10 Jahre Aufhebung der Wehrpflicht

Am 22. September 2013 stimmte die Stimmbevölkerung über unsere Initiative zur Abschaffung der Wehrpflicht ab. Eine Einordnung.

“Die Initiative zur Aufhebung der Wehrpflicht ist an der Urne klar gescheitert. Die GSoA hat es nicht geschafft, das Schweizer Stimmvolk zu überzeugen, dass der sinnlose Zwang zum Militärdienst für Männer der Vergangenheit angehören muss. ” So klingt es in der Stellungnahme der GSoA nach der Abstimmung im Jahre 2013. So spricht eine Verliererin. Es war keine einfache Situation, in die man sich damals begeben hatte. Nachdem 2005 an einer Tagung der GSoA und anderen Friedensorganisationen die Idee einer Aufhebung der Wehrpflicht erstmals ernsthaft diskutiert wurde, fiel der Entscheid für eine Lancierung knapp fünf Jahre später. Das letzte stehende Tabu der Schweizer Armee sollte angegriffen werden: Die Dienstpflicht. Viele Gründe sprechen dafür, festgehalten beispielsweise in einem damaligen GSoA-Communiqué: «Viele Männer würden sich lieber um ihre Kinder kümmern oder ihre Ausbildung abschliessen, anstatt ins Militär zu gehen und Krieg zu spielen.» Die Alternative, der Zivildienst, wurde zudem schon damals möglichst unattraktiv gemacht. Ohne an der grundsätzlichen Existenz der Armee zu rütteln, bot sich die Gelegenheit, die letzte heilige Kuh zu schlachten. Eine solche war die Wehrpflicht durchaus. International allein auf weiter Flur hätte die Schweiz hier nachziehen und ihr Dienstmodell überdenken können.

Berufsarmee als Alternative?

So wichtig und richtig die Forderung auch war, konnten zwei Punkte nie gänzlich aus dem Weg geräumt werden. Einerseits fruchtete das Argument der Gegner*innen einer “Armeeabschaffung in Raten” durchaus. Nur schlecht konnte die GSoA, welche die Armeeabschaffung im Namen trägt, leugnen, dass es sich nicht eben doch irgendwie um einen Versuch der Abschaffung handelte. Andererseits blieb bis am Schluss die Frage des “Danachs” ungeklärt. Der Initiativtext sah lediglich vor, einen freiwilligen Dienst anzubieten, gab aber keine konkrete Antwort auf die Frage, ob Berufsarmee oder freiwillige Milizarmee die bessere Alternative wäre. Zwar hielt die GSoA in ihrem Argumentarium fest, dass eine Berufsarmee abzulehnen wäre. Doch so richtig mochte es wohl doch niemand glauben, dass eine freiwillige Milizarmee das Ziel der GSoA war. Die GSoA versuchte, die Frage folgendermassen zu umschiffen, wie an der erwähnten Tagung 2005 festgehalten: “Die GSoA betonte, dass es nicht Aufgabe der friedenspolitischen Linken sei, der Armee nach einer Abschaffung der Wehrpflicht zu einer Zukunft zu verhelfen und machte klar, dass für sie als Nachfolgerin der Wehrpflicht weder eine Berufsarmee noch eine freiwillige Miliz eine valable Option sei.” Also eben doch: Armeeabschaffung in Raten. So legitim es auch ist, so schwer war es zu verkaufen.

Bürgerliche beim Zivildienst scheinheilig

Im Abstimmungskampf mauserten sich gewisse Bürgerliche regelrecht zu Verfechtern des Zivildienstes. Schliesslich wäre dieser in der derzeitigen Form ebenfalls der Aufhebung der Wehrpflicht zum Opfer gefallen. Dass der Zivildienst normalerweise ein Feindbild bürgerlicher Politiker*innen ist, wurde weitläufig unterschlagen. In der GSoA-Stellungnahme nach der Abstimmung wurde demnach festgehalten: “Wir werden diese PolitikerInnen auf ihre Aussagen behaften, so dass sie den Zivildienst in Zukunft nicht noch zusätzlich unattraktiver ausgestalten.” Die Hoffnung, der Zivildienst käme gestärkt aus dieser Debatte, hielt nicht allzu lange. In den vergangenen Jahren war der Zivildienst immer neuen Angriffen der Bürgerlichen ausgesetzt. Auf 2024 werden diverse Modelle geprüft, die allesamt eine markante Verschlechterung bedeuten würden. 

Pünktlich auf das 10 Jahre-Jubiläum der Abstimmung steht möglicherweise eine weitere Debatte zur Dienst- und Wehrpflicht an. Die Argumentation bleibt aber sowohl im Kontext der Überprüfung der Dienstmodelle wie bei der Initiative für einen Bürger*innendienst (“Service Citoyen”) ähnlich: Zwangsdienst jeglicher Art ist noch immer abzulehnen. 

Ein Trostpflaster blieb damals: Die Gegnerschaft hatte damals aus Furcht vor einem Ja so viel Geld investiert, dass sie beim Gripenreferendum im Folgejahr deutlich weniger in die Kampagne stecken konnten. Diese Abstimmung haben wir gewonnen und das tröstet bis heute über die Niederlage der Wehrpflicht-Initiative hinweg.

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