Qualifizierte Konflikt-bearbeitung mit dem Zivilen Friedensdienst

Die Irak-Krise hat gezeigt, dass erst militärische Drohung den Tyrannen in die Knie zwingen konnte - haben Pentagon und CNN gesagt. …

… Dass durch das militärische Imponiergehabe von London und Washington Saddam Husseins Position gestärkt und der Graben zwischen dem «Westen» und der «Arabischen Welt» vertieft wurde (siehe Seite 4), geht meist vergessen.

Bosnien hat gezeigt, dass erst militärische Intervention dem Völkerschlachten ein Ende setzte - meinen selbst Linke. Dass zivile Lösungen - abgesehen von Verhandlungen mit den Kriegsverantwortlichen aller Seiten - von der internationalen Politik kaum versucht wurden, vergisst man.

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Ein PBI-Aktivist begleitet eine Kundgebung der indianischen Bevölkerung in Chiapas/Mexiko.

Ein anderer jahrealter Konflikt hat die internationale Staatengemeinschaft verschlafen: Im Kosova brauchte es die ersten Meldungen von mehreren dutzend Toten, bis die internationale Politik reagierte. Ansätze zu einer friedlichen Lösung wären auch hier vorhanden gewesen (siehe GSoA-Zitig Nr. 74).

Es gibt Alternativen - sofern man nicht erst dann etwas tut, wenn Konflikte bereits militärisch eskaliert sind. Wir wollen mit unserer Initiative solche Alternativen fördern: durch die Schaffung des freiwilligen Zivilen Friedensdienstes (ZFD).

Früherkennung und Prävention

Der ZFD entwickelt «Massnahmen zur Früherkennung und Prävention von Gewaltpotentialen». Die Präsenz von internationalen Organisationen und von Nichregierungsorganisationen (NGOs), welche Diskussions- und Verhandlungsforen bereitstellen, kann Konflikte davor bewahren, in gewalttätige Auseinandersetzungen umzuschlagen. Meist mangelt es solchen Ansätzen aber an Mitteln und dem nötigen diplomatischen Gewicht, um erfolgreich zu sein, obwohl sie mit einem Bruchteil dessen auskämen, was militärische «Friedensmissionen» kosten. Der ZFD gibt zivilen Ansätzen eine neue Dimension.

Vermittlung

Das Instrument der Vermittlung kann sowohl präventiv als auch während einer Krise oder eines Krieges eingesetzt werden. Herkömmliche Diplomatie stösst an Grenzen: Staaten dürfen sich normalerweise nicht in die «inneren Angelegenheiten» anderer Länder einmischen oder auf deren Territorium aktiv werden. Wenn es darum geht, Konfliktparteien überhaupt miteinander in Kontakt zu bringen, Positionen zu klären und Interessen zu definieren, können zivile internationale Organisationen, NGOs und unparteiische professionelle MediatorInnen daher einen wichtigen Beitrag leisten. Die OSZE arbeitete erfolgreich in Tschetschenien - doch das Schwergewicht legt die internationale Staatengemeinschaft nach wie vor auf militärische Interventionen; die OSZE wird gegenüber der Nato kleingehalten. Der freiwillige Zivile Friedensdienst will die Akzente anders setzen und schafft bessere Voraussetzungen für die Vermittlung in Konfliktsituationen. Er kombiniert dabei die Vorteile offizieller Diplomatie und zivilgesellschaftlicher Vernetzung.

Konfliktbearbeitung

Doch auch nachdem ein Konflikt eskaliert ist, bestehen Möglichkeiten der gewaltfreien Intervention. Besuchen und beobachten, begleiten, berichten und bilden - so heissen bewährte Deeskalations-Methoden, mit denen zivilgesellschaftliche Organisationen in den letzten Jahren viele positive Erfahrungen gemacht haben.

Schon die blosse Präsenz gut ausgebildeter, neutraler BeobachterInnen erhöht den Spielraum für lokale Friedensbemühungen schlagartig. Zusammen mit internationalen NGOs und der lokalen Kirche trägt bespielsweise die schweizerische NGO-Koalition CORSAM mit 30 zivilen Friedenscamps dazu bei, dass die Friedenshoffnungen im bewaffneten Konflikt in Chiapas (Mexiko) nicht vorzeitig begraben werden müssen.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat den Wert solcher Aktivitäten erkannt und sucht immer mehr den Austausch mit zivilen NGOs.

Wiederaufbau

Allzu oft liegt in einem militärisch erzwungenen Waffenstillstand schon der Keim des nächsten Konflikts. Versöhnungsarbeit und sozialer Wiederaufbau sind wirksame Prävention. «Ingenieure», so Hans Koschnick, ehemaliger EU-Verwalter der geteilten bosnischen Stadt Mostar, können keine «Brücken zwischen den Menschen bauen. Dazu braucht es Friedensdienste.»

Soziale Wiederaufbauhilfe beschränkt sich nicht auf die internationale Überwachung von Wahlen und Abstimmungen. Sie setzt direkt bei den Menschen an. In den Staaten des ehemaligen Jugoslawien arbeiten zahlreiche NGOs zusammen mit den internationalen Organisationen an solchen Projekten. Die GSoA hat verschiedene Projekte unterstützt und sich an einem Wiederaufbauprojekt beteiligt.

Ausbildung

Die ZFD-Initiative bringt ausserdem eine kostenlose Ausbildung, die «Wissen und Praktiken gewaltfreier Konfliktbearbeitung vermittelt.» Gewalt kommt nicht nur in Kriegen vor - körperliche, psychische und strukturelle Gewalt ist auch alltäglich, beispielsweise gegen Frauen, Kinder und AusländerInnen, am Arbeitsplatz in der Familie oder in der Schule - auch hier in der Schweiz.

Gezielte Einsätze in Konfliktgebieten erfordern eine intensive Ausbildung - eine andere als die militärische für Soldaten in «peace keeping»-Missionen. Das deutsche Bundesland Nordrhein-Westfalen unterstützte 1997 ein solches Projekt. Angehörige des dort bestehenden ZFD wurden dabei während vier Monaten intensiv auf gewaltfreie Konfliktintervention in verschiedenen Ländern vorbereitet. Friedensarbeit kann - und muss - gelernt werden. Der ZFD unterstützt diese Ansätze und garantiert die nötige Vorbereitung für qualifizierte Friedensarbeit.