Armee bestätigt jegliche Vorurteile

Anfangs November hat das Amt für Militär und Zivilschutz des Kantons St. Gallen eine Webseite aufgeschaltet, die sich «Frauen Team-Armee» nennt. Das Ziel der Webseite wäre es gewesen, mehr Frauen1 für den Militärdienst zu gewinnen. Dieser Schuss ging nach hinten los.

Wir beginnen mit den Funktionen, die für Frauen im Militär vorgesehen wären. Das An-gebot reicht von der «Helferin», «Unterstützerin» und «Technikerin» bis zur «Kämpferin» (man beachte die Reihenfolge der Auflistung). Die «Helferin» sticht durch Empathie und Menschlichkeit hervor, die «Unterstützerin» sorgt für einen koordinierten Ablauf in der Küche und im Büro und will «hinter den Kulissen stehen». «Technikerinnen» sind an «Fach-wissen interessiert» und «Kämpferinnen» bilden dann das Restgrüppchen, das sich für den «klassischen» – männlichen – militärischen Aufgabenbereich voller Action begeistert. 

Die Klassifizierung in diese vier Kategorien lassen mir die Haare zu Berge stehen. Zwei der vier Optionen sind Posten, in denen zugedient und unterstützt, fleissige und zuverlässige Hintergrundarbeit geleistet und der Kopf tief gehalten wird. Eigentlich überrascht mich dieses sexistische und patriarchale Weltbild seitens der Armee nicht, ich hätte nur im Rahmen einer «Frauen-Offensive» mehr Sensibilität erwartet. Wenn Frauen ins Militär gelockt werden sollen, dann ist der Lockvogel, noch mehr unerkannte Care-Arbeit zusätzlich zum privaten Alltag zu erledigen, bestimmt nicht der richtige. Aber es kommt noch besser. Abgesehen davon, dass eine Webseite mit diesem Zweck zusammen mit den kantonalen Gleichstellungsbeauftragten erarbeitet werden sollte, hätte man sie zumindest mehreren weiblich gelesenen Personen zeigen können, bevor sie aufgeschaltet wurde. Dann hätte das ebenfalls enthaltene, desaströse FAQ eventuell zu einigem Stirnrunzeln und schlussendlich einer grösseren Überarbeitung geführt. Äusserst liebevoll wurden einige Fragen aufgelistet, die in den Augen der Autor(*innen) am häufigsten auftauchen könnten. Heiss diskutiert wird könnte zum Beispiel, ob genügend Zeit für Körperpflege wie Haare waschen bliebe. Oder aber ob der Militärdienst mit langen Haaren, gemachten Finger nägeln oder starkem Make-Up angetreten werden darf. Die Militärs machen klar: Ein aufwändiges Stylen müsse auf das Wochenende warten. Was jedoch alles trumpft ist die Antwort darauf, ob man als Frau von den männlichen Kameraden «akzeptiert» werde: «Bleibe eine Frau, um bestehen zu können! Versuche nicht, die Männer zu kopieren oder so stark zu sein wie sie. Stehe zu deinen Schwächen. Die Männer haben auch Schwächen. Zusammen ergänzt ihr euch perfekt.»

Anhand der Fragestellungen merkt man schnell, dass die verfassenden Personen im Grund satz davon ausgehen, dass Frauen im Militär aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert werden und daher diese Fragen überhaupt erst in Betrachtung ziehen. Das FAQ wurde nach einem kleineren Shitstorm von der Webseite entfernt.

In einem Ratschlag stimme ich den Kollegen jedoch bei: Versuche nicht, die Männer zu kopieren. Vor allem nicht dann, wenn sie versuchen, uns die Welt zu erklären. Nun entschuldigt mich, ich habe einen Coiffeur-Termin.

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1Das Militär hat ein sehr binäres Geschlechterverständ-nis, deshalb werde ich diesem Text explizit auf Frauen eingehen und nicht FLINTA*-Personen. FLINTA* steht für Frauen, Lesben, Inter, Nicht-Binär, Trans und Agender. Das Sternchen drückt aus, dass diese Auflistung nicht abschliessend ist.

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