Bürokratiemonster Volksinitiative

Die eidgenössische Volksinitiative ist eine wunderbare Sache. Mit 100’000 Unterschriften kann eine Verfassungsänderung vorgeschlagen werden, welche der Stimmbevölkerung zur Abstimmung vorgelegt wird. Der Weg bis zur Abstimmung ist aber aufwendig und vor allem bürokratisch.

Aktuell stehen wir bei rund 75’000 Unter-schriften für die Stop-F-35-Initiative. Das bedeutet, es fehlen noch 25’000 Unterschriften. Wobei genau genommen fehlen noch 45’000 Unterschriften. Weil nie alle Unterschriften gültig sind, werden in der Regel 120’000 Unterschriften gesammelt, um auf der sicheren Seite zu sein. Wenn sie einmal bei der Bundeskanzlei eingereicht sind, können keine Unterschriften nachgereicht werden.

Was dabei aber gerne vergessen geht, ist, dass es mit dem Sammeln der Unterschriften nicht getan ist. Jede einzelne Unterschrift muss von der entsprechenden Gemeinde noch beglaubigt werden. Das heisst, die Gemeinde bestätigt bei jeder Unterschrift, dass die unterschreibende Person in der Gemeinde wohnhaft ist, stimmberechtigt ist und gültig unterschrieben hat. Eine Unterschrift ist nur gültig wenn Name, Vorname, Geburtsdatum, Adresse und Unterschrift vorhanden sind. Name, Vorname und Unterschrift müssen dabei handschriftlich und eigenständig ausgefüllt sein.

Damit ein Unterschriftenbogen mit zehn Unterschriften nicht von Gemeinde zu Gemeinde verschickt werden muss, beschränkt sich ein Unterschriftenbogen auf Einwohner*innen einer Gemeinde. Auf einem Unterschriftenbogen sollten also nur Personen unter schreiben, welche in derselben Gemeinde wohnhaft sind. Oberhalb des Unterschriftenfelds wird der Kanton, die Gemeinde und deren Postleitzahl eingetragen. So kann jeder Unterschriftenbogen der entsprechenden Gemeinde zugeordnet werden. 

Bevor die Gemeinden die Unterschriften beglaubigen können, müssen sie diese zunächst einmal erhalten. Was einfach klingt, ist in Wahrheit ein grosser Aufwand. Bei uns im Sekretariat kommen täglich hunderte Unterschriftenbögen an. Ehe diese verschickt werden können, müssen sie zunächst nach Gemeinde sortiert werden. Bei ungefähr 2’000 Gemeinden kann dies schon ein Weilchen dauern. Was ziemlich oft vorkommt und was die Arbeit dadurch erheblich erschwert ist, dass die Gemeinde und die Postleitzahl nicht auf den Bogen geschrieben werden. Bei solchen Bögen muss die entsprechende Gemeinde zuerst über die Wohnadresse der unterschreibenden Person herausgefunden werden – teilweise eine regelrechte Detektivarbeit.

Problematisch und zugleich ein Segen sind die diversen Gemeindefusionen. So hat beispielsweise die Stadt Lugano in den letzten Jahren mit über 20 Gemeinden fusioniert. Ein Segen ist dies, weil es so weniger Gemeinden gibt und das Einsortieren demnach schneller geht. Problematisch ist es, weil viele Personen verständlicherweise – ist ja ihre Postadresse – die alte Gemeinde auf den Unterschriftenbogen schreiben. Der Wohnort ist aber nicht immer identisch mit der politischen Gemeinde. Für uns ist dies mühsam, weil die Unterschriften an die Gemeinde Lugano geschickt werden müssen. Dass aber beispielsweise der Ort Carona zur Gemeinde Lugano gehört, wissen wir natürlich nicht auswendig.

Nichtsdestotrotz ist das Beglaubigen eine angenehme Arbeit. Es ist abwechslungsreich, es gibt immer wieder neue lustige Ortsnamen zu entdecken, und am Ende des Tages sieht man, was man erreicht hat. Wenn du das Beglaubigen auch mal erleben möchtest, kannst du uns gerne helfen. Melde dich einfach bei gsoa@gsoa.ch. Wir freuen uns auf dich!

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