Das F-35-Fiasko

Die Kampfjetbefürworter*innen sind mit dem Versprechen angetreten, dass die geplante Kampfjet-Beschaffung transparent und nachvollziehbar ablaufen würde. Dass dieses Versprechen nicht eingehalten werden konnte, überrascht nicht. Wie Kampfjetbefürworter*innen auf Kritik am Beschaffungsprozess reagieren, ist hingegen sehr überraschend.

Der Anfang

Im August 2021 lancierten wir gemeinsam mit der SP und den Grünen die Initiative «Stop F-35».Wieso? Explodierende Kosten, über 800 Mängel, unsäglicher Lärm und Besorgnis über die Funktionsfähigkeit prägten die Erfahrungen anderer Staaten, die bereits im Besitz des F-35 waren. Doch nicht nur das, der F-35 ist einTarnkappenbomber, konzipiert, um in fremdem Gebiet anzugreifen. Nicht gerade das Instrument für den Schweizer Luftpolizeidienst. Selbst im Herstellerland USA wurde der F-35 von ranghohen US-Militärs als «gescheitert» bezeichnet und der US-Rechnungshof bestätigte die finanziellen und technischen Risiken.

Grund für die Initiative gab es also genug. Wie es der demokratischen Tradition in der Schweiz entspricht, versprach Bundesrätin Amherd an einer Pressekonferenz des VBS, die Volksabstimmung abzuwarten, bevor der Kaufvertrag für den F-35 unterzeichnet würde.

Amherds undemokratische Einmischung

Dieses Versprechen hielt gerade mal zwei Wochen. Nach Putins Angriff auf die Ukraine, schienen diverse Prinzipien des VBS über Bord geworfen. Amherd forderte uns auf, die Unterschriftensammlung abzubrechen. Das war das erste Mal, dass eine Bundesrätin so aktiv in eine laufende Volksinitiative eingriff. Mit dem Krieg in der Ukraine schien es, als könnten sich die Militärköpfe in der Politik alles erlauben. Die viel zu eilige und absolut sinnlose Erhöhung des Armeebudgets war ein weiterer Ausdruck davon. Die bürgerlichen Parteien witterten in der Situation eine Gelegenheit und missbrauchten den Krieg in der Ukraine um auf dieselbe undemokratische Weise ins gleiche Horn wie Amherd zu blasen. Schnell positionierten sie sich für den Kauf des F-35 ohne unsere Initiative abzuwarten. Dies wiederum bot dem Bundesrat den Nährboden, um diese Haltung selbst zu vertreten. Aus dem Nichts wurde die Frist des Kaufvertrags vom 31.03.2023 zum Problem und plötzlich waren wir die Verzögernden.

Dabei war von Verzögerung keine Spur. Nach weniger als einem Jahr Sammelzeit, reichten wir über 100’000 gültige Unterschriften bei der Bundeskanzlei ein. Obwohl wir sowieso schon schnell waren, boten wir Hand, um eine Abstimmung vor dem Auslaufen des Kaufvertrages zu ermöglichen. Nach juristischen Abklärungen erstellten wir einen Zeitplan der klar aufzeigte, dass das Ermöglichen einer Abstimmung eine Frage des politischen Willens war und rechtlich absolut machbar gewesen wäre.

Das Nonplusultra der Intransparenz und Widersprüche

Schnell gab der Bundesrat bekannt, dass er eine Abstimmung vor dem Auslaufen des Kaufvertrags nicht ermöglichen wird. Gleichzeitig wurden wir als Verzögerer*innen beschimpft, weil wir das Stimmvolk über nichts anderes als das grösste Rüstungsgeschäft der Schweizer Geschichte abstimmen lassen wollen, das notabene mit zahlreichen Risiken verbunden war. Der Ständerat hatte bereits beschlossen, Amherd für die Unterzeichnung des Kaufvertrags zu bemächtigen, ohne die Initiative abzuwarten.Amherd begrüsste dies, da es sonst terminlich zu knapp wäre.Aber hatte sie nicht vor dem Krieg noch versprochen, die Initiative abzuwarten? Auch ohne Krieg in der Ukraine hätte eine Abstimmung nach Logik des Bundesrates erst nach dem Auslaufen des Kaufvertrags stattfinden können. Amherd hatte wohl also gar nie im Sinn eine Volksabstimmung stattfinden zu lassen.

