Gruppe für eine Schweiz ohne Armee

Stop der Geiselhaft für das irakische Volk!

 

Stefan Luzi, Sekretär Gruppe für eine Schweiz ohne Armee GSoA, Anlässlich der Pressekonferenz zur Demonstration vom 6. November 2002

Wir erinnern uns: Als die damalige Botschafterin der USA zu den Vereinten Nationen, Madame Albright, im Jahre 1997 öffentlich erklärte, die 600'000 Kinder unter 5 Jahren, die im Irak aufgrund der internationalen Sanktionen gegen das Land gestorben waren, seien «ein Preis, der es wert sei», ging ein Aufschrei der Empörung durch die westliche Welt. Fünf Jahre später sind die Sanktionen gegen Irak noch immer in Kraft. Mit furchtbaren Folgen: Der frühere UN-Koordinator für humanitäre Hilfe im Irak, Denis Halliday, geht allein in den Jahren 1990-1998 von über einer Million Todesopfern aus, die direkt aufgrund der Sanktionen gestorben sind. Jeden Monat sterben im Irak durchschnittlich 5000-6000 Kinder an Unterernährung, verseuchtem Wasser und fehlenden Medikamenten. Die Arbeitslosigkeit ist bei über 60 Prozent, die ehemalige irakische Mittelklasse ist verschwunden. Dazu ist, wie Kofi Annan in einem Bericht an den UN-Sicherheitsrat berichtete, der Zugang zu sicherem Trinkwasser im Irak als Folge der Sanktionen und Bombardierungen fast nirgends mehr gesichert. Auch das Programm «Öl für Nahrung», welches 1996 von den Vereinten Nationen in Kraft gesetzt wurde, brachte keine Linderung der Situation - im Gegenteil: Obwohl der Irak mittlerweile Öl im Wert von über 50 Milliarden Dollar exportiert hat, sind bislang nur Güter im Wert von 21 Milliarden Dollar im Land angekommen. Und jährlich wird die Lieferung von wichtigen humanitären Hilfslieferungen durch Washington oder London blockiert.

Diese Fakten führen Hans von Sponeck, den im Jahre 2000 aus Protest von seinem Posten als Koordinator des humanitären UN-Hilfsprogramms für den Irak zurückgetretenen Experten zu folgendem Schluss: «Es ist klar, dass dem Bagdader Regime eine gehörige Portion Schuld an der Tragöde zukommt. Aber nach neun Jahren Sanktionen ist die Gewichtsverteilung zu Lasten der Sanktionen unverkennbar. Die Sanktionen verletzten die UN-Menschenrechtskonvention und die Genfer und Haager Konvention». Die unbequeme Wahrheit sei, so von Sponeck weiter, «dass der Westen das irakische Volk als Geisel hält, um dessen Führer zur Erfüllung ständig wechselnder Forderungen zu zwingen».

Das irakische Volk soll, geht es nach dem Willen der US-Regierung und ihrer Verbündeten, auch in Zukunft als Geisel zur Durchsetzung von Interessen dienen. Für ihren Angriffskrieg gegen Irak werden zivile Opfer darum bedenkenlos einkalkuliert - im Wissen, dass sich die bereits heute katastrophale humanitäre Lage in Irak im Falle eines Krieges weiter verschlimmern wird. Die wechselnden Kriegsgründe, welche US-Präsident George Bush in den letzten Wochen für einen Angriff gegen Irak vorbrachte - so scheute er sich nicht einmal, Saddam Hussein auch indirekt für das Attentat in Bali verantwortlich zu machen - machen klar, dass die zivilen Opfer im Irak auf irgendeine Weise auch diesmal den «Preis wert» sein werden. Mit skrupellosen politischen Praktiken und schreiender Desinformation sollen geostrategische und wirtschaftliche Interessen durchgesetzt werden - auch wenn damit die Existenz des irakischen Volkes geopfert wird. Obwohl keine Beweise vorhanden sind, wird der Irak des Besitzes von Massenvernichtungswaffen und der Unterstützung des Terrorismus beschuldigt - von einem Land, welches im Golfkrieg gezielt zivile Infrastruktur bombardierte, um die irakische Bevölkerung zu demoralisieren. Anlass, um mit Arundhaty Roy zu fragen: «Wer predigt hier Frieden und führt gleichzeitig Krieg?». Mit der Drohung, selber auf die Abschussliste der Schurkenstaaten zu kommen, werden die umliegenden Länder Iran und Syrien und weitere Teile der arabischen Welt mundtot gemacht, eine Eskalation des Konfliktes in Palästina wird ebenfalls in Kauf genommen. Die Bedürfnisse der Bevölkerung im Irak interessieren in Washington sowieso nicht - sonst wären die Sanktionen gegen Irak schon lange aufgehoben worden.

Dieser arroganten und menschenverachtenden Politik wollen wir nicht tatenlos zuschauen. Wir wehren uns darum, zusammen mit unzähligen Friedensgruppen, Menschenrechtsbewegungen und Einzelpersonen in allen Ländern dieser Welt, gegen diesen Krieg und fordern die sofortige Aufhebung der Sanktionen gegen die irakische Zivilbevölkerung. Das irakische Volk muss aus der Geiselhaft für westliche Interessen entlassen werden.

© Gruppe für eine Schweiz ohne Armee, 10.03.2006, Webdesign dbu