflikten und Krisenherden, beziehungsweise von
Gruppen, die sich darin bewegen müssen und Unterstützung von
aussen wünschen, wird auf absehbare Zeit ein Mangel an
Friedensdienstleistenden bestehen. Mehr als ein langsames,
organisches Wachstum können wir uns dennoch nicht zumuten.
In Deutschland macht der Bund für Soziale Verteidigung intensive Lobbyarbeit für einen staatlichen ZFD. Die GSoA will einen freiwilligen ZFD in der Verfassung verankern. Gibt es bei Euch ebenfalls Pläne, die in diese Richtung gehen?
Wir sind noch nicht so weit, dass wir das Konzept eines zivilen Friedensdienstes als Alternative zu Militär und Dienstpflicht propagieren. Zweifellos wird aber einer unserer zukünftigen Schwerpunkte darin bestehen, ausgehend von unseren konkreten Erfahrungen die Idee des zivilen Friedensdienstes in die Diskussion der institutionellen Politik einzubringen.