Kosov@/Nato 24. Mai 1999

Zitate-Schnippsel zur Dokumentation und Verwendung

Bei mir hat sich im Verlauf der zwei Monate Nato-Bombardierung so das eine oder andere Zitat aus der Presse angesammelt, das ich euch nicht vorenthalten möchte. Die Zitate stehen selbstverständlich zur freien Verfügung für allfälliges Recycling. Roland Brunner

Zitate

Die Nato, der Westen und der Krieg

Carl Bildt, früherer Bosnien-Chefdiplomat hat vor den Bombardierungen gewarnt, die Luftschläge würden zu einer Million Vertriebener führen. "Die Leidtragenden der fahrlässigen Politik sind die Kosovo-Albaner."
Tages-Anzeiger 6.4.99


"Man setzt weiterhin auf seine (Milosevics) Vernunft, will sein Nachgeben und seine Unterschrift erzwingen bevor er einem Kriegsverbrechertribunal überstellt wird. (...) Dahinter steckt angeblich die Überlegung, dass man Milosevic für eine diplomatische Lösung zu einem späteren Zeitpunkt noch braucht."
NZZ 6.4.99


"Die Alliierten bombardieren das Land inzwischen rund um die Uhr, doch die Strategie bewirkt vorerst das, was sie verhindern wollte. (...) Die Nato-Luftschläge haben die Massenvertreibung beschleunigt."
Peter Fürst im Tages-Anzeiger 6.4.99


"Die Nato-Verantwortlichen verstehen, so scheint es, nur die Psychologie der Bombenden, nicht aber die der Bombardierten. Führer sehen nur Führer, nicht aber die Toten und Verletzten."

"Der Krieg gegen Milosevic hat sich zu einem Krieg nicht einmal nur gegen das serbische Volk, sondern gegen die Bürger Jugoslawiens ausgeweitet, denn schliesslich machen die Einschüsse in der Wojwodina keinen Unterschied, ob sie einen Serben oder einen Nichtserben treffen. Es ist zu einem Krieg gekommen, dessen Ziel es war, die Gewalt und das Töten zu beenden, aber Gewalt und Töten potenzieren sich nur noch. Das war vorhersehbar. (...) Gemäss der Logik des Grundgesetzes jeglichen Krieges der Eskalation." "Mit diesem vielen Getöse wird der Konflikt in Kosovo nicht gelöst werden. Wo man sich bisher nichts angetan hat, dort wird man sich jetzt gegenseitig umbringen, weil die Bomben jegliche Hemmungen vergessen lassen, alles Handeln von verzweifelten Affekten geleitet wird. War man sich bisher schon fremd, so wird man sich fortan hassen. Und vergessen wir nicht: Sie konnten einmal friedlich zusammenleben."

"Indem sie ("die Führung der demokratischen Staaten") als Mittel gegen Gewalttätigkeit den Weg der Gewalt wählte, hat sie die Gewalt nur noch vervielfacht."

"Mit militärischen Drohungen lässt sich keine Demokratie installieren."
György Konrad, ungarischer Schriftsteller und Theoretiker, im Tages-Anzeiger, 6. April 99


"Das Land erstarrt unter dem Bombenhagel zusehends in Furcht und Schrecken. Mit wachsender Intensität der Nato-Luftschläge steigt auch die Gefahr, dass in Belgrad, Novi Sad und Nis normale Infrastrukturen elektrische Leitungen, Heizsysteme, Kommunikationswege zertrümmert werden. Die nächtlichen Einschläge werden für die Menschen zur Qual, vor allem für Kinder und Betagte, die nun schon seit einigen Nächten in den Luftschutzkellern kauern."
Angelo Gnädinger, Generaldelegierter des IKRK für Europa, im Tages-Anzeiger 7.4.99


"Die Menschen hier sehen die Intervention nicht gegen den Präsidenten, sondern gegen ihr Land gerichtet. Die ersten Bomben der Nato sind ja auch in der Umgebung von Belgrad gefallen. (...) Die Leute hier identifizieren jetzt westliche Demokratie mit Bomben. Wenn die Europäer oder die Amerikaner nicht mehr unsere Freunde sind, dann werden das in Zukunft die chinesischen oder russischen Kommunisten sein. Dies wäre fatal für Serbien, wenn sich eine Mehrheit auf diese Seite stellen würde. Denn dann haben wir nicht nur die Gegenwart, sondern auch die Zukunft verspielt. (...) Solange Krieg herrscht, können wir nicht über Arbeitslosigkeit und die Löhne reden. Wir sind jetzt praktisch ausradiert. Wären heute Wahlen, würden wir null Prozent gewinnen."
Zoran Djindjic, Demokratische Partei in Belgrad, in einem Interview von Stephan Israel, Basler-Zeitung 8.4.99


"Mit den ersten Bomben sind alle jene zum Verstummen gebracht worden, die anders gedacht haben. Diese Anderen, so kommt es am Ende heraus, sind reiner Überschuss, sowohl auf Milosevic' Rechnung als auch auf der des Westens. Sie stören die Strategie beider Seiten, und deswegen mussten und müssen sie vor allen anderen die ersten Opfer sein in den Tagen, Monaten oder auch Jahren, die vor uns liegen. Die Möglichkeit, dass sie vom Erdboden verschwinden, ist sehr wahrscheinlich, umso mehr, als sie für keine Seite erwünscht sind. Sie sind das Hindernis in der leidenschaftlichen Umarmung der Kriegsparteien, die von der selben Leidenschaft erbebt."
Dragan Velikic, Schriftsteller und aus Belgrad nach Budapest geflohen, im Tages-Anzeiger, 8.4.99


"Haben die westlichen Regierungen die Vertreibung der Kosovo-Albaner bewusst in Kauf genommen, als sie die Luftangriffe gegen Rest-Jugoslawien anordneten? Es ist schwer zu glauben, dass die Nato-Strategen diese mögliche Konsequenz ihrer Pläne übersahen. Statt eine menschliche Tragödie zu verhindern, hjatten die Bombardierungen das Gegenteil zur Folge."
Pierre Simonitsch in: Frankfurter Rundschau vom 8.4.1999


"Weshalb hat die gewaltigste Militärmacht aller Zeiten es nicht vermocht, einen Krieg zu verhindern? Ein Grund für die Eskalation liegt in der Aufstellung von Forderungen seitens der Nato, die für einen souveränen Staat demütigenden Charakter haben, und das erst noch in der Form von Ultimaten. Der andere Grund liegt in der Konzeptlosigkeit der Nato."

"Nicht jeder, der sich über ein Verbrechen entrüstet, ist deswegen auch schon Richter, oder gar Henker, in der betreffenden Sache. Die Nato, die noch nicht einmal von ihren eigenen Statuten her, geschweige denn im allgemein anerkannten Völkerrecht die Befugnis zu solchen Eingriffen hat, gibt sich selbst das Recht dazu. Im innerstaatlichen Bereich spricht man in solchen Fällen von einem Bruch der Rechtsstaatlichkeit, von Willkür und Usurpation."

"Das Vorgehen der Nato entspricht innerstaatlich der Berufung auf das gesunde Volksempfinden statt auf das bestehende Recht. Es gibt sich als Operation zur Sicherung der Menschenrechte aus und ist in Wahrheit eine Aktion, die bestehende Ansätze zum Aufbau rechtsstaatlicher Verhältnisse im internationalen System zerstört."

"Aktionen wie diejenige der Nato in Jugoslawien sind Bausteine für eine neue Weltordnung in der Form einer sich permanent auf Moral berufenden Perversion des Rechts und zugleich Sand in die Augen einer moralsüchtigen Weltöffentlichkeit."
Jörg Fisch, Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich, in: Weltwoche, 8. April 1999


"Ihr solltet Milosevic bombardieren. Aber wer in Novi Sad die Brücke zerstört, der hat das Gehirn eines Dinosauriers." (Zitat eines montenegrinischen Grenzpolizisten). "Jede Nato-Bombe fällt in Montenegro in ein politisches Kartenhaus."
Der Bund 9.4.99


"Was aber geschieht, wenn das militärische Potential vernichtet ist, die Industrieanlagen in Trümmern liegen und Milosevic noch immer die Fäden zieht? (...) Wer wird dem zerstörten, stigmatisierten und von Europa abgekoppelten Land wieder auf die Beine helfen?"
NZZ-Editorial 10.4.99


"Ich finde es einfältig, uns dauernd aufzufordern, zwischen Milosevic und Clinton zu wählen, als ob es sich um das Tessiner Eishockey-Derby handelte."
Franco Cavalli im TA 10.4.99


"Jeder, der die Region kennt, hat gewusst, dass Milosevic nicht nachgeben wird. Seine innenpolitische Machtposition ist sogar stärker geworden." "Es ist ein Fehler, die Bombenangriffe auf ganz Serbien auszudehnen. Damit bringt der Westen die serbische Bevölkerung gegen sich auf."

