Endlich gibt’s auch ein Buch über Louise – dank Annemarie Sancar.
Ein gutes Jahrzehnt nach dem „Reporter“-Film über die damals 83-jährige Friedensaktivistin Louise Schneider ist nun auch ein Buch über das bekannteste GSoA-Mitglied erschienen. Während das Portrait der Fernsehredaktorin Kathrin Winzenried auf Louises Rolle im Abstimmungskampf gegen die Gripenbeschaffung fokussierte, geht es bei der Biographie der Sozialanthropologin Annemarie Sancar um das ganze Leben.
Arbeiterkind im Bauerndorf
Zuerst stellt Sancar das Aufwachsen der aufgeweckten Tochter eines sozialistischen Arbeiters und Gewerkschafters im Berner Bauerndorf Bamberg vor. Louise Rüedi wurde 1931 in eine Welt von Wirtschaftskrise und politischer Polarisierung geboren. Krieg und Aktivdienst gaben ihr zu denken. Besonders auffallend im Kapitel über die Kindheit ist die Rolle der Dorfschule als Ort der Integration und Förderung, die die Klassenunterschiede relativierte. Sie holten die Klassenbeste wieder ein, als ihr der Pfarrer erklärte, „für diese Gattung Leute“ sei das Gymnasium „nicht möglich“. Louise zog daraus die Schlussfolgerung, „dass ich ab jetzt mein Leben selbst bestimme“.
Den Übergang in das Erwachsenenalter bildeten ein Welschlandaufenthalt auf einem Bauernhof und eine Lehre bei einem Gemeindeschreiber, der sie stark forderte, aber gleichzeitig ernst nahm. Ihr erstes sozial-politisches Engagement galt Kindern alkoholabhängiger Eltern. Im Rahmen des „Blauen Kreuzes“ lernte sie Paul Schneider kennen, mit dem sie 3 Kinder hatte. Nach der Einführung des Frauenstimmrechts 1959 begann das politische Engagement in der SP und nach dem Schuleintritt der Jüngsten stieg sie im Inselspital wieder ins Berufsleben ein. Über italienische Patient*innen lernte sie die Diskriminierung der Eingewanderten kennen. Gleichzeitig wohnte sie mit ihrer Familie ab den 1970er Jahren in Köniz, der Gemeinde von Valentin Oehen, Kopf der Nationalen Aktion.
Ihr Kampf gegen die Fremdenfeindlichkeit und ab den 80er Jahren für die bewegten Jugendlichen in Bern führte zum Bruch mit der SP. Dafür engagierte sich Louise stärker bei den pazifistisch geprägten Religiösen Sozialist:innen und als Katechetin in der Kirche. Dieser Hintergrund war kein Hindernis zum Mitmachen bei der GSoA. Unter Hinweis auf die Befreiungstheologie schreibt Sancar: „Für Louise war das sicher von Vorteil, mit der GSoA eine Organisation zu haben, die gegenüber der Religion nicht fremdete und die es verstand, wichtige Botschaften aus religiösen Quellen für die Friedensarbeit zu nutzen.“ Der 2003 von Kirchenvertreter:innen und GSoA neu lancierte Berner Ostermarsch fand in Louise Schneider die pazifistisch-religiöse Verkörperung.
Das Buch, das die weltberühmt gewordene Sprayaktion vor der Nationalbank auf dem Bundesplatz beschreibt, geht auch auf die Schwierigkeiten von Louise ein, trotz der durch Corona beschleunigten Digitalisierung der GSoA und trotz körperlicher Beschwerden mitzuhalten. Ihre Sorge, dass angesichts elektronischer Versände die Strassenpräsenz und Basisarbeit vernachlässigt werden könnte, wird in der GSoA ernst genommen.
Bestellen bei annemarie.sancar@bluewin.ch (wird mit Rechnung verschickt). Mindestpreis inkl. Versand: CHF 20.00 (Unterstützungsbeitrag ist willkommen.) Selbstverlag Books on Demand BoD
Der am Tag der Gripen-Bodigung erstmals ausgestrahlte Film ist einsehbar auf: https://medien.srf.ch/-/-reporter-louise-83-friedensaktivistin-eine-rentnerin-kampft-gegen-den-gripen