Die Demaskierung der bürgerlichen Solidaritäts-Floskeln

Der Ukraine-Krieg führte dazu, dass in vielen Ländern darüber diskutiert wird, wie der Ukraine geholfen werden kann – so auch in der Schweiz. Dabei wurde sichtbar, wer es wirklich ernst meint mit Begriffen wie «Solidarität» und wer den Krieg nutzt, um Interessenpolitik zu betreiben.

Dass sich die SVP nicht zu schade ist, selbst den Ukraine-Konflikt zu instrumentalisieren, um gegen Menschen zu hetzen, die keinen Schweizer-Pass haben, dürfte nicht überraschen. Sie sieht vor allem die Schweizer-Steuerzahler*innen durch diesen Krieg bedroht. Immerhin darf man der SVP zugutehalten, dass sie den Begriff «Solidarität» gar nicht erst verwendet – immerhin ehrlich.

Anders sieht es bei den Freisinnigen aus. Thierry Burkart zeigt sich, was die Verwendung des Begriffs «Solidarität» betrifft, sehr aktiv und angriffslustig. So forderte er, dass «die Linken ihre gepredigte Solidarität ernst nehmen sollen, danach handeln müssen. Im Moment bedeutet europäische Solidarität eben militärische Solidarität». Es kann nicht wegdiskutiert werden, dass es auf die Frage, ob Waffenlieferungen an die Ukraine richtig sind oder nicht, keine einfache Antwort gibt. Wesentlich einfacher ist aber die Beantwortung der Frage, ob zivile Hilfe für die Ukraine richtig ist oder nicht. Es gibt weder neutralitätspolitisch noch, was die positive Wirkung von ziviler Hilfe an die Ukraine betrifft, Vorbehalte. Somit liegt es auf der Hand, dass die Schweiz ihre Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung wirkungsvoll dadurch leben kann, wenn sie mehr Flüchtende aufnimmt, Oligarchen-Gelder einzieht und Hilfsprogramme finanziert. 

Solidarisch mit sich selbst

Und genau, wenn es um solche Punkte geht, kommt es zur totalen Demaskierung jener bürgerlichen Politiker, die der Linken mangelnde Solidarität vorwerfen. So wurde eine Motion der Aussenpolitischen Kommission, die ein Hilfspaket für die Ukraine von fünf Milliarden Franken forderte, von rechter Seite abgelehnt. Ebenfalls abgelehnt wurde die Schaffung einer Oligarchen-Taskforce, die das Ziel gehabt hätte, russische und belarussische Oligarchengelder aufzuspüren. Ein exemplarisches Beispiel, was Teile der Rechten unter der gegen aussen kommunizierten Solidarität wirklich verstehen, liefert die FDP gleich selbst. In einem Video zieht Thierry Burkhart unter dem Titel «ein Jahr Krieg in der Ukraine» Bilanz. Neben viel Lob für die Leistungen von Karin Keller-Sutter und Ignazio Cassis werden im Video martialische Bilder von Panzern, Explosionen und Gefechtssituationen gezeigt. Allerdings nicht etwa solche aus der Ukraine, sondern solche von Schweizer Armeeangehörigen in der Ausbildung. Burkhart fordert, dass die Schweiz ihre Hausaufgaben für die Verteidigungsfähigkeit mache. Sein Solidaritätsbegriff gilt somit mehr der Schweizer Armee und der Rüstungsindustrie. Vielsagend schliesst das Video dann auch nicht mit dem Fokus auf die Ukraine, sondern mit dem aufschlussreichen Satz «Wir machen die Schweiz stark». 

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