"Die westlichen Verhandlungsführer haben sich selbst in eine Zwangssituation hineinmanövriert. (...) Mit der Diskussion über eine Fortsetzung des Dutyfree-Geschäfts hat sich die EU wesentlich ausführlicher beschäftigt als mit dem Kosovo-Konflikt."
Carl Bildt, früherer Bosnien-Chefdiplomat, zitiert im Tages-Anzeiger 14.4.99


"Hunderte von Bomben haben die Nato dem erklärten Ziel, die Vertreibungen und Morde in Kosovo zu stoppen, nicht näher gebracht. Im Gegenteil, die Gewalt ist ins Unermessliche gewachsen, die kosovo-albanische Zivilbevölkerung ist den serbischen Gewalttaten schutzloser ausgeliefert denn je. Und eine Wende ist nicht in Sicht."
Zita Affentranger im Kommentar auf der Titelseite Tages-Anzeiger 15.4.99


"Als Beispiel für die falsche Planung braucht man nur die Teilrepublik Montenegro mit dem sich zu Menschen- und Minderheitenrechten bekennenden Präsidenten Milo Djukanovic zu nehmen (...) Man zerbombt nicht das Gebiet, dessen Bevölkerung man helfen oder retten will."
Rudolf Augstein, der Spiegel 14/1999.


"Der Krieg ist verloren, der Schurke hat gewonnen."

"Im besten Fall hat sich die Nato in den Instrumenten vergriffen. Im schlechteren Fall, böser Verdacht, wird die ethnische Trennung billigend in Kauf genommen. Nicht der Schutz der Albaner wäre das Ziel, sondern die Disziplinierung Milosevics."

"Clintons Motive für den Kosovo-Krieg sind kaum die verletzten Menschenrechte der Kosovaren."

"Washington hätschelte ihn (Milosevic) noch als Mann der Stabilität im Balkan, als der längst in Bosnien und Kosovo morden liess. Derweil ignorierte die Supermacht die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Gründe, die das ehemalige Jugoslawien auseinanderrissen."
Oliver Fahrni in der Weltwoche 15. April


"Ich stelle meine Dienste zur Verfügung, wo immer das von Nutzen ist', sagte (Uno-Generalsekretär) Annan, der sich bisher zum Konflikt kaum äusserte. Sein Schweigen ist beredt: Das erste Opfer des 'gerechten Krieges' war das Völkerrecht."
Armin Guhl in der Weltwoche 15. April


"Marschflugkörper und ähnliches Kriegsmaterial haben eine Ablaufzeit wie der Käse im Selbstbedienungsladen. Wenn er nicht rechtzeitig verbraucht wird, muss er weggeworfen werden, sonst kann man keinen neuen nachbestellen. Dies scheint jetzt der Fall zu sein, man muss das Zeug irgendwie los werden."
Ivan Ivanji, ehem. Sekretär des jugoslawischen Schriftstellerverbandes, in: Die Linke, 16.4.99


"Schlimm war, die 'Friedensfronten' bröckeln zu sehen; seit einem Jahr wimmelte es von Überläufern auf die Seite der Gewalt, erst mit dem Schulterzucken der Ohnmacht, bald schon mit öffentlich wohlgesetzten Argumenten, die verrieten, dass es diese Leute gewohnt sind, Überzeugungsarbeit zu leisten. Weisse Fahnen braucht man nicht mal einzurollen, sie lassen sich wiederverwerten: ein bisschen Farbe hier, ein Emblem dort, und schon sind Freunde da, Schulter klopfend, Wärme gebend."
Gerda Hauck, Volkswirtin bei Caritas Bern im Bereich Migration, in: Aufbruch 3/1999


"Die Politik des Westens ist falsch, weil sie auf die irrationale, verbrecherische Denkweise von Slobodan Milosevic eingegangen ist. (...) Natürlich trägt Milosevic die Hauptschuld für die Entwicklung. Aber nun ist auch die Nato dabei, Schuld auf sich zu laden. Ich habe den Eindruck, dass die Nato mit den Bombardements Milosevic' sehnlichsten Wunsch erfüllt hat."
Schriftsteller Milo Dor im Gespräch mit Peter Fürst, in: Tages-Anzeiger 19.4.1999


"Wenn man Bürgerkriege von außen nicht gewinnen kann, so kann man sehr viel dazu beitragen, daß sie nicht erst entstehen. (...) Wer rechtzeitig politisch und wirtschaftlich interveniert, vermeidet die Alternative, später entweder hilflos zusehen oder blind draufschlagen zu müssen. Vorbeugung ist die Strategie für eine moderne erfolgreiche Außenpolitik. Warum wird sie nicht betrieben? Der Sicherheitsrat hatte 1992 den UN-Generalsekretär beauftragt, sich Gedanken über die Prävention zu machen; bedacht haben die Politiker sie nicht. Sie geben zwar leicht Unsummen Geld für die Zerstörung von Infrastrukturen aus, drehen aber jeden Pfennig zweimal um, bevor sie ihn in den Aufbau solcher Strukturen stecken. Man vergleiche nur die Aufwendungen für den Krieg in Jugoslawien mit denen für den wirtschaftlichen Aufbau in Bosnien- Herzegowina. Die Diskrepanz läßt sich nicht allein mit dem Kurzzeithorizont erklären, in dem sich die Politiker notgedrungen bewegen. Sie unterbewerten noch immer, daß der Adressat von Außenpolitik nicht eine Regierung, nicht 'Milosevic' ist, sondern eine Gesellschaft. Wenn sie nicht zustimmt, gibt es keinen Erfolg."
Ernst-Otto Czempiel, Friedensforscher, in: Tageszeitung taz vom 19.4.1999


"Unmöglich vorherzusehen, wie dieser Krieg weitergehen wird. Alle theoretisch möglichen Optionen sind unwahrscheinlich und nicht wünschenswert. Es ist undenkbar, einfach unbegrenzt weiter Bomben abzuwerfen, falls Milosevic bereit ist, die Zerstörung der serbischen Wirtschaft in Kauf zu nehmen; es ist undenkbar, dass die Nato mit der Bombardierung aufhört, wenn Milosevic hart bleibt. Die Regierung Milosevic hat am Ende über Serbien einen kleinen Teil des Leidens gebracht, das sie benachbarten Völkern zugefügt hat."
Susan Sontag in: Tages-Anzeiger, 21.4.1999


"Wenn nicht alles täuscht, herrscht im Verteidigungsdepartement offenbar die Sorge vor, den Kosovokrieg zu 'verpassen'."
Bruno Lezzi, in: Neue Zürcher Zeitung NZZ, 21.4.1999


"Voraussehbar war die Entwicklung hin zum Krieg spätestens seit Sommer vergangenen Jahres. Anstatt den Versuch zu unternehmen, sich mit Russland auf eine gemeinsame Bearbeitung des Kosovo-Konflikts zu verständigen, drohte die Nato Miloovic mit Luftangriffen. Diese Drohungen mussten die Regierung in Moskau schon allein aus naheliegenden innenpolitischen Gründen mehr und mehr an die Seite Belgrads bringen. Die Zusagen Milosevic' an US-Unterhändler Richard Holbrooke vom Oktober 1998 (Waffenstillstand, Reduzierung der serbischen Armee- und Polizeikräfte im Kosovo etc.) wertete die Nato als Beweis für die Wirksamkeit ihrer Drohpolitik. Die zumindest gegenüber der Weltöffentlichkeit vertretene Erwartung der Nato, sie könne Miloevic mit derselben Drohung zur Unterzeichnung des Autonomieplans der Balkankontaktgruppe bringen, erwies sich - ebenfalls absehbar - als schwere Fehlkalkulation. Andererseits erwecken einige Artikel aus dem militärischen Implementierungsteil des Autonomieplanes, die nicht lediglich eine Überwachungstruppe für das Kosovo, sondern ein Nato-Besatzungsstatut für Restjugoslawien vorsehen, den Eindruck, die Autoren des Plans hätten es von Anfang an auf die Ablehnung des Planes durch Belgrad angelegt. Die nächste Fehleinschätzung war die Meinung der Allianz, nach ein, zwei Bombennächten werde Miloevic schon nachgeben. Das Ergebnis ist bekannt: Die Nato wurde seither immer mehr zum Gefangenen ihrer eigenen militärischen Eskalationslogik. Parallel verschärfte Miloevic die Vertreibungsoffensive gegen die Kosovo-Albaner. (...) Wesentliches Vehikel für diese Entwicklung war die seit Anfang der 90er Jahre völlig selektiv und eurozentrisch geführte Diskussion über die Notwendigkeit 'humanitärer Interventionen' mit militärischen Mitteln - etwa zur Verhinderung oder Beendigung von Völkermord oder anderen schweren Menschenrechtsverbrechen. Die Frage, ob derartige 'humanitäre Interventionen' nicht zumindest immer einer Mandatierung durch den UN-Sicherheitsrat bedürfen, wird in weiten Teilen der westlichen Öffentlichkeit nicht mehr mit Ja beantwortet. Das zeigt die Debatte um den Kosovo-Konflikt."
Andreas Zumach, Uno-Korrespondent, in: Tageszeitung taz, 21.4.1999


