«Schusswaffen sind dort gefährlich, wo sie sich befinden – das ist in der Regel zuhause»: Obwohl diese Erkenntnis nicht mehr die Neueste ist, bleibt sie aktuell. Dies zeigt unter anderem das Referendum gegen die Umsetzung der EU-Waffenrichtlinien.
Im September 2018 entschied sich das Parlament für eine Revision des Waffenrechtes. Mit der neuen Gesetzgebung bewegt sich die Schweiz nun im Rahmen des Schengen Abkommens und erhält sogar eigens zugeschnittene Ausnahmen. So darf die Armeewaffe einzig mit einem Waffenerwerbsschein am Ende der Dienstzeit weiterhin behalten werden. Eine Ausnahmebewilligung braucht neu, wer ein Magazin mit über 20 Schuss oder eine Armeewaffe kaufen will. Über die Verkäufe von Magazinen wird aber nicht Buch geführt werden. Mit der Revision soll auch eine Markierungspflichtfür wichtige Waffenteile (Verschluss, Verschlussgehäuse und Lauf) eingeführt werden. Diese Massnahme ermöglicht mit einem geringen Mehraufwand die Zurückverfolgung der Waffenbestandteile.
Medien und nationale Stellen, wie beispielsweise das fedpol, sind sich einig: «Bundesrat und Parlament haben die EU-Waffenrichtlinie pragmatisch und unbürokratisch umgesetzt und sind den Schützen und den Kantonen entgegengekommen.» Trotzdem ergriffen die Schützenverbände unter dem Namen Interessengemeinschaft Schiessen Schweiz das Referendum und wir werden nun gezwungen sein, über die Übernahme der Waffenrichtlinie abzustimmen.
Ordonnanzwaffe als Gefahr
Die Revision des Waffenrechts ist ein dringend nötiger Schritt in die richtige Richtung. Dies zeigt das aktuelle Informationsblatt «Häusliche Gewalt und Tatmittel Schusswaffe» des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG). Noch immer besitzen in der Schweiz überdurchschnittlich viele Privathaushalte Schusswaffen: Vor wenigen Jahren schätzte das EJPD, dass um die zwei Millionen Schusswaffen in Schweizer Haushalten gehortet werden. Davon sind rund 900’000 ehemalige und rund 260’000 aktuelle Armeewaffen. Berücksichtigt man die militärischen Schusswaffen nicht, sondern nur die Privatwaffen, so liegt die Schweiz im europäischen Vergleich im Durchschnitt. Zwar ging die Übernahme der Armeewaffe beim Ende der Dienstpflicht nach den Gesetzesänderungen von 2004 (Reduktion des maximalen Dienstalters) und von 2010 (Waffenerwerbsscheinpflicht nach Ende der Dienstpflicht) deutlich zurück. Dennoch sind immer noch mehr als die Hälfte aller Waffen in Privathaushalten Armeewaffen.
Weniger Schusswaffen – weniger Tote
Laut Zahlen des Bundesamts für Statistik war zwischen 2009 bis 2016 bei gut einem Drittel der vollendeten Tötungsdelikte in der Schweiz eine Schusswaffe verwendet worden. Die Verletzungen durch Schusswaffen gerade im häuslichen Bereich sind in den meisten Fällen viel fataler als die Verletzungen durch andere Gegenstände. Hinzu kommt, dass in neun von zehn Fällen von Mehrfachtötungen mit anschliessendem Suizid eine Schusswaffe eingesetzt wird. Mit einem anderen Tatmittel wären solche Verbrechen technisch und psychisch viel schwieriger zu vollbringen.
Eine Verschärfung des Waffenrechts wäre also nicht nur sinnvoll, sondern absolut notwendig. Langzeitstudien aus Österreich, Kanada und Australien belegen, dass nach einer Verschärfung des Waffengesetzes die Tötungen durch Schusswaffen abnahmen. Aber auch die Ausführung des Bundesamts für Statistik unterstreichen die Dringlichkeit: Eine Reduktion von 22% der vollendeten Tötungsdelikte im häuslichen Bereich im Zeitraum zwischen 2009 und 2016 verglichen mit jenem zwischen 2000 und 2004, könnte in einem direkten Zusammenhang mit der verringerten Anzahl Armeewaffen in Schweizer Haushalten stehen.