Diese Ungereimtheiten und Widersprüche zogen sich durch das gesamte Kampfjetgeschäft durch. Es erschienen nach und nach Berichte von verschiedenen eidgenössischen Kontrollorganen, die das Risiko des F-35 bestätigten. So z.B. wurde die immer getätigte Behauptung desVBS widerlegt, dass für den F-35 Fixpreise vorhanden seien, obwohl er doch in zahlreichen Staaten viel teurer wurde. Ebenso zeigte ein anderer Bericht, wie chaotisch und unstimmig der Bundesrat beim Entscheid des Kampfjettypen agierte. Amherd versprach zu Beginn der Evaluation ein transparentes und nachvollziehbares Verfahren. Ein weiteres Versprechen, welches sie in den Sand setzte. Denn der gesamte Prozess war an Intransparenz und Unprofessionalität innerhalb des Bundesrates kaum zu überbieten. All dies sind weitere Gründe, weshalb eine Volksabstimmung und somit unsere Initiative so wichtig und vor allem mehr als berechtigt war.

Das Ende der Initiative

Im Zuge der Aufrüstungshysterie spielten Fakten aber schlicht keine Rolle mehr. So stimmte auch der Nationalrat dem Antrag zu, dass der F-35 vor Auslaufen des Kaufvertrages zu beschaffen sei und reihte sich somit in die höchst skandalösen und undemokratischen Umtriebe von Bundesrat und Ständerat mit ein. Keine Woche später, liess Amherd den Vertrag unterschreiben. Es wurde keine Sekunde zu lange gewartet um der direkten Demokratie endgültig den Todesstoss zu verleihen. Zynischerweise erwähnte sie auf Nachfrage im Nationalrat, dass Verhandlungen mit den USA über eine Fristerstreckung aufgrund der demokratischen Rechte in der Schweiz sicher möglich gewesen wären. Warum sie nicht gemacht wurden,sagte sie nicht.

Es ist schlicht unfassbar, wie mit unserer Initiative umgegangen wurde. Der Moment der Vertragsunterzeichnung war effektiv ein sehr dunkler Moment für die direkte Demokratie. Schweren Herzens entschieden wir uns in der Allianz gegen den F-35 zum Rückzug der Initiative. Denn eine Abstimmung wäre nichts anders als eine demokratische Farce. Wir wollen dem Volk nicht vorgaukeln, dass es mitbestimmen könne, obwohl dies nicht der Fall ist. Der F-35 ist gekauft, ein Ja oder ein Nein an der Urne hätte keinen Effekt gehabt. Uns ist die Demokratie zu wichtig, als dass wir eine solche Frechheit von Abstimmung zulassen würden. Bundesrat und Parlament haben mit ihrem Verhalten der Demokratie einen erheblichen Flurschaden zugefügt. Wir werden diesen mit einer solchen Pseudoabstimmung nicht weiter vergrössern.

Der Kampf geht weiter!

Das Geschäft ist noch lange nicht zu Ende. Wir werden die Beschaffung genau beobachten und jeden einzelnen Mangel des F-35 ausschlachten. Niemand wird sagen können, die Probleme dieses Jets seien nicht absehbar gewesen. Durch unsere Initiative lagen alle Risiken auf demTisch. Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen, die unsere Initiative in irgendeiner Form unterstützt haben. Es ist frustrierend, wie diese Geschichte abgelaufen ist. Jedoch war unser aller Einsatz nicht umsonst. Dank unserem Druck war der F-35 regelmässig in den Medien. Wir forcierten zwei eidgenössische Kontrollorgane zur Berichterstattung über das Geschäft des F-35. Wir haben uns in Zeiten von vorschnellem Aufrüsten als konsequent antimilitaristische Stimme etabliert. Und genau damit werden wir weitermachen!

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