"Der Nato-Feldzug führte und führt zu einem humanitären Debakel. Er hat Elend nicht verhindert, sondern miterzeugt. Er hat Vertreibung und Mord im Kosovo angefacht wie ein Brandbeschleuniger. Niemand kann mehr ernsthaft bestreiten, das Ausmass heutiger Verwüstung und Vertreibung sei Resultat des Nato-Angriffs. Die Nato führt keinen Krieg gegen Milosevic, sondern gegen das serbische Volk. Die albanischen Opfer werden in Kauf genommen."
Daniel Vischer, Kantonsrat der Grünen, in: P.S. 22.4.1999


"Als heuchlerisch nehme ich die Politiker wahr, die der Unterdrückung in Kosova jahrelang tatenlos zugesehen haben und Abschiebungen dorthin als notwendig erachteten. Dieselben Menschen sind jetzt zutiefst moralisch entrüstet über die Greueltaten in Kosova. Wer jetzt einen sofortigen Stopp der Bombardements fordert, sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, nichts gegen das Morden im Kosova unternehmen zu wollen welche Perversion."
Volker Maria Hügel, Pro Asyl, Frankfurt am Main


"Willy Wimmer, CDU-Bundestagsabgeordneter und Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der OSZE und sicher unverdächtig linker Neigungen, hat unlängst in einem Interview gesagt, dass offensichtlich ein Erfolg der OSZE-Mission nicht gewünscht war und auf die Frage, wer den Erfolg verhindert habe, antwortete er wie folgt: 'Zum Beispiel die UÇK. Zum Beispiel diejenigen, die hinter der UÇK stehen und die Fäden ziehen. Die internationalen Beobachter, die OSZE-Beobachter, sie haben eindeutig erklärt die Verantwortlichen wohlgemerkt -, dass die jugoslawische Seite nach den Oktober-Vereinbarungen sich an diese auch gehalten hat. Und dass hingegen die UÇK systematisch diese unterlaufen hat. Sie ist in die leeren Räume wieder eingedrungen, sie hat provoziert und, und, und... Das sind Dinge, vor denen ich doch meine Augen nicht verschliessen kann. Und deswegen kann ich nur sagen: Hier haben interessierte Kreise kein Interesse am Erfolg der OSZE gehabt, und es ist bitter, bitter genug. Denn die OSZE-Beobachter haben in einer gewissen Zeit auch wieder Ruhe und Stabilität in den Kosovo gebracht. Aber diejenigen, die Sezession wollen, waren natürlich an der OSZE nicht interessiert, und das wird auch auf Dauer so sein.'"
zitiert aus: Contraste, April 1999


"Jede Bombennacht kostet 330 Millionen Dollar. Gemäss einer Aufstellung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Ausgabe vom 30. März) haben die USA in der ersten Kriegsnacht so viel Geld ausgegeben, wie sie insgesamt den vom Hurrican Mitch zerstörten Ländern Zentralamerikas an Hilfe versprochen haben."
Eduardo Galeano, in: WochenZeitung 22.4.1999


"Der Krieg erzeugt eine eigene Logik. Sie hat nichts mit dem Lösen von Konflikten zu tun, sondern zielt auf das Zerstören der Ursachen, die jedoch, wenn man sie nicht ganz zerstören kann, um so stärker werden. (...) Je länger sich Jugoslawien im Kriegszustand befindet, desto mehr werden die Morde an der albanischen Zivilbevölkerung von der breiten Mehrheit der Serben, einschliesslich der Intellektuellen, als legitime Form der Kriegsführung akzeptiert."
Josef Haslinger in: Weltwoche 22.4.1999


"Fischers 'multiethnisches Kosovo' ist längst tot. Die einzige Frage, die sich heute stellt: Werden im Kosovo Serben leben oder Albaner?"
Oliver Fahrni in: Weltwoche 22.4.1999


"In Novi Sad vernichteten Nato-Bomben das Gebäude der Gebietsverwaltung, einen wunderschönen, weissen Palast mit einem viereckigen hohen Turm aus den dreissiger Jahren. Bemerkenswert dabei ist, dass Novi Sad, die Hauptstadt der Vojvodina, von einer Koalition von Parteien verwaltet wird, die in Opposition zu der serbischen Regierung stehen. Die Vojvodina ist stolz, das multikulturelle Zusammenleben der vielen hier angesiedelten Völkerschaften - Serben, Ungarn, Slowaken, Rumänen, Kroaten, Ruthenen, Roma - trotz aller Schwierigkeiten bewahrt zu haben. 'Unsere Gemeinschaft wurde getroffen!' sagte der ungarische Bürgermeister von Subotica, Jozsef Kasza."
Andrej Ivanji in: Tageszeitung taz, 22.4.1999


"Durch Bill Clintons Brille besehen ist der Balkan schliesslich nichts weiter als eine exotische Ausgabe von Arkansas, wo weiss sich nicht mit schwarz vertrug und die Schulen erst integriert wurden, als Präsident Eisenhower in Little Rock Truppen aufmarschieren liess. In Little Rock sind die Dinge seither viel besser geworden; man lebt und lässt in gewissen Grenzen leben. Was dort geschah, muss auch in Pristina geschehen. Oder andersherum: Wenn es in Pristina nicht klappt, kann es letztendlich auch in Little Rock nicht klappen. (...) Über dem Krieg in Kosovo flattert also das Banner der Vereinigten Farben und Ethnien von Benneton. So und nicht anders hat sich Clinton seinen Krieg gewünscht."
Martin Kilian in: Weltwoche 22.4.1999


"Fischer wie Schröder gehen davo aus, dass die USA, die annähernd 500 der 715 eingesetzten Flugzeuge stellen, 'noch ein bisschen weiterbomben wollen', wie ein hochrangiger Beamter des Bonner Aussenministeriums sagt. Wichtigstes Kriegsziel der Amerikaner seit der vergangenen Woche sei glauben Fischer und seine Leute nicht mehr die Verhinderung der 'humanitären Katastrophe'; die ist ja längst geschenen. Statt dessen muss nun, wie es die Nato-Sprecher formulieren, zuerst 'der Luftkrieg gegen Jugoslawien gewonnen werden'."
Der Spiegel, 16/1999, Seite 25


"Die Nato ist ein sehr erfolgreiches Sicherheitsbündnis der beteiligten Staaten. Sie garantiert durch die Präsenz der USA die Sicherheit Europas."

"Ich glaube, der politische Charakter der Nato wird verkannt, wenn man zu sehr auf die militärische Hardware sieht."

"Wir führen keinen Krieg, wir leisten Widerstand, verteidigen Menschenrechte, Freiheit und Demokratie."
Deutschlands Aussenminister Joschka Fischer im Gespräch mit dem Spiegel, 16/1999, Seite 34ff.


