Auslandeinsatz in Teheran: Bundesrat verletzte Militärgesetz

Art. 70 Abs. 2 des Militärgesetzes lautet: «Werden mehr als 2000 Angehörige der Armee aufgeboten oder dauert der Einsatz länger als drei Wochen, so muss die Bundesversammlung den Einsatz in der nächsten Session genehmigen. Ist der Einsatz vor der Session beendet, so erstattet der Bundesrat Bericht.»

Gemäss Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum «Einsatz von Angehörigen der Armee zum Schutz der Schweizer Vertretung in Teheran» vom 8. Juni 2007 dauerte der Armeeeinsatz in Teheran vom 12. August 2006 bis zum 3. November, bzw. bis zum 22. November 2006. In anderen Worten: Der Einsatz wurde vor der Herbstsession in Flims beschlossen und begonnen und war während der Session noch im Gang. Damit hätte der Teheran-Einsatz der Bundesversammlung in Flims zur Genehmigung vorgelegt werden müssen. Dass der Bundesrat dies nicht getan hat, bedeutet eine klare Verletzung des Militärgesetzes. Selbst für den (aus rechtlicher Sicht unhaltbaren) Fall, dass der Bundesrat den Einsatz der Bundesversammlung nicht vorlegen konnte, bleibt die Frage, warum er im knapp gehaltenen Bericht in keinem Wort auf die offensichtliche Verletzung des Militärgesetzes eingeht.

Weiter hat der Bundesrat das Militärgesetz verletzt, weil er nicht der nächsten (Dezember-) Session der Bundesversammlung Bericht erstattete. Der Hinweis, es fehle im zweiten Satz von Art. 70 Abs. 2 MG eine zeitliche Bestimmung, ist unglaubwürdig, weil ja auch der Adressat des Berichts nicht wiederholt wird. Genau so selbstverständlich wie die Adresse die Bundesversammlung ist, genau so selbstverständlich ist mit der Berichterstattung die nächste Session gemeint.

Es ist kein Zufall, passiert eine solche Gesetzesverletzung im Zusammenhang mit militärischen Auslandeinsätzen . Das ist in anderen Ländern auch der Fall und hängt zusammen mit der überall prekären Legitimitität und Akzeptanz solcher Einsätze. Nationalrat Josef Lang wird gegen die doppelte Verletzung des Militärgesetzes bei der Geschäftsprüfungskommission (GPK) eine Eingabe machen. Zudem werden die Grünen die Frage in der Herbstsession thematisieren.

Antrag an die GPK

Abklärung der Rechtmässigkeit des Einsatzes von «VBS-Spezialisten» zum Schutz der Botschaft in Teheran

Gemäss dem Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Einsatz von Angehörigen der Armee zum Schutz der Schweizer Vertretung in Teheran (07.056n) vom 8. Juni 2007, standen zwischen dem 12. August 2006 und dem 22. November 2006 rund 30 Angehörige der Armee in Teheran zum Schutz der Schweizer Botschaft und dessen Personal im Einsatz.

Dieser Einsatz stützte sich laut Bericht auf die Verordnung vom 3. Mai 2006 über den Truppeneinsatz zum Schutz von Personen und Sachen im Ausland (VSPA). Diese Verordnung wiederum ist eine Ausführungsverordnung des Militärgesetzes vom 3. Februar 1995 (MG). Gemäss MG gehören Einsätze zum Schutz von Personen und Sachen zu den Assistenzdiensteinsätzen (Artikel 69, Abs. 2). Werden bei solchen Assistenzdiensten mehr als 2’000 Angehörige der Armee eingesetzt oder dauert ein Einsatz der Truppen länger als 3 Wochen, so muss grundsätzlich die Bundesversammlung über den Einsatz entscheiden (Art. 70, Abs. 2). Wird der Einsatz vom Bundesrat aus terminlichen Gründen eigenständig angeordnet, so muss er die Zustimmung des Parlaments in der nächsten Session einholen. Ist der Einsatz beendet, bevor die nächste Session stattfindet, besteht eine Informationspflicht des Bundesrates (Art. 70, Abs. 2).

Gemäss Bericht des Bundesrates vom 8. Juni 2007 dauerte der Einsatz der VBS-Spezialisten vom 12. August 2006 bis zum 22. November 2006. Gestützt auf Art. 70, Abs. 2 MG hätte der Bundesrat den Einsatz während der Herbst-Session in Flims den eidgenössischen Räten vorlegen müssen und zwar aus folgenden Gründen: Erstens dauerte der Einsatz der Angehörigen der Armee zu Sessionsbeginn (18. September 2006) bereits mehr als drei Wochen. Zweitens entbindet Art. 70, Abs. 2 den Bundesrat nur dann von der Pflicht, den Einsatz dem Parlament zum Beschluss vorzulegen, wenn der Einsatz vor Sessionsbeginn beendet ist. Auch die VSPA hält in Art. 6, Abs. 2 ausdrücklich fest, dass die Bestimmungen von Art. 70, Abs. 2 MG auch für Einsätze gemäss VSPA uneingeschränkt Geltung haben.

Der Bundesrat hat den Einsatz entgegen den Gesetzesbestimmungen weder dem Parlament zum Beschluss vorgelegt noch hat er das Parlament – und damit die Öffentlichkeit – über den Einsatz informiert. Dass er das nicht getan hat, legt die Vermutung nahe, dass der Bundesrat den Einsatz bewusst geheimgehalten hat. Die Frage bleibt im Raum, ob Parlament und Öffentlichkeit vom Militäreinsatz jemals Kenntnis bekommen hätten, hätte nicht die Fernsehsendung 10VOR10 Ende April über den Einsatz informiert.

Der Bundesrat hat zwar die PräsidentInnen der zuständigen Kommissionen (Aussenpolitische Kommissionen, Sicherheitspolitische Kommissionen) informiert, wie dies Art. 6 VSPA vorsieht. Dass der Bundesrat die KommissionspräsidentInnen informiert hat, entbindet ihn aber nicht davon, den Einsatz durch das Parlament genehmigen zu lassen. Es gibt somit für den Bundesrat keinen Grund für die Annahme, er habe mit der Information der KommissionspräsidentInnen seine gesetzlichen Pflichten erfüllt.

Laut Artikel 52 des Parlamentsgesetzes üben die Geschäftsprüfungskommissionen die Oberaufsicht über die Geschäftsführung unter anderem des Bundesrates nach Artikel 26 aus. Dessen dritter Absatz hält unter anderem fest: «Die Bundesversammlung übt die Oberaufsicht nach den folgenden Kriterien aus:
a) Rechtmässigkeit; (…).»

Ich bitte die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates, das Vorgehen des Bundesrates auf seine Rechtmässigkeit hin zu prüfen und dabei insbesondere die Frage zu beantworten, ob der Bundesrat den Einsatz nicht anlässlich der Herbstsession dem Parlament zum Entscheid hätte vorlegen müssen.

Josef Lang
Nationalrat Zug

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