Gruppe für eine Schweiz ohne Armee

Antikriegsdemo - «Die Gründe für die Wut»

 
-> Texte original en français

Rede von Daniel Bolomey, Generalsekretär von Amnesty International, Schweizer Sektion

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Mitkämper und Mitkämpferinnen für die Menschenrechte und
liebe Verteidger und VerteidgerInnen des Friedens

Beim Gedanken an die unschuldigen Opfer eines Konfliktes, der ihnen ausserhalb des geltenden Rechts aufgezwungen worden ist, reagieren wir betroffen und mit Trauer. Heute aber, angesichts der massiven Angriffe gegen den Irak, die dessen Bevölkerung grösster Gefahr aussetzen, hat die Wut die Oberhand gewonnen. Ich möchte die «Gründe dieser Wut» mit euch teilen.

Wir sind wütend über das Vorgehen der USA und einiger ihrer «willigen» Verbündeten, die vorgeben, sie könnten das Leiden des irakischen Volkes durch unbezifferbares neues Leiden, durch Bombenteppiche und durch massive Zerstörung beenden. Nach Angaben der Groupe de Recherche et d'Information sur la Paix in Brüssel ist zu befürchten, dass 48'000 bis 261'000 Menschen innerhalb der nächsten sechs Monate sterben müssen. Gemäss OMS werden nicht weniger als 500'000 Personen notfallmässig medizinisch behandelt werden müssen. Das UNHCR rechnet damit, dass mehr als 600'000 Personen in den ersten Wochen des Krieges vertrieben werden. Sollte der Krieg sich länger hinziehen, werden Millionen von Menschen zur Flucht gezwungen werden und in Flüchtlingslagern Schutz suchen.

Wir sind wütend über die zur Schau gestellte Rücksichtslosigkeit gegenüber dem internationalen Recht, auf dem die Regeln der Beziehungen zwischen den Staaten ebenso basieren wie die Normen zum Schutz der Zivilbevölkerung im Kriegsfall und die vollständige Sammlung der Abkommen zum Schutz der Menschenrechte. Woher nehmen die USA das Recht, nur weil sie über die militärische Hegemonie verfügen, diese Regeln mit Füssen zu treten? Woher nehmen sie das Recht, die grossartige Idee des internationalen Strafgerichtshofes zurückzuweisen, der die Verantwortlichen von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Verantwortung ziehen soll? Woher nehmen sie das Recht, Gefangene als völlig rechtlos zu behandeln, wie sie es in Guantanamo tun?

Wir sind wütend und weisen das Konzept der zunehmenden Selbstverständlichkeit der extralegalen Hinrichtungen mit aller Kraft zurück. Wer als Terrorist oder Diktator bezeichnet wird, dem wird immer häufiger das Recht auf einen fairen Prozess und auf Verteidigung verwehrt und er wird ausserhalb jeder Legalität zum Abschuss freigegeben.

Wir sind wütend auf all diejenigen, die sich - aus opportunistischen Gründen und kurzsichtigen Interessen - in der «Koalition der Willigen» hinter die Position der US-Regierung stellen. Sie nehmen keine Rücksicht auf die öffentliche Meinung, die klar zeigt, auf welcher Seite sich die Mehrheit der Weltbevölkerung befindet, auf der Seite des Rechts und des Friedens. Es ist überwältigend zu sehen wie Jugendliche, SchülerInnen, GymnasiastInnen und StudentInnen die Initiative für den Protest gegen den Krieg ergriffen haben - auf der Basis von Spontaneität, Pazifismus und Solidarität.

Unsere Wut richtet sich auch gegen die Ausflüchte der Schweizer Regierung, die nicht fähig ist, eine klare Position einzunehmen: Sie bringt es fertig, gleichzeitig einerseits ihre grosse Betroffenheit über den Krieg auszudrücken und andererseits die Waffenexporte an den wichtigsten Kriegsteilnehmer fortzusetzen. Wenn unsere Waffengeschäfte mit den USA wirklich so unbdeutend sind, warum tut dann der Bundesrat so, als ob ein Unterbruch des Waffenhandels unsere Wirtschaft bedrohen könnte?

Aber unser Wut ist schön; sie ist konstruktiv, sie ist positiv, sie ist pazifistisch, sie trägt in sich die Basis für eine bessere Welt. Sie weckt Vertrauen in Verantwortungsbewusstsein und politische Reife, sie trägt Früchte. Macht und Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Recht dagegen erzeugen nur Rachsucht, Hass und Destruktivität.

Unsere Wut und unser Protest richten sich gegen die Verantwortlichen für die Rechtlosigkeit, gegen diejenigen, die sich rüchsichtslos über Recht und Justiz hinwegsetzen. Sie richten sich aber auf keinen Fall gegen die Millionen von US-AmerikanerInnen und BritInnen, die heute die Empörung darüber mit uns teilen, dass ihre eigenen Regierungen keine Rücksicht auf die Opposition gegen den Krieg in ihren Ländern nehmen.

Was offerieren die Angreifer den IrakerInnen heute vor Ort?

Millionen von Stimmen schreien heute auf der ganzen Welt ihre Wut und ihren Unwillen heraus. Sorgen wir dafür, dass diese Stimmen nicht verstummen und dass die Protestbewegung weiter wächst.

Menschenrechte statt Bomben!

Ich danke Ihnen.


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© Gruppe für eine Schweiz ohne Armee, 10.03.2006, Webdesign dbu