"Kurz vor dem Jubelgipfel zum 50. Geburtstag der Allianz am kommenden Wochenende versinkt die Nordatlantische Allianz in einem Sumpf, in den sie sehenden Auges hineinmarschiert ist. Rat- und willenlos bombt der Westen weiter, weil niemand einen Ausweg weiss aus dieser Spirale der Gewalt. (...) Nichts könnte die Realität des Grauens, das jeder Waffeneinsatz in sich birgt, wirksamer demonstrieren als Dutzende Opfer ausgerechnet unter jenen Menschen, zu deren Schutz und Rettung die Nato vor beinahe vier Wochen angetreten war."
Der Spiegel, 16/1999, Seite 188


"Das Osterradio spielt The Logical Song von Supertramp und Good Vibrations von den Beach Boys, dazwischen Kriegsmeldungen: 25 amerikanische Apache-Hubschrauber sollen die Ost-Comanchen im Kosovo zivilisatorisches Verhalten lehren. Der Logical Song hat im Text genau die Wortfolge, um die es im Verhalten der alten Pazifisten geht: radical liberal cynical. Then they taught me how to be acceptable, respectable ... Die Lehre, die der Rocksong unausgesprochen enthält: Akzeptiert und respektiert in dieser Gesellschaft ist, wer letztlich den Krieg annimmt und sich vor den Kriegsherrn beugt bzw. ihr Agent wird, acceptable, respectable. Das Stück beginnt mit den Worten "When I was young" und handelt von den Qualen des Erwachsenwerdens: dem Einstieg des Kinds in die Begriffswelt. Wörter wie 'sensible' und 'natural' werden überdeckt von langen Wörterketten der Reihe logical, practical, philosophical, cynical, radical, criminal, fanatical, das Altsaxophon spielt die Rolle der Stimme des Kindes, es geht am Ende in Schreie und Stöhnen über, bedrängt von der Gewalt der Begriffssysteme." Klaus Theweleit, Autor der "Männerphantasien" und des "Buch der Könige", forscht über Generationenmathematik, Geschlechterpolitik und Körpergeschichte.
In: Tageszeitung taz 23.4.1999


"Warum ist der Bombenkrieg der Nato kein Krieg, sondern eine humanitäre Intervention? Die systematische Austreibung der Kosovo-Albaner - nach geltendem internationalem Recht: Völkermord - beantwortet die Frage scheinbar von selbst. Aber eben nur scheinbar. So kurz kann gar kein öffentliches Gedächtnis sein, um nicht mehr zu wissen, dass der Massenexodus erst nach Beginn der Nato-Luftschläge einsetzte. Seit dem 24. März 1999 bis zum 19. April sind laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR aus dem Kosovo 602'000 Vertriebene nach Makedonien, Albanien und Montenegro gelangt. Zwischen März 1998 und dem 24. März 1999, der Zeit des reinen Bürgerkrieges, waren es 171'000 Menschen, also durchschnittlich 14'000 im Monat. In den ersten vier Wochen des Bombenkrieges gegen Jugoslawien explodierte die Zahl der Flüchtlinge und Vertriebenen also auf das Dreiundvierzigfache der Vormonate. Nur eine zufällige Zeitgleichheit? Selbst wenn sich bestätigen würde, dass der Vertreibungsexzess in Belgrad von langer Hand geplant war, bleibt die Tatsache unübersehbar: Die Bomben und Raketen der Nato haben ihn nicht verhindert und können ihn weiterhin nicht verhindern. Beide Vorgänge laufen mit trotziger Verstocktheit nebeneinander her. Die Zerstörung von Häusern, Fabriken, Kraftwerken, Strassen, Brücken schädigt die Serben, aber sie hilft keinem einzigen Albaner. Eine humanitäre Intervention ist das allenfalls der Absicht nach, nicht jedoch in der Wirkung. Um jedes Missverständnis auszuschliessen: Die Schuld an Verbrechen trägt derjenige, der sie begeht. Nicht die Nato verjagt und misshandelt die Kosovaren, sondern die militärischen und paramilitärischen Schergen unter Belgrader Kommando. Wer aber die Ausführung von Untaten fahrlässig begünstigt, macht sich mitschuldig. Das Versagen der westlichen Politik in der Kosovo-Krise besteht in einer langen Reihe fataler Missgriffe. Sie beginnt mit dem Ingangsetzen der einseitigen Drohspirale im Juni 1998 und endet mit dem Rambouillet-Ultimatum vom März 1999. Nicht nur Miloevic, auch kein anderer jugoslawischer Politiker irgendeiner Couleur hätte diesen Vertrag unterschrieben. (...)

Um einen komplexen ethnonationalen Konflikt hoher Gewaltvirulenz erfolgreich eindämmen zu können, bedarf es der ganzen Bandbreite erfolgsfähiger Instrumente: der politischen Krisenprävention, der friedlichen Streitbeilegung, der Schlichtung und Vermittlung sowie auch der Unterbindung bereits ausgebrochener Gewalt, notfalls durch Gegengewalt. Zweifellos verfügt Europa, verfügt der Westen über sämtliche dieser Instrumente und zusätzlich über ein breites Reservoir an positiven wie negativen ökonomischen Sanktionsmitteln. Die Nato hingegen hat nur ein einziges Mittel, dieses jedoch im Übermass: militärische Macht. Sie ist ein Bündnis, sie denkt und sie handelt wie ein Bündnis: parteilich und nach den Maximen der höchstwirksamen Bekämpfung eines Gegners. In politischer Konfliktmoderation mit Augenmass und Stehvermögen hat sie weder Kompetenz noch Erfahrung. Als Monopolist für Krisenbewältigung in Europa ist sie eine Fehlbesetzung.
Reinhard Mutz, Friedensforscher, in: Tageszeitung taz 23.4.1999


"Auf Dauer kann die Allianz keinen Krieg führen, der das bewirkt, was er zu verhindern vorgibt, und in dem nur unschuldige Zivilisten die Opfer sind. (...) Die gegenwärtig geführten Luftangriffe gründen immer noch nur auf der Hoffnung, dass Milosevic schliesslich einlenken wird."
Kommentar in der Neuen Zürcher Zeitung NZZ, 24.4.1999


"Die Nato ist zum Erfolg verdammt. Wir können uns nicht leisten zu verlieren. Wir haben zu viel Zeit, Anstrengungen und Mittel investiert, um nachzugeben, bevor unsere fünf zentralen Forderungen erfüllt sind."
Nato-Sprecher Jamie Shea, zitiert im Tages-Anzeiger, 24.4.1999


"Die Nato, die in keinem Fall zulassen will, dass Präsident Milosevic auch noch den Frieden diktiert, kann von ihren Forderungen nicht abrücken. Sie ist zum Siegen verurteilt und scheint sich auf einen längeren Krieg einzustellen. (...) Ein gefährlicher Herd politischer Instabilität wird ein zerstörtes, besiegtes und gedemütigtes Serbien sein, das erst noch Gefahr läuft, in seine ethnischen Bestandteile zu zerfallen. Das sollte auch die Nato bedenken." Leitartikel in der Neuen Zürcher Zeitung NZZ vom 24.4.1999


"Die durch die Nato verursachten Zerstörungen werden Serbien teuer zu stehen kommen. Sie werden die Bemühungen mehrerer Generationen zunichte machen, eine Infrastruktur im Land aufzubauen. Aber sie zerstören auch die Rudimente demokratischer Institutionen. Im Ergebnis wird entgegen den Erwartungen sowohl im Westen als auch in der Region ein Auflehnen gegen Milosevic immer unvorstellbarer. Herauskommen wird dagegen wahrscheinlich dies: Milosevic' Überleben und seine uneingeschränkte Alleinherrschaft, ein Staatsstreich und eine Militärdiktatur oder Machtkämpfe zwischen einzelnen Warlords und totales Chaos. Keine dieser Alternativen würde einen positiven Politikwechsel in Belgrad bringen."
Sonja Biserko, Menschenrechtsaktivistin aus Belgrad, in: Tageszeitung taz vom 26.4.1999


"Es sei ein Hohn, das Leben von Nato-Piloten aufs Spiel zu setzen, um Ölraffinerien zu zerbomben, wenn Belgrad den Treibstoff importieren könne, heisst es in Washington. Allerdings hat man nicht nur das Leben der Nato-Piloten, sondern auch jenes unschuldiger Zivilisten aufs Spiel gesetzt für ein Ziel, das sich, wie sich jetzt zeigt, eher mit politischen denn mit militärischen Mitteln erreichen lässt. In Sachen Öl haben die Nato-Schläge letztlich ins Leere getroffen."
Zita Affentranger, Kommentar auf der Titelseite im Tages-Anzeiger vom 27.4.1999


"Wir haben natürlich das Ziel, Milosevic zur Annahme der gesetzten Bedingungen zu bringen, noch nicht erreicht. Es ist uns auch noch nicht gelungen, das nachträglich formulierte Ziel zu erreichen, den Vertreibungen und der humanitären Katastrophe in Kosovo Einhalt zu gebieten. Das müssen wir offen und ehrlich zugeben. Aber es ist uns gelungen, in den inzwischen über dreissig Tagen der Luftoperationen den Militär- und Polizeiapparat erheblich zu schwächen. Der Zeitpunkt des Erfolgs wird in entscheidendem Masse davon abhängen, wieviel Verantwortungsbewusstsein Milosevic noch für sein Volk empfindet. (...) Wenn ein Land dermassen grosser Schaden zugefügt wird, dann muss jede realistisch denkende Person erwarten, dass Milosevic einlenkt. (...) Es stelle sich die Frage, ob Milosevic das Wohlergehen eines ganzen Volkes mit dem Anspruch auf ethnische Dominanz, das mit keinerlei internationalem Recht mehr vereinbar ist, wirklich aufs Spiel setzen will."
General Klaus Naumann, Vorsitzender des Nato-Militärausschusses, im Gespräch mit der NZZ, 27.4.99


"We must do more to reach out our children and teach them to express their anger and to resolve their conflicts with words, not weapons."
Präsident William Jefferson (Bill) Clinton nach der Schiesserei an der Columbine Highschool, Colorado, während US-Flugzeuge im Nato-Verbund Belgrad bombardierten.


