Bericht aus dem Militär

Vielen Wehrpflichtigen erscheint sinnlos, was sie im Militärdienst tun müssen. Kein Wunder, denn es ist sinnlos.

Der Militärdienst ist vom Nichtstun geprägt. Während man auf den nächsten Befehl wartend in einer Wiese sitzt, einem Käfer zuschaut, wie er einen Grashalm emporklettert, denkt man an die Kollegen und Kolleginnen, die ins Ausland reisen, mit dem Studium anfangen oder andere sinnvolle Sachen machen können.
Spätestens während den WKs geht die Disziplin verloren. Damit erlangen die Soldaten mehr Freiheiten ihre Zeit tot zu schlagen. Alkohol ist in der Regel das Mittel der Wahl. Wer sich nicht für den permanenten Vollrausch begeistern kann, wird sich nach wie vor langweilen.

Stumpfer Drill
Auch wenn Nichtstun auf die Dauer zermürbend ist: Die aktiven Zeiten sind zu Recht noch gefürchteter. Denn von der körperlichen Belastung und den Demütigungen abgesehen, ist auch diese Zeit von extremem Stumpfsinn geprägt. Frühmorgens in Reih und Glied antreten; das wäre etwas, das zivilisierte Menschen in fünf Minuten erledigen könnten. Ein Feldweibel kann es jedoch locker mit viel Geschrei auf eine halbe Stunde ausdehnen. Je nach dem in was für einer Gemütslage er sich befindet. Nach dem Antreten das richtige Verhalten im Falle einer Atomexplosion exerzieren. Zwischendurch im Gleichschritt auf dem Kasernenhof hin und her marschieren. Nachmittags im Wald dem «Feind» auflauern und ihn aus dem Hinterhalt überfallen. Hin und her marschieren. Antreten. Abends in der Theorie lernen, wie gross die Überlebenschance im Zentrum der Atomexplosion und in fünf beziehungsweise zehn Kilometern Entfernung ist. Das alles will eigentlich niemand wissen. Und niemand hat heute noch ernsthaft Angst vor einem atomaren Vernichtungskrieg. Nur das Schweizer Militär konserviert die Ängste des Kalten Krieges.

Surreale Welt
Dass die Aktivitäten der Schweizer Armee keinen Sinn haben, weiss wohl selbst die Armeeführung. Es wird gar nicht erst versucht die Rekruten vom Nutzen der Armee für die Gesellschaft zu überzeugen. Vielmehr werden mit scheinbaren persönlichen Vorteilen Anreize für den Militärdienst geschaffen. Insbesondere die Kaderkarriere im Militär soll von besonderem Nutzen für die eigene Karriere in der Privatwirtschaft sein. Aber haben Unteroffiziere Führungsqualität, die in der Privatwirtschaft gebraucht werden kann, wenn sie ihre Untergebenen von hinten in die Beine treten, weil diese nicht gerade in einer Reihe stehen? Hoffentlich nicht.
Es ist nicht weiter verwunderlich, dass der Militärdienst den Soldaten sinnlos und absurd erscheint. Die Armee in ihrer heutigen Form bildet eine Parallelwelt ohne Bezug zu den Bedürfnissen der realen Gesellschaft.
Durch die Wehrpflicht werden Männer aus ihrem Leben herausgerissen und gezwungen in die surreale Welt des Schweizer Militärs einzutauchen. Mag sein, dass es noch Menschen gibt, die sich für die Armee begeistern lassen. Denen soll das Kriegspielen nicht vorenthalten werden. Alle anderen sollten davon verschont bleiben.