Was im Sommer 1994 am Tisch der Familie Schutzbach in Ins im Seeland geboren wurde, soll am 17. September 1996 zu einem weltweiten Schulstreik auswachsen.
Von Matthias Scheller
In den Horrorszenarien der Zuvielschützer in den 80er Jahren gab es die Explosion einer Nuklearwaffe über Ins. Kein Mensch vermag zu
begreifen, was denn der BöFei gegen dieses Dorf gehabt haben soll, das vor allem durch den Maler Albert Anker bekannt wurde auf jeden
Fall leben wir im Jahr 1996 und von kalten Kriegern spricht nur noch, wer politische Gegner als Ewiggestrige brandmarken will.
Nichtsdestotrotz werden auf der Welt nach wie vor enorme Waffenpotentiale gelagert und entwickelt. Vorbei sind die Zeiten, als Atomkrieg,
Overkill und Waldsterben Modewörter waren. Die neuen Schlagworte sind Globalisierung und Informationsgesellschaft. Gar keine
Berührungsängste damit zeigt jene Gruppe von Jugendlichen, welche den Namen Ins mit ihrer Globalen Initiative in die Welt hinausträgt. Ihre
Botschaft lautet: «Die Initiative fordert, dass bis am 17. September 1998 die Waffen der Erde verschrottet oder endgültig funktionsuntüchtig
gemacht sind. Jede Art von Militär ist abzuschaffen, ausser einer UNO-Eingreiftruppe, die den Frieden in krisenhaften Gebieten sichert und
über einen Rest von Waffen verfügt. Das eingesparte Geld ist zur ökologischen Rettung des Planeten zu verwenden».
Um für diese Utopie ein Zeichen zu setzen, organisiert die Globale Initiative einen weltweiten Schulstreik, der am 17. September stattfinden
soll. Nach eigenen Angaben haben weltweit schon etwa 100000 Jugendliche ihre Teilnahme zugesichert. Unterstützung für ihr Anliegen finden
die Jugendlichen bei seiner Heiligkeit, dem Dalai Lama, bei Michael Gorbatschow, aber auch bei unbekannten Menschen aus Kolumbien,
Argentinien, Portugal, den USA, Ghana, Grossbritannien, Deutschland, Schweden, Holland, Ex-Jugoslawien, Frankreich, Gambia, Tunesien,
Kenya, Russland, Indien, Kambodscha, Indonesien und der Schweiz. Ihren AltersgenossInnen senden die Jugendlichen Merkblätter, welche
nebst praktischen Anleitungen und Anregungen zur Form des Protests auch die Ethik gewaltfreier Aktionen propagieren. Mit einer Homepage
ist die Globale Initiative im Internet vertreten.
Hinter der plakativen Forderung, welche die InitiantInnen im Zweckartikel formulieren, steckt mehr als der naive Wunsch nach einer heilen
Welt. Ähnlich wie bei der GSoA in den 80ern, steckt dahinter die Einsicht, dass die kulturellen Prozesse, die zum Abbau von struktureller
Gewalt führen sollen, Abrüstung nicht als Ziel, sondern als Vorbedingung haben müssen. Erst wenn die Bereitschaft zur Verletzlichkeit
gegeben ist, lässt sich über Abrüstung überhaupt diskutieren. Für die Kerngruppe der Globalen Initiative formuliert dies der 20jährige Raphael: «Der Weg in eine friedliche Zukunft bedingt eine waffenlose Erde, denn nur so können wir lernen, Konflikte auf einer anderen Ebene
als der kriegerischen zu lösen». Festgestellt sei hier, dass die Kerngruppe dieser Bewegung eine Resttruppe unter UNO-Kommando vorsieht,
wie sie auch die Arbeitsgruppe der GSoA in ihren Initiativentwürfen vorgeschlagen hat. Es scheint sich um einen Zeitgeist zu handeln.
Kontaktadresse der Globalen Initiative:
Postfach 3431, 2500 Biel 3
e-mail: 100650.2463@compuserve.com
Gedanken zu Krieg und AufrüstungDas Zeitalter der Atombombe hat begonnen. Der Mensch hat sich nicht über den Krieg erhoben, der Krieg hat sich
über den Menschen erhoben
Der Krieg ist eine Frage der Mächtigen, eine Frage der Zeit und des Geldes. Krieg hat
nichts mit menschlicher Stärke, mit Mut oder Kraft zu tun. Krieg hat sich über die menschlichen Fähigkeiten erhoben.
Der Krieg hat die Menschen überholt. Er ist unmenschlich. Der Krieg basiert auf einem Knopfdruck-Konzept. Mit
einem Knopfdruck können Millionen von Menschen getötet werden. Es ist eine Frage des Entscheidens. Ein paar
Menschen können über den Tod von Millionen Menschen entscheiden. Und dies ist die Ebene, in die wir uns nicht
hineinwagen dürfen! Der Mensch ist nicht für Entscheidungen über Leben und Tod anderer Menschen geschaffen, und
er muss jetzt, zu diesem Zeitpunkt handeln und sich zurückziehen. Franziska Schutzbach, |
GSoA-Zitig, September 1996, Nr. 66