"Dieser Krieg, so sagen die westlichen Politiker, wird für Demokratie und Menschenrechte, gegen Diktatur und Barbarei geführt. Die schärfsten Befürworter des Krieges waren früher gegen den Vietnamkrieg, Skeptiker der Nato-Osterweiterung und sind eher befremdet, wenn vom nationalen Interesse die Rede ist. Ohne diese "68er" wäre dieser Krieg politisch unmöglich. Fast scheint es, als hätte amnesty international die Nato zu ihrem militärischen Werkzeug gemacht. Der politische Idealismus scheint die selbstsüchtige Realpolitik besiegt zu haben. Ist das kein Grund zum Jubeln? Einen Moment! Denn durch die moralische Legitimierung des Krieges bringt sich der Westen selbst in einen Zugzwang, dem er kaum genügen können wird. Der Vorwurf, scheinheilig zu sein, wird ertönen, eine Glaubwürdigkeitskrise die Folge sein. Der Widerwillen, Bodentruppen einzusetzen und das Leben westlicher Soldaten aufs Spiel zu setzen, ist der erste offenkundige Bruch mit jener hochfliegenden moralischen Kriegslegitimation. Zudem wird der Westen künftig moralisch verpflichtet werden, in ähnlichen Sitationen zu intervenieren - und sich zu Recht den Vorwurf der Doppelmoral (wenn nicht des Rassismus) einhandeln, wenn er sich weigert einzugreifen. Vorstellbar ist, dass Führer ethnischer Minderheiten versuchen werden, die Mehrheit zu Gewalttätigkeiten zu provozieren - in der Hoffnung, dass dann die Nato auf ihrer Seite interveniert. Das bedeutet: nicht weniger, sondern mehr gewalttätige Konflikte. Und der Westen wird 'gerechte Lösungen' für ethnische Konflikte und Unabhängigkeitskämpfe finden müssen, in denen es keine gerechten Lösungen geben kann - sondern nur ein Entweder-Oder. Ausserdem beansprucht der Westen mit dieser Aktion die Position moralischer Überlegenheit gegenüber dem Rest der Welt. Der Westen führt einen einsamen moralischen Kreuzzug und wird damit antiwestliche und berechtigte Ressentiments ernten. Glaubt man den Politikern, kämpft der Westen gegen die Barbarei. Das bedeutet: Der Westen beansprucht neuerdings alleine, die Zivilisation zu verkörpern - und er glaubt, diese Mission mit Bomben durchsetzten zu dürfen, wenn es ihm angemessen erscheint."
Ghia Nodia, Professor für Philosophie, lebt in Tiflis, Georgien. Er ist Vorsitzender des kaukasischen Institutes für Frieden, Demokratie und Entwicklung. Derzeit ist er Stipendiat des Berliner Wissenschaftskollegs. In: Tageszeitung taz, 27.4.1999.


"Die Hoffnung auf ein Einlenken Milosevics scheint vor allem dem Wunschdenken westlicher Politiker zu entspringen, die sich an jeden aus Belgrad gereichten Strohhalm klammern."
NZZ, 28.4.99


"Die Nato, die heute Krieg führt, hat mit der ursprünglichen Organisation fast nichts mehr gemein. Das jetzt in Washington verabschiedete Konzept einer künftigen Bündnisstrategie ist deshalb auch viel mehr als eine Weiterentwicklung der ursprünglichen Allianz es ist in der Substanz die Gründung eines neuen Militärpaktes. (...) Es ist kein Zufall, dass diese neue Nato, noch bevor sie amtlich richtig registriert ist, bereits bombt. Im Gegensatz zu der alten Organisation, die bei Strafe ihres Untergangs eine Kriegsverhütungsorganisation war, ist die neue Nato eine Organisation, die Krieg führen können soll. Dies ist keine moralische Wertung, es beschreibt lediglich die veränderte Funktion."
Jürgen Gottschlich in: Tageszeitung taz 30.4.1999


"Dieser Krieg ist ein Desaster, niemand hat ihn mehr in der Hand. Wer dafür zahlt, sind die einfachen Leute."
Angel Tello Valero, spanischer Konteradmiral, zitiert in: Tages-Anzeiger, 30.4.99

Mai 1999

"Wie können Leute, die noch die Zerstörung der Brücke von Mostar als Barbarei bezeichnet haben, jetzt diese Bombardierungen der Nato befürworten?"
Paul Rechsteiner, SGB-Präsident, an der 1. Mai-Kundgebung in Biel


"Die verschiedenen Kompromisssignale, die Milosevic in den letzten Tagen gegeben hat darunter die Freilassung der drei gefangenen US-Soldaten -, wertet Washington als Versuch, die Nato-Länder zu spalten. Der stellvertretende US-Aussenminister, Strobe Talbott, tat sie als 'PR-Trick' ab und erklärte, die Nato bombardiere Serbiens Regierung, sie verhandle nicht mit ihr."
Victor Breu in: Tages-Anzeiger 4.5.1999


"Die Allianz stehe kurz vor dem Erreichen der 'Ziele ihrer Luftkampagne'. Die selbstzufriedene Äusserung des Nato-Generalsekretärs lässt Fragen offen. Welche Ziele sind gemeint? Anfangs waren es drei. Politisch sollte die Unterschrift Belgrads unter Rambouillet erzwungen werden. Jetzt muß wohl ein neuer Vertrag ausgehandelt werden, der die veränderte Lage nach den Vertreibungsgreueln berücksichtigt. Der Schutz der Kosovo-Albaner galt als zweites und humanitäres Ziel. Dieses ist ebenfalls nicht erreicht. Das Elend, das man verhindern wollte, ist vielmehr schreckliche Realität. Ein drittes, militärisches Ziel wurde nachgeschoben, die Zerschlagung der Fähigkeit der jugoslawischen Armee, Gewaltakte im Kosovo zu verüben. Angesichts der anhaltenden Vertreibungen ist auch dies gescheitert. Nüchtern bilanziert, besteht das Resultat von etwa 12.000 Einsätzen der Nato insofern vor allem in der Zerstörung der jugoslawischen Infrastruktur."
Hans-Joachim Giessmann, Mitarbeiter des Hamburger Instituts für Friedensforschung, in der Tageszeitung taz vom 4.5.1999


"In Belgrad drängt sich die Frage auf: Wie soll die Auflösung einer humanitären Katastrophe in Serbien, die tragische Situation der kosovo-albanischen Flüchtlinge in Makedonien, Albanien und Montenegro verbessern? Und wenn das schon nicht funktioniert, was ist dann der Sinn dieser systematischen Zerstörung Serbiens?"
Andrj Ivaji, Tageszeitung taz, 4.5.99


"Der Krieg der Nato um das Kosovo hätte nur gewonnen werden können, wenn Jugoslawien bereits nach den ersten Bomben kapituliert hätte. Denn dann hätte niemand gemerkt, daß er in Wahrheit schon verloren war. (...) Die für die Weltgesellschaft wesentliche Unterscheidung lautet nicht gut oder böse, sondern kalt oder warm. Wer lernt, und zwar in jeder Situation lernt, das heisst nicht nur gelernt hat, ist kalt. Der jugoslawische Präsident ist in diesem Sinne kalt, denn er kennt seinen Westen. Er hat ihn dort studiert, wo er am westlichsten ist, als Banker in New York. Und er treibt die Nato zur Verzweiflung, weil er täglich neu lernt und bereits aus den ersten Bomben gelernt hat, daß er den Krieg politisch gewonnen hat, sosehr er ihn auch militärisch verlieren mag. Unsere linken Politiker dagegen sind warm. Sie wenden die Idee der 'atlantischen Wertegemeinschaft' gegen einen Feind, den sie einer archaischen Gemeinschaftsideologie bezichtigen. Unsere Politiker sind warm, denn sie müssen nicht mehr lernen, sondern nur noch dem Richtigen zum Durchbruch verhelfen. Aber sie sind hilflos, wenn ihnen nicht Wärme, sondern Kälte begegnet."
Dirk Baecher in der Tageszeitung taz vom 4.5.99


