Erklärung zum Krieg in Kosova und Serbien anlässlich des Banquet républicain am 17. 4.99 in Zürich
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Jede Bombe der NATO stärkt Milosevic und schwächt die Opposition.
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Alle Konfliktparteien in Kosova - die jugoslawische Regierung, die UCK,
aber ebenso die NATO - müssen die bewaffneten Auseinandersetzungen umgehend
beenden und an den Verhandlungstisch zurückkehren. Ein Waffenstillstand
darf nicht an weitergehende Bedingungen gebunden werden.
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Für seine Überwachung braucht es die Akzeptanz von
Peace-Keeping-Einheiten (Polizei und zivilen BeobachterInnen) unter UN- und
OSZE-Mandat von Seiten aller Konfliktbeteiligten.
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Die Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand verbinden wir mit
der Forderung nach einer substantiellen politischen Initiative, um den
Völkermord und die Menschenrechtsverletzungen in Kosova zu stoppen. Eine
solche Initiative muss auf dem Hintergrund der militärischen Eskalation ein
langfristiges Konzept zur Konfliktbewältigung in der Region aufweisen.
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Dies kann nur von einer internationalen Konferenz geleistet werden, die
nicht allein die Probleme der Autonomie, Menschenrechtsverletzungen und
Flüchtlingsrückführung in Kosova bearbeitet, sondern auch die
wirtschaftlichen Probleme der Region und die Problematik der seit dem Krieg
in der Bundesrepublik Jugoslawien befindlichen 750 000 serbischen
Flüchtlinge aus Bosnien und Kroatien einbezieht.
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Der Westen muss seine schwerwiegenden politischen Fehler anerkennen: dass
zehn Jahre die Machthaber und Kriegstreiber in Jugoslawien gestärkt und die
nichtnationalistischen gesellschaftlichen und politischen Alternativen
geschwächt wurden.
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Der Westen muss beschliessen, jetzt endlich dissidente Kräfte, wie
Frauen-, Menschenrechts-, Friedensgruppen und oppositionelle Medien
unterstützen, damit sie zu politischen Alternativen werden können. Dafür
muss er angemessene Ressourcen zur Verfügung stellen und Vermittlung
anbieten: diplomatische Dienstleistungen, Verhandlungsorte, Visen.
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Der Westen muss unterscheiden zwischen politisch Verantwortlichen und der
Bevölkerung in Serbien. Die Bevölkerung braucht eine Perspektive, die ihr
einen gesellschaftlichen und politischen Aus- und Umstieg ermöglicht.
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Vordringliche Aufgabe der Flüchtlingshilfe ist es, den Flüchtlingen vor
Ort rasch und unbürokratisch zu helfen.
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Die Schweiz muss sich als offenes Land für die Flüchtlinge erweisen.
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Das bedeutet auch, Kontingente von Flüchtlingen in den überlasteten
Anrainerstaaten abzuholen, um auch die aufzunehmen zu können, die aus
eigener Kraft die Schweiz nicht erreichen würden.
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Der Situation von Flüchtlingsfrauen ist durch sensibilisierte und
professionelle Betreuung bei der Reise in die Schweiz wie bei der Aufnahme
und der weiteren Unterstützung umfassend Rechnung zu tragen.
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Die aufgenommenen Flüchtlinge sind von Anfang an zu integrieren, da
sprachlich, gesellschaftlich und arbeitsmässig integrierte Flüchtlinge hier
wie im Herkunftsland nach allfälliger Rückkehr handlungsfähiger sind.