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Solidarität oder Soldaten

Die beiden GSoA-Initiativen haben wir eingereicht ñ rechtzeitig, denn im kommenden Jahr stehen zentrale Diskussionen über die zukünftige Friedenspolitik der Schweiz an.

(Red.) Die aktuelle politische Landschaft der Schweiz ist geprägt vom Spannungsfeld Integration versus Alleingang. Auch die sicherheitspolitischen Diskussionen stehen in diesem Spannungsfeld. Dabei besteht die Gefahr, dass es zwischen der Linken und reformorientierten ArmeebefürworterInnen zu einem Schulterschluss gegen die nationalkonservative Rechte kommen wird. Die Alternative hiesse dann: Militärischer Alleingang à la Auns oder Annäherung an die Nato. Da das politische Hauptportal nach Europa verschlossen scheint, nehmen auch friedensbewegte Linke mit dem militärpolitischen Hintertürchen vorlieb. Für uns geht es in dieser Situation darum, eine dritte Position darzustellen: Eine Position der Öffnung auf dem Weg politischer Organisationen statt militärischer Bündnisse.

Volle sicherheitspolitische Traktandenliste

In den kommenden Monaten stehen vor allem zwei Sachentscheidungen an, die für uns wichtig sind: Die geplante Militärgesetz-Revision und die Umverteilungsinitiative (siehe Fahrplan). Für uns ist dabei zentral, dass wir uns diesen Diskussionen inhaltlich stellen und nicht taktisch entscheiden.

Unter dem Motto "Sicherheit durch Kooperation" hat das VBS ein neues Militärgesetz (MG) ausgearbeitet, dessen Kernpunkt die Regelung der internationalen militärischen Zusammenarbeit der Schweiz ist. In einer ersten Version des Gesetzes hätte die Schweizer Armee praktisch einen Blankoscheck für Auslandeinsätze erhalten, die sich selber als "friedenserhaltend" definieren. Doch auch wenn solche Auslandeinsätze nur unter einem UN- oder OSZE-Mandat zugelassen werden sollen (wie bereits die "Swisscoy"-Mission im Kosovo), reicht dies nicht, sie friedensverträglich zu machen, solange sie nicht in ein politisches Gesamtkonzept zur Konfliktlösung eingebettet sind und das Primat des Politischen über das Militärische nicht garantiert ist. Es hat nichts mit internationaler Solidarität zu tun, wenn die Schweiz sich an bewaffneten Auslandeinsätzen beteiligt, gleichzeitig die Entwicklungszusammenarbeit kürzt und nach wie vor nicht Uno-Mitglied ist.

Die Umverteilungsinitiative, die von einem breiten Bündnis friedenspolitischer Organisationen 1995 lanciert wurde und voraussichtlich in einem Jahr zur Abstimmung gelangt, haben wir von Anfang an unterstützt: Die Militärausgaben zu reduzieren ist immer ein Schritt in die richtige Richtung. Wesentlich wird sein, wie die Argumentation geführt wird. Wenn die TrägerInnen der Initiative um die SP den Schulterschluss mit Ogi gegen die AnhängerInnen der bewaffneten Neutralität suchen, besteht die Gefahr, dass die beiden sich in der Forderung nach einer kleineren, aber effizienteren und internationaleren Armee finden. Der Streitpunkt wäre dann nur noch, ob die Armee 4,9 oder 3,1 Milliarden Franken pro Jahr kosten darf.

GSoA ist stark gefordert

Die GSoA wird also in nächster Zeit innenpolitisch gefordert. Wir sind aber auch Teil einer internationalen Friedensbewegung. Ziviler Friedensdienst (ZFD) ist keine nur in unseren Köpfen entstandene Idee, sondern hat sich in den letzten Jahren als gemeinsame Strategie europäischer Friedensbewegungen herauskristallisiert. Im Rahmen des Europäischen Netzwerks für ZFD arbeiten wir heute schon mit Partnern zusammen. 1994 hat sich die GSoA am Projekt zum sozialen Wiederaufbau in Pakrac (Kroatien) beteiligt, im kommenden Jahr wollen wir wieder Einsatzmöglichkeiten für Zivile Friedensdienste anbieten. Im Rahmen solcher Einsätze können wir mithelfen, das Konzept ZFD weiterzuentwickeln, können Erfahrungen sammeln und schliesslich auch im Hinblick auf die innenpolitische Diskussion zeigen, wie wir uns die Umsetzung unserer Initiative vorstellen.

In einem neuen politischen Umfeld ist die Armeeabschaffung heute nicht mehr wie in den achtziger Jahren nur eine Frage der Innen-, sondern in erster Linie eine Frage der Aussenpolitik. Dabei wissen wir, dass eine Schweiz, die sich aus dem Denken der geistigen Landesverteidigung befreit, ohne sich der militärischen Globalisierung in die Arme zu werfen, auch im Innern freier, solidarischer und ziviler ist.

 
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10. Nov 1999/uh
GSoA Zitig 83, © 1999 by GSoA (http://www.gsoa.ch/, )