Ungarns "Aussenminister Martonyi wiederholte am Dienstag, dass Ungarn einen von seinem Territorium ausgehenden Angriff mit Bodentruppen strikt ablehne und ausschliesse, da eine solche Operation in der Vojvodina die Gefahr von Vertreibungen und einem neuen Völkermord mit sich brächte."
NZZ, 5.5.1999


"Heute sind die Kosovo-Albaner Opfer der serbischen Angriffe, so wie es vor einigen Jahren die bosnischen Muslime waren. Aber die Herren von der Nato, die grossen Strategen und Spezialisten in Sachen chirurgisch genauem Krieg ein Krieg, an dem auch Flugzeuge meines Landes teilnehmen bombardieren die Zivilbevölkerung und zerstören die Brücken. Vielleicht wissen sie nicht, dass sie dadurch jegliche Hoffnung auf einen Dialog zwischen den Völkern des Balkans zerstören."
Nedim Gürsel, türkischer Schriftsteller und Essayist, Direktor des Forschungszentrums C.N.R.S. in Paris, in der Tageszeitung taz, 5.5.99


"Als eine grosse Nation, als die einzige Supermacht darf sich Amerika nicht der Arroganz der Gewalt und der Vergötterung der Macht hingeben."
Jesse Jackson zu Bill Clinton, zitiert nach NZZ, 5.5.99


"Da wochenlange Bombardements die ethnischen Massaker und Deportationen durch das serbische Regime nicht stoppen konnten, ist die humanitäre Schlacht auf dem Balkan für das Bündnis jetzt die grosse Chance, das lädierte Image wieder auf Hochglanz zu polieren. Im Brüsseler Hauptquartier hat man aus den Interventionen in Rwanda und Somalia oder aus dem sudanesischen Bürgerkrieg gelernt: Die humanitäre Hilfe ist eine Kriegsressource und die Kontrolle der Flüchtlingsströme von strategischer Bedeutung. (...) Die von der Nato immer wieder genannten logistischen Probleme beim Transport von mehreren hunderttausend Kosovari in den Süden Albaniens seien in Wahrheit nur ein Alibi', glaubt inzwischen auch ein Sprecher von EU-Kommissarin Bonino. 'Uns kommt es so vor, als wolle die Nato die Präsenz der Flüchtlinge an der Grenze als zusätzliches Druckmittel gegen Belgrad einsetzen.'"
Johannes von Dohnanyi, in: Weltwoche, 6.5.99


"Ob Saddam oder Slobodan, Adolf Hitler ist immer dort, wo der Westen hinbombt. (...) Weil es so viele Hitler gibt, fällt mit jeder Bombe auf Belgrad dem kollektiven Gedächtnis der Deutschen ein Stein vom Herzen."
Velten Schäfer in der Tageszeitung taz, 6.5.99


"Junge Frauen, die aus Kosovo geflüchtet sind, werden nach Angaben der Uno-Hochkommissarin (Sadako Ogata) insbesondere in Albanien von Banden zur Prostitution gezwungen. (...) Weiter heisst es in dem Bericht, es bestehe die reale Gefahr, dass Flüchtlinge von der Kosovo-Befreiungsarmee UCK zwangsrekrutiert würden."
Tages-Anzeiter, 7.5.99


"In diesem doppelgesichtigen Krieg sieht die Bilanz für den Westen gegenwärtig nicht gut aus. Besser wird sie auch nicht, wenn die Nato in Brüssel es nicht unterlassen kann, sich angesichts strategischer Fehlschläge mit den Erfolgen neuer Waffen zu brüsten."
NZZ-Leitartikel Seite 1, 8.5.99


"Dass die Nothilfe so spät zustande kommt, obwohl jahrelang auf jede Verhandlung neue Menschenrechtsverletzungen folgten, und dass die zur Hilfe aufgeforderten Staaten überdies aus wirtschaftlichen Interessen Öl- und Waffenlieferungen duldeten, ist ein Skandal. (...) Dass sich die Aussenpolitiker des Westens auf die Schwierigkeiten Jugoslawiens nach dem Tode Titos nicht vorbereitet hatten und dass sie nach vielen Jahren erfolgloser Verhandlungen anscheinend ohne durchdachte Strategie eingreifen, ist wohl ein zweiter Skandal. (...) Militärische Handlungen, die vorhersehbar Unschuldige treffen und das sich alle Zivilisten -, sind nicht bloss politisch unklug, sondern rechtsethisch unzulässig. Soll eine humanitäre Intervention berechtigt sein, dann gewiss nicht um der Rechthaberei, sondern ausschliesslich um dem Recht zu dienen."
Otfried Höffe, Philosoph an der Uni Tübingen, in der NZZ, 8.5.99


"Es gibt Hinweise dafür, dass die lohnenden Ziele allmählich ausgehen. In letzter Zeit wurden vermehrt Anlagen erneut bombardiert, welche die Nato schon früher getroffen hatte."
NZZ-Leitartikel Seite 1, 10.5.99


"Am Sonntag räumte aber ein General ein, dass der Allianz langsam die lohnenswerten Ziele ausgehen könnten. Sie kann ja, überspitzt formuliert, nicht jedes Transformerhäuschen zerstören; der 'Grenznutzen' der Zerstörungen droht zu sinken."
NZZ 10.5.99


"Die Luftangriffe der Nato haben in einem einzigen Tag das erreicht, wofür Milosevic jahrelang gekämpft hat: Die unabhängigen Medien wurden zum Schweigen gebracht denn es ist Krieg; alle Bürgerrechte wurden ausser Kraft gesetzt denn schliesslich haben wir Krieg: die ohnehin grosse Zahl der Leichen, die sich hier seit Jahren türmen, wurden noch grösser denn, sollten Sie es vergessen haben, wir befinden uns im Krieg! (...) Nach 20 Tagen fürchterlicher Luftangriffe, die das ganze Land umgepflügt, Menschen getötet, Städte zerstört haben, ist der Staat noch immer derselbe. Das offensichtliche Versagen der Nato-Politik, die die Bürger dieses Landes mit Bomben bestraft, zeigt sich darin, dass sich die Obrigkeit um keinen Deut geändert hat. Das Land ist verwüstet, die Obrigkeit hingegen stärker denn je."
Biljana Srbljanovic, Dramatikerin, aus ihrem Kriegstagebuch, in: Der Spiegel 17/1999


"Der Luftkrieg, mit dem die Nato den Vertreibungsplan unterbinden wollte, verfehlte diesen Zweck. Die Inkongruenz von politischen Zielen und den Mitteln eines auf High-Tech setzenden Militärapparates wird immer deutlicher. Die Bombardierung der Infrastruktur zerstört auch die industrielle Zivilisation die Lebensgrundlage der Bevölkerung. (...) Luftkrieg darf keine willkürliche Kriegshandlung sein, sondern in Demokratien bedarf jedes Ziel der öffentlichen Erklärung."
Helmut Lippelt, in: Tageszeitung taz, 10.5.1999


"In diesem Krieg und wir benutzen dieses Wort bewusst zwischen Jugoslawien und der Nato ist eine beispiellose Vermischung der Rollen der humanitären und militärischen Akteure zu beobachten. In der Kosovo-Krise übernehmen die Truppen mehr und mehr Verantwortung für humanitäre Aufgaben. Aufgaben, bei deren Erfüllung sie naturgemäss zwar mitwirken, die sie jedoch nicht in vollem Umfang wahrnehmen können. Das grundlegende Prinzip des Humanitarismus ist es, den Bedürfnissen der Verletzlichsten gerecht zu werden, ohne in einem Konflikt Partei zu ergreifen. (...) Die Zerstörung von Wasser- und Stromversorgungsanlagen in Serbien hat viele Menschen der Gefahr von Epidemien ausgesetzt. (...) Ich habe die Nato-Führung an die Pflicht erinnert, Angriffe auf Objekte oder Einrichtungen zu beschränken, die für die Wirksamkeit der militärischen Operationen des Gegners von Bedeutung sind."
Cornelio Sommaruga, Präsident des Internationalen Komitee von Roten Kreuz, in: Tages-Anzeiger, 12.5.99


