Das Maurer-Theater

Ueli Maurer will jährlich fünf Milliarden Franken für die Armee ausgeben. Das ist viel Geld – sehr viel Geld. Die Strategie, die er gewählt hat, um die Budgeterhöhung als notwendig erscheinen zu lassen, lässt sich wie folgt zusammenfassen: Er inszