Armee schaut bei sexualisierter Gewalt weg

Die Ergebnisse der Studie des Fachdienstes Frauen in der Armee und Diversity (FiAD) sind erschütternd und zeigen, dass genderbasierte Gewalt und Diskriminierung in der Armee sowohl weit verbreitet als auch fester Bestandteil der Organisationskultur der Armee sind (etwa die Hälfte der Befragten hat sexualisierte Gewalt erlebt).

Seit 1995, also seit 30 Jahren, sind die Frauen gemäss eigenen Angaben der Armee den Männern im Dienst gleichgestellt. Doch erst Ende Oktober 2024 erschien eine erste Studie über Diskriminierung und sexualisierte Gewalt in der Schweizer Armee aufgrund von Geschlecht und sexueller Orientierung. Und das, obwohl die Schweiz 1997 das CEDAW und 2017 die Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt ratifiziert hat! Rechtzeitige  Prävention von geschlechtsspezifischer Gewalt sieht anders aus. 

Die starren Normen der heteronormativen Männlichkeit, die von den Streitkräften aufrechterhalten werden, zementieren ein Ideal (männlich, weiss, gleichgeschlechtlich und nicht behindert), das jede Abweichung von dieser Norm abwertet. In einer zutiefst patriarchalen und machohaften Institution, in der die Kultur selbst eine toxische Gruppendynamik aufrechterhält, ist es nicht überraschend, dass geschlechtsspezifische Diskriminierung und sexualisierte Gewalt weit verbreitet sind.

Trotzdem wurde das Armeebudget in der Wintersession vom Parlament massiv aufgestockt. Kein Rappen davon fliesst in die Bekämpfung dieser Gewalt und auch die angestrebte Erhöhung der Frauenquote in der Armee auf 10% bis 2030 wird nicht im Geringsten in Frage gestellt. Ironischerweise strich das Parlament sogar Mittel für die Unterstützung von Opfern sexualisierter Gewalt zugunsten der Armeebudgeterhöhung. 

Die strukturellen Probleme der Armee in Bezug auf Diskriminierung und geschlechtsspezifische Gewalt sind also nach wie vor ein Nährboden für Gewalt,ermöglichen und reproduzieren die Diskriminierung von Minderheiten. Alles, was in der Studie zum Ausdruck kommt und hervorgehoben wird, ist ein Paradebeispiel für die Vergewaltigungskultur: Von der Verwendung einer frauenfeindlichen Sprache,  bis hin zur massiven Normalisierung von Gewalt. Wie man unter diesen Voraussetzungen glauben kann, dass die Armee ihre Hauptaufgabe, nämlich den Schutz der Bevölkerung, erfüllen kann, wenn sie nicht mal in der Lage ist, ihr eigenes Personal zu schützen, bleibt weiterhin ein Rätsel.