"Ich möchte betonen, dass humanitäre Aktionen nur glaubwürdig sind, wenn sie neutral, unparteiisch und unabhängig von politischen Kräften durchgeführt werden. Eine Armee ist nicht unabhängig. Sie kann versuchen, unparteiisch zu sein. Neutral ist sie nie."
Cornelio Sommaruga, Präsident des Internationalen Komitee von Roten Kreuz, in: Weltwoche, 13.5.99


"Jahrelang habe ich vor dem Konfliktpotential in der Region gewarnt. Statt dessen hat die Europäische Union ausführlicher über die Fortsetzung des Duty-free-Geschäfts diskutiert als über das Kosovo."
Carl Bildt, Uno-Gesandter für das Kosovo, zitiert in: Weltwoche, 13.5.99


"Leider haben erst die Nato-Luftschläge die Voraussetzungen und Möglichkeiten zu den ethnischen Säuberungen geboten. (...) Jetzt bombardieren wir Jugoslawien und zerstören alles, was Leute, die nie zu Milosevic gehört haben, mühsam aufgebaut haben. Wir zerstören das, weil wir angeblich Milosevic treffen wollen. Aber der Präsident selbst ist kein Ziel. Wir sagen zwar, dass wir den Menschen im Kosovo helfen wollen, aber wir machen genau das Gegenteil. Wir verkünden die allgemeinen Menschenrechte und verletzen sie selbst. (...) Seit dem Beginn des Balkankonflikts handelt der Westen total verantwortungslos. Die Nato-Luftschläge sind der letzte Beweis dieser Verantwortungslosigkeit. (...) Montenegros Präsident MiloDjukanovic sagte mir: 'Die internationale Gemeinschaft hat seit 1989 einen Fehler nach dem anderen begangen, und jetzt strafen sie uns für ihr eigenes Versagen.' Wir sind mitten im Teufelskreis der Gewalt. Einen Asweg finden wir nur, wenn wir akzeptieren, dass wir diese Schlacht verloren haben, weil wir die falschen Instrumente benutzten." Jiri Dienstbier, Uno-Sonderbeauftragter für Menschenrechtsfragen, in:
Weltwoche, 13.5.99


"Frieden zu schaffen ist komplizierter als Krieg zu führen. Wir müssen uns auf den Frieden besser vorbereiten, als wir, die internationale Gemeinschaft, auf den Krieg vorbereitet waren."
Carl Bildt, Uno-Sondergesandter für Kosovo, zitiert in: Tages-Anzeiger, 14.5.99


"Die amerikanische Politik war Russland gegenüber erschreckend unsensibel. Nach dem Wegfall der Machtbalance zwischen Ostblock und Nato spielen die Amerikaner ihre Vormachtstellung völlig unbekümmert aus. Sie benehmen sich wie ein Elefant im Porzellanladen. Dieses Porzellan ist nicht so ohne weiteres wieder zu kitten. Der Westen hat sich als schlechter Sieger des Kalten Krieges erwiesen, vor allem in psychologischer Hinsicht. (...) Es wäre gefährlich, die Nato nun weiter nach Osten auszudehnen. Die Allianz muss ihre Struktur überdenken. Sie ist eine Organisation aus dem Kalten Krieg. (...) Russland ist viel zu schwach geworden, als dass es noch eine Gefahr für seine Nachbarn darstellen könnte. Mit der Osterweiterung der Nato destabilisiert man Russland, schürt die nationalistischen KJräfte und fällt den mehr oder minder demokratisch gesinnten Politikern in den Rücken. Ich fände es auch paradox, wenn der Westen jetzt die Dienste Russlands in Kosovo in Anspruch nimmt und anschliessend Rumänien, Bulgarien oder gar Albanien durch einen Nato-Beitritt belohnen würde."
Carsten Goehrke, Professor für osteuropäische Geschichte an der Universität Zürich, im Gespräch mit Zita Affentranger in: Tages-Anzeiger, 15.5.99


"Now, allied troops will be confronting a ruined landscape and shattered population. Just figuring out where to house a peacekeeping force has become more problematic. 'Four month ago, we assumed we'd move into Serb barracks when Yugoslav forces left,' a senior administration official said. 'Well, we've destroyed all the Serb barracks.' (...) A sudden massive surge of ethnic Albanians back into the province could disrupt the deployment of the internationale peacekeeping force and overwhelm efforts to clear away mines and booby traps. On the other hand, U.U. officials recognize the practical impossibility of forcibly impeding refugees from going back. Soe one idea being persued is to start advising refugees now who are camped in Albania and Macedonia of the potential dangers of rushing home and promise them help in resettling if they await the green light."
International Herald Tribune, 18.5.99


"Die Uno wurde marginalisiert, das IKRK musste abziehen, und die meisten Hauptakteure der internationalen Gemeinschaft können im humanitären Bereich nicht agieren, weil sie Konfliktpartei sind."
Walter Fust, oberster Schweizer Entwicklungshelfer, in: Weltwoche, 20.5.99


"Die gefährlichsten Kriegstreiber unserer Zeit sind nicht die Konservativen, sondern eine regierende Koalition aus Sozialdemokraten und Grünen, weil sie die Einzigen sind, die Kriege führen und gleichzeitig den Protest auf der Strasse lähmen."
Rafik Schami, Schriftsteller, in: WoZ, 20.5.99


"Milosevic, der Hauptverantwortliche der Tragödie in Kosovo, versucht nun auch noch, die Bedingungen für den Frieden zu diktieren oder zumindest der Nato einige Zugeständnisse abzuringen. Der Westen darf sich auf einen solchen Handel nicht einlassen. Im Falle eines Nachgebens wird sich Milosevic erst recht als Held und Verteidiger Kosovos feiern lassen, der dem mächtigsten Militärbündnis der Welt die Stirne geboten hat wie einst der serbische Fürst Lazar in der Schlacht auf dem Amselfeld den heranstürmenden Osmanen. Dass Serbien zerstört ist und um Jahrzehnte zurückgeworfen wurde, stört Milosevic wenig. Seine Propagandisten werden auch weiterhin dafür sorgen, dass die Bevölkerung die westlichen Werte mit Bomben gleichsetzt. (...) Der dürstere Albtraum serbischer Regimegegner könnte schon bald Wirklichkeit werden: Kosovo ist verlorenm, Serbien ist zerstört und Milosevic ist noch immer an der Macht."
Cyrill Stieger in: NZZ, 22.5.99


"Die albanischen Kämpfer (UÇK) sollen die Dreckarbeit verrichten, während die Nato aus der Luft bombardiert. Eine bequeme Lösung für den Westen ein Bodenkrieg, ohne eigenes Blut zu vergiessen. Das klingt logisch und sieht auf dem Papier ganz einfach aus. Die Realität sieht etwas anders aus. Gestern musste die Nato zugeben, dass sie am Donnerstag eine Stellung der UÇK bombardiert hat."
Ulrich Ladurner in: SonntagsZeitung, 23.5.99

Nie wieder Auschwitz!

" 'Nie wieder Auschwitz.' Das ist ideologisch im übelsten Sinne des Wortes: die Rationalisierung eigener Mitschuld am Verbrechen durch 'moralische' Verklärung, die Vertugendung eigenen Verhaltens. Ob sich Auschwitz für solche Zwecke eignet, darüber werden Aussenminister Fischer und seine Kollegen früher oder später Rechenschaft ablegen müssen."
Moshe Zuckermann, Historiker in Tel Aviv, in der Weltwoche vom 29.4.99


"Es liegt auf der Hand, dass die gegenwärtigen Bombardierungen Serbiens nicht als Ersatz für die vergangenen Versäumnisse in Auschwitz dienen können. Denn anstatt das Morden zu stoppen, bewirken sie das Gegenteil."
Shraga Elam, Israelischer Forscher und freier Journalist in Zürich


"Die ethnische Säuberung ist juristisch gesehen kein Genozid, weil sie nicht auf die Zerstörung aller einzelnen Individuen eines Volkes oder einer Gruppe zielt. Die ethnische Säuberung operiert aber mit einer symbolischen Zerstörung. Männer im wehr- und zeugungsfähigen Alter lässt man verschwinden. Den Deportierten nimmt man die Papiere ab, Gemeindearchive mit standesamtlichen Dokumenten werden verbrannt."
Antoine Garapon, Gründer des Pariser "Institut des Hautes Etudes sur la Justice" und Präsident des Kosovo-Komitees, in: Basler-Zeitung, 30. April 1999.

