Krieg und Klimakatstrophe. Zwei lebensbedrohliche Ereignisse. Zwei untaugliche Herangehensweisen.
Im Februar 2022 hat Putin die Ukraine überfallen. Die Folgen sind bekannt: Tausende Menschen sind gestorben. Städte wurden zerstört. Die geopolitischen Spannungen haben massiv zugenommen und der Krieg geht in unverminderter Härte weiter. Putins Angriff hat dazu geführt, dass es in Bezug auf Investitionen in die Rüstung weltweit einen klaren Trend gibt – und dieser zeigt steil nach oben. Pro Jahr werden aktuell mehr als 2 Billionen Dollar – also weit über 2’000 Milliarden – in Rüstungsgüter investiert. Die jährlichen Wachstumsraten sind im zweistelligen Bereich. Die Antwort der Staaten kann somit wie folgt zusammengefasst werden: Auf die kriegerische Bedrohung gilt es sehr schnell und sehr massiv zu antworten – und zwar mit Investitionen in Rüstungsgüter.
Die zweite Katastrophe, die sich zeitgleich vor unseren Augen abspielt, ist nicht «über Nacht» in unser Bewusstsein getreten, sondern schleichend über die letzten Jahrzehnte: Die Klimakatastrophe. Hitzewellen, Dürren, Wirbelstürme, Überschwemmungen und Flächenbrände sind längst keine Ausnahmen mehr. Menschen verlieren ihre Lebens- und Existenzgrundlagen, Menschen flüchten, Menschen sterben. Wenn wir uns vor Augen führen, wie die Menschheit oder zumindest in den Machtzentren auf die Klimakatastrophe reagiert wird, dann ist folgendes festzustellen: Die Reaktion auf die «Klimakatastrophe» fällt komplett gegensätzlich zur «Kriegskatastrophe» aus. Wenn es darum geht, griffige Massnahmen gegen die «Klimakatastrophe» umzusetzen wird laviert, gezögert, ignoriert und sabotiert – selten genug wird investiert – meist in sehr bescheidenem Umfang. Die Industriestaaten haben angedeutet, dass sie 100 Milliarden Dollar jährlich für den Klimaschutz der ärmsten Staaten sprechen wollen. Im Vergleich zu den 2’000 Milliarden, die jährlich in Aufrüstung investiert werden, sind die 100 Milliarden eine «Peinlichkeit».
Rüstung ja – Klimaschutz nein
Auch wenn kriegerische Ereignisse nicht eins zu eins mit der Klimakatastrophe verglichen werden können, ist es doch sehr erstaunlich, wie gegensätzlich auf die Ereignisse reagiert wird. Parallelen zwischen den beiden Katastrophen gibt es nämlich durchaus: Sowohl kriegerische Auseinandersetzungen wie auch die Klimakatastrophe bedrohen Menschen in ihrer Existenz und beide Ereignisse sind «menschgemacht». Ein wesentlicher Unterschied liegt in der Art und Weise, wie man glaubt, die Katastrophen bekämpfen zu können. Auf Krieg lautet die Antwort meist noch mehr Krieg und noch mehr Krieg, heisst noch mehr Rüstung. Die Rüstungsindustrie freuts. Bei der Klimakatastrophe wandelt man im Schlafwagentempo von Konferenz zu Konferenz. Dabei kann die ehrliche Antwort nur «Verzicht» heissen. Verzicht auf fossile Energieträger und radikale Umstellung unserer «immer-mehr-Lebensweise» auf ein System, dass nicht den Menschen als Konsumwesen ins Zentrum stellt, sondern generell das Lebewesen mit seinem Existenzrecht. Nichts zu tun bei der Klimakatastrophe heisst «stilles töten».
Und wie sieht es aus in der Schweiz: Genau gleich. Mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine und dem Gaza-Krieg sind bei den Militärenthusiasten und der Rüstungslobby sämtliche Schranken gefallen. Bis 2035 soll der Militäretat von heute 5.5 Milliarden auf 10.5 Milliarden steigen – pro Jahr. Zudem sollen Exportbedingungen für Schweizer Rüstungsgüter massiv gelockert werden. Es gibt bürgerliche Politiker*innen, die alles dafür tun, um bei Investitionen für den Klimaschutz auf die Bremse zu treten. Sie haben damals tatkräftig mitgeholfen, dass im Jahr 2021 das CO2-Gesetz abgelehnt wurde. Als schützenswert betrachten sie «nur» die Schweizer Rüstungsindustrie und unseren Wohlstand. An der Tatsache, dass beinahe drei Erden notwendig wären, wenn alle wie die Schweizer Bevölkerung leben würden, scheint man sich nicht zu stören. Die bewaffnete Party auf dem Luxusdampfer soll weitergehen – auch wenn dieser längst im Sinken begriffen ist.