Der Zivildienst wurde ursprünglich eingeführt als Ersatzdienst für Dienstpflichtige, die den Militärdienst nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren konnten. Heute geht seine Bedeutung für die Gesellschaft aber deutlich weiter. Trotzdem sollte er nicht zu einem für alle obligatorischen sozialen Einsatz ausgebaut werden.
1992 hat die Schweizer Stimmbevölkerung der Einführung des Zivildienstes an der Urne zugestimmt. Seither entscheiden sich immer mehr junge Männer für den Zivildienst anstelle des Militärdienstes. Der Zivildienst ermöglicht ihnen eine spannende Alternative, die Einblicke in vorher unbekannte Tätigkeitsbereiche schafft und vielleicht sogar zum Überdenken der bisherigen Berufswahl führt. Doch die Angriffe auf den Ersatzdienst nehmen wieder zu. Im Rahmen der Diskussion zum Dienstpflichtsystem oder auch nur auf den Zivildienst bezogen, wurde zuletzt diskutiert, ob der Zivildienst auch für Frauen geöffnet oder gar für alle obligatorisch werden soll. Diese Bestrebungen führen jedoch in die falsche Richtung.
Der Zivildienst ist (und bleibt) ein Ersatzdienst
In dieser Diskussion darf nicht vergessen gehen, dass der Zivildienst nicht als Wert an sich eingeführt wurde, sondern als Ersatzdienst und auch heute insbesondere in Militärkreisen (wenn überhaupt) nur diese Daseinsberechtigung hat. Wird also darüber diskutiert, dass dieser Dienst auf Frauen ausgeweitet und für alle obligatorisch sein soll, so bleibt die Frage offen, was in dem Fall mit dem Militärdienst geschieht. Soll auch der auf alle Geschlechter ausgeweitet und obligatorisch werden? Oder wäre für Frauen der Zivildienst die Norm und der Militärdienst der Ersatz? Gerade aus linken Kreisen ist eine Forderung nach einer allgemeinen Zivildienstpflicht aus Perspektive des «Dienstes an der Gesellschaft» deshalb gefährlich.
Billige Zivis statt Fachpersonal
Der Zweck des Zivildienstes wird im Zivildienstgesetz, Artikel 1 definiert: «Der Zivildienst kommt dort zum Einsatz, wo Ressourcen für die Erfüllung wichtiger Aufgaben der Gemeinschaft fehlen oder nicht ausreichen.» 2016 leisteten die Zivis über 50% aller Diensttage im Gesundheits- und Sozialbereich. Gleichzeitig haben verschiedene Kantone in diesen Bereichen Sparpakete verabschiedet. Zivis kommen also vor allem dort zum Einsatz, wo benötigte Ressourcen nicht gesprochen bzw. gekürzt werden. Für einen Einsatzbetrieb ist ein Zivi billiger als eine Praktikantin oder eine ausgebildete Fachperson, denn der Zivi wird von der Erwerbsersatzordnung (EO) bezahlt. Doch gerade im Gesundheits- und Sozialbereich hat das Konsequenzen für die Menschen, wenn für ihre Betreuung und Pflege vermehrt auf Zivis gesetzt wird, die nicht über die nötige fachliche Ausbildung verfügen. Auch aus einer feministischen Sicht sind diese Einsätze problematisch. Zum einen kann es den jungen Männern einen guten Einblick in die Pflege- und Betreuungsarbeit geben und eventuell sogar den einen oder anderen ermuntern, eine Ausbildung in diesem Bereich zu beginnen. Was durchaus wünschenswert ist. Zum anderen beträgt der Erwerbsersatz eines Zivis 80% seines zuvor erzielten Einkommens und maximal 196.– pro Tag. Dies ergibt einen Monatslohn von max. 4‘260 Franken und bewegt sich damit im Rahmen des Lohnes von ausgebildeten Fachpersonen (mehrheitlich Fachfrauen) Betreuung oder Gesundheit. Somit erhalten unausgebildete Männer im Bereich dieser klassischen Frauenberufe für eine unprofessionelle Arbeit (da sie nicht für diese Arbeit ausgebildet sind) einen ähnlich bis gleich hohen Lohn wie die Fachfrauen bzw. Fachmänner. Dieser Missstand zeigt, dass das heutige System in Frage gestellt werden muss. Das Ziel sollte jedoch nicht sein, möglichst viele Menschen in den Zivildienst zu locken und diese Kosten des Gesundheits- und Sozialsystems über die EO zu finanzieren. Viel wichtiger wäre es, die nötigen Fachpersonen auszubilden und angemessen zu entlöhnen.