Sehen und gesehen werdenDie mexikanische Armee hat einen Friedensvertrag unterschrieben,
hält sich aber kaum daran. Internationale Freiwillige versuchen,
den Militärs auf die Finger zu schauen und Schlimmeres zu
verhindern. Friedensarbeit zwischen Zuversicht und Bedrängnis ![]() Schlechte Nachrichten aus Chiapas, Südmexiko: Massaker an 45 Menschen, die sich in einer Wellblech-Kirche zum Gottesdienst
Ein Projekt mit gutem FundamentAls im Januar 1994 der Aufstand der «Zapatisten» das Weltinteresse (vorübergehend) auf die wirtschaftliche und kulturelle Unterdrückung in Chiapas lenkte, vermittelte die von Bischof Ruiz präsidierte Conai erfolgreich ein vorläufiges Abkommen, das der indianischen Bevölkerung gewisse Autonomierechte einräumte. Solidarische Menschen aus aller Welt haben seither mit ihrer Präsenz geholfen, diesen Vertrag aufrechtzuerhalten. In Anlehnung an die Erfahrungen mit der Rückführung guatemaltekischer Flüchtlinge, bei der während mehrerer Jahre ebenfalls Freiwillige zum Einsatz gekommen sind, entstand in der Schweiz Ende 1996 das Corsam-Projekt. Wiederum waren Leute aus kirchlichen Hilfswerken und Friedensorganisationen dabei. Das Schweizerische Ökumenische Friedensprogramm (SÖF) wurde mit der Projektadministration beauftragt. Erfahrene TrainerInnen von Peace Brigades International übernahmen die Ausbildung der Freiwilligen. Zurückhaltung und «low profile»Die Freiwilligen von Corsam sind zwischen 22 und über 50 Jahre alt und arbeiten in ihrem Alltag als Arztsekretärin, Gemeindepfarrer, Studentin, Velokurier, Betriebsökonom oder Maturand. Einzelne haben eine persönliche Beziehung zu Mexiko. Für die meisten steht die Motivation im Vordergrund, in der Nord-Süd-Problematik ein konkretes Engagement zu leisten. Die Arbeit als Menschenrechtsbeobachterlnnen bei der indianischen Bevölkerung ist überreich an Erlebnissen und Erfahrungen. Trotzdem: RevolutionsromantikerInnen kämen nicht auf ihre Rechnung. Die oft trockene Knochenarbeit verlangt Zurückhaltung, Disziplin, «low profile» und vor allem Geduld. Ungebrochenes InteresseIn einem Jahr haben sich gegen 300 Frauen und Männer für den freiwilligen Friedenseinsatz in Chiapas interessiert. 55 haben die Ausbildungskurse besucht. Diese führen in die wirtschaftliche, soziale und politische Entwicklung Mexikos und in die Hintergründe des Aufstandes vom Januar 1994 ein. Fragen der eigenen Motivation werden thematisiert, gewaltfreies Verhalten in Konfliktsituationen geübt und Ängste aufgearbeitet. Die grösste Aufmerksamkeit finden jeweils die Berichte jener, die ihren Einsatz bereits geleistet haben. Bis jetzt sind das 30 Corsam-Freiwillige. Voraussetzungen für einen Einsatz sind Spanisch-Kenntnisse, ein Mindestalter von 22 Jahren, physische und psychische Belastbarkeit sowie Teamfähigkeit. Der Einsatz dauert in der Regel zwei Monate. Für die Kosten von gut 2000 Franken müssen die Freiwilligen selber aufkommen. Die Aufgabe weiterführenDie mexikanische Regierung hat in den letzten Monaten die Friedensarbeit in Chiapas in grosse Bedrängnis gebracht. Viele ausländische BeobachterInnen sind aus der Konfliktregion weggewiesen worden. Unsere KollegInnen vom Menschenrechtszentrum in San Cristóbal leben uns aber vor, was Unerschrockenheit, Zuversicht und kritische Haltung weiterhin bewirken können. Corsam wird fortfahren, Menschen für die Friedensarbeit zu befähigen und zu ermutigen.
Den Frieden gewinnenDie Nato hat den Kalten Krieg gewonnen, die OSZE hat ihn
verloren. Es fehlte der Politik am Willen, die zivilen
Sicherheitsstrukturen zu stärken. Darum ist die Nato heute so
stark und die OSZE so schwach. Wenn wir den Frieden gewinnen wollen,
muss sich das ändern Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE (früher KSZE) wurde in der Zeit der Blockkonfrontation gegründet, um Konzepte wie die Wahrung der Menschenrechte, vertrauensbildende Massnahmen und Abrüstung zu fördern. Nach dem Fall der Berliner Mauer konnte man hoffen, dass die Ziele der OSZE umgesetzt würden. Die Auflösung der Nato hätte die nötigen Mittel für den Aufbau einer dauerhaften, kooperativen, zivilen und globalen Sicherheitsstruktur freigesetzt. Chance vertanDie Chance wurde nicht wahrgenommen. Weder die politischen noch die zivilgesellschaftlichen Kräfte haben die zivile OSZE als Alternative zur militärischen Nato genügend unterstützt. Die Nato hat ein Vielfaches der Ressourcen zur Verfügung. Die Nato-Osterweiterung und das Nato-Programm «Partnership for Peace» (PfP) stehen im Zentrum der sicherheitspolitischen Diskussion. Die OSZE, ihre Erfolge und Schwierigkeiten - die vor allem auf den Mangel an Geld und an politischem Engagement seitens der Nato-Staaten zurückzuführen sind - stehen in ihrem Schatten. Der Haushalt der OSZE beträgt ein Tausendstel desjenigen der Nato. Trotzdem kann die OSZE beachtliche Erfolge ausweisen. Dazu gehört die Durchführung der Wahlen in Bosnien, die Verhandlung des Waffenstillstandes in Tschetschenien oder die Anerkennung des Wahlsieges der Opposition bei den Lokalwahlen in Serbien gegen Milosevic. Zur Zeit wird eine OSZE-Beobachter-Mission für den Kosov@ zusammengestellt, um den Abzug des serbischen Militärs zu überwachen. Sicherheit nicht auf Kosten der Nachbarn
NGOs sind gefragtDie Frage ist: Was bleibt zu tun? Die OSZE braucht nicht nur Unterstützung von staatlicher Seite, sondern auch von der Friedensbewegung. In den 70er-Jahren gab es ein Netzwerk von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), welche die KSZE unterstützten. Verantwortungsbewusste BürgerInnen und Nichtregierungsorganisationen müssen zivile, demokratische, nationale und internationale Strukturen fördern. So leisten sie ihren Beitrag zu einer friedlichen und sicheren Zukunft.
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