UÇK

"Längst hat sich die UÇK zum unverzichtbaren Nato-Partner gemacht, liefert täglich militärische Hinweise an das Bündnis. In den Brüsseler Lageberichten ('Nato Confidential') machen die UÇK-Informationen das Gros aus. Diplomaten plädieren für Zurückhaltung. Sie sorgen sich, dass die UÇK nach Kriegsende die Macht völlig an sich reissen wird. Der Anfang ist gemacht: Die UÇK hat eine neue Regierung ausgerufen, als Ministerpräsident agiert jetzt Hashim Thaçi, der Führer der politischen Abteilung der UÇK. Auch die Ministerposten für Verteidigung, Finanzen, öffentliche Ordnung und Information hat die UÇK für sich beansprucht. Rugovas Partei hat sich dagegen ausgesprochen die LDK sei nicht gefragt worden."
Der Spiegel, 16/1999, Seite 202


"Dass es den UÇK-Rebellen inzwischen gleichwohl gelungen ist, die bisherige, gewaltfreie Politik des Präsidenten Ibrahim Rugova in die achtziger Jahre zurückzuschiessen und sich der Welt als neue Herren in Kosova zu präsentieren - das ist schon Tragödie genug. Den Westen hatte Rugova seit acht Jahren bekniet, seine gewaltfreie Politik zu unterstützen. Doch der Westen schien sich selbst dann nicht zu wundern, als die militanten Herren ohne jegliche Legitimation in Rambouillet mit am Verhandlungstisch sassen. Nun muß er die Geister wieder loswerden, die er rief."
Dietrich Willier, Journalist/Korrespondent, in: Tageszeitung taz, 17.4.1999


"In Kukes zeigt sich die UCK ganz offen, und zwar an der Seite der regulären albanischen Armee."
NZZ 7.4.99


"Wir sind die Bodentruppen der Nato. Noch halten wir uns zurück. Wir warten auf den Moment, bis die serbischen Truppen so weit geschwächt sind, dass sie ihre militärische Überlegenheit nicht mehr ausspielen können."
TA 10.4.99


"Sollte sich eines Tages gar, was gewisse Strategen im Westen offenbar hoffen, die Befreiungsarmee Kosovo gegen die durch die Luftangriffe geschwächten serbischen Truppen durchsetzen, dann müsste die Nato wohl erneut eingreifen; diesmal allerdings, um Massaker albanischer Extremisten an den Serben zu verhindern."
NZZ-Edito 10.4.99


"Die radikaleren Kräfte unter den Kosovo-Albanern haben die Macht übernommen. Armee und Regierung im Exil rüsten von Albanien aus für eine neue Offensive. In kleineren Gruppen sind Freiwillige aus Westeuropa Richtung Albanien unterwegs, um sich dem bewaffneten Kampf anzuschliessen. Auch das Heer der Zehntausenden Kosovo-Flüchtlinge in Albanien ist ein ideales Rekrutierungsfeld. Während die Hilfswerke die ankommenden Flüchtlinge zählen, zählen die Rebellenführer kampfbereite Männer."
Stephan Israel, in Berner Zeitung, 12.4.99


"Baton Haxhiu, der Chefredaktor von 'Koha Ditore', der wichtigsten kosovo-albanischen Tageszeitung, die seit wenigen Tagen im mazedonischen Exil wieder erscheint, beschreibt die gegenwärtige Lage der Kosovo-Albaner mit ungeschminkten Worten: 'Wir befinden uns im politischen, militärischen und moralischen Bankrott.' Der ökonomische Zusammenbruch ist mit der Plünderung und Zerstörung in Kosovo ohnehin offensichtlich, auch wenn es wenig Fernsehbilder davon gibt. Ein Kommentar in Haxhius Zeitung trug allerdings den verzweifelt zweckoptimistischen Titel: 'Dieser Krieg hat nur einen Sieger Kosovo'. Viele Kosovo-Albaner klammern sich an die Hoffnung, dass die Nato schliesslich doch noch eine Entscheidung zu ihren Gunsten erzwingen werde."
NZZ, 30.4.1999


Derzeit gibt es drei politische Gruppen, die die Führung im Kosovo übernehmen möchten: der gewählte Präsident Ibrahim Rugova und seine Demokratische Liga Kosova (LDK), die Exilregierung unter Premierminister Bujar Bukoshi und Ihre Exilregierung unter Hashin Thaci. Wie könnten Sie sich miteinander arrangieren? Eine Zusammenarbeit ist unmöglich. Rugova hat acht Jahre lang behauptet, er habe die Unabhängigkeit des Kosovo in der Tasche. Bukoshi sagte, er habe eine Armee. Nichts davon war wahr. Es ist ja wohl kein Zufall, daß sich die Vertreter der Kosovo-Albaner auf Thaci als Verhandlungsführer in Rambouillet geeinigt haben. Im übrigen haben Rugova und die LDK mittlerweile die Unterstützung des Volkes verloren. Durch das Treffen mit Miloevic und anderen Serben hat er uns verraten. Er ist auch keine Geisel der Serben, wie es in den Medien berichtet wurde.
Interview mit Mujä Rugova, Deutschland-Vertreter der UÇK-Exilregierung, in der Tageszeitung taz vom 3.5.99


"Unser Ziel ist klar: In Rambouillet haben wir ein Dokument unterzeichnet, das uns die Unabhängigkeit nicht verbürgt. Mit den Vertreibungen wurde das Abkommen von Rambouillet hinfällig. Wir wollen ein freies, unabhängiges Kosova, das sich als moderner, demokratischer Staat in ein friedliches Europa einfügen kann."
Jakub Krasniqi, Sprecher der UÇK, in der Tageszeitung taz vom 5.5.99


"Wenn die Stunde der Bilanz kommt, werden die BellizistInnen von links die Kosten vom 'humanitären' Standpunkt aus dann ehrlich auflisten wollen?"
Prof. Jean Brichmont in: WoZ vom 6.5.99


"Es ist nicht ein Krieg, es sind zwei. Es ist ein grausamer Bürgerkrieg mit einer langen Vorgeschichte in einer vom Hass paralysierten europäischen Region, und es ist ein cooler, aus der Luft geführter Hightech-Krieg, der mit dem primitiven Bürgerkrieg am Boden nur insofern zu tun hat, als er der Nato Vorwand und Legitimation liefern soll.
Günter Amendt in: WoZ, 6.5.99


"Rugova war schon immer ein Präsident ohne Land; nun hat er auch noch einen grossen Teil seines Volkes verloren und das im wörtlichsten Sinn. Was immer Rugova in der nächsten Zeit zur Beendigung des Krieges zu tun gedenkt, die radikalen Kosovo-Albaner werden ihn als 'Verräter' und als 'Marionette Belgrads' brandmarken. Anders als Rugova waren sie bereit, viele Tote und grosse Zerstörung in Kauf zu nehmen, um die serbische Herrschaft abzuschütteln. Heute sind sie ihrem Ziel um vieles näher, als Rugova es je war."
NZZ, 7.5.99


"Solange das 'kriminelle Regime' des jugoslawischen Präsidenten Milosevic an der Macht ist, wird die UÇK keine Entwaffnung akzeptieren."
UÇK-Sprecher Jakub Krasniqi, zitiert in der NZZ vom 8.5.99


"Heute ist unbestreitbar, dass Rambouillet offenbar nur als Vorspiel zur Nato-Bombardierung diente. (...) Clinton fühlte sich bemüssigt zu erklären, dass die Nato nicht gegen das serbische Volk sondern gegen Milosevic Krieg führe. Tatsächlich aber war kein Duell zwischen Milosevic und Clinton im Gange. Beide waren nicht in Gefahr, den Bomben und Raketenangriffen ausgesetzt zu sein. Wie immer traf auch dieser Krieg von der ersten Minute an die Zivilbevölkerung. (...) Nato-Bomben sind keine Bomben sui generis, sie wirken nicht anders als andere Bomben. Trotzdem begrüssen die meisten Medien den Krieg als wäre er nicht ein Verbrechen sondern so etwas wie eine ultima ratio. Die gängigen Medien in Westeuropa und den USA sind geradezu zur kriegsführenden Nato-Partei geworden. (...) Die 'humanitäre Intervention' ist jedoch nur eine Erfindung der Zweckpropaganda und kein Institut des geltenden Völkerrechts."
Prof. Dr. Bernhard Graefrath in: Pax Christi-Report Mai 1999


 

30. Mai 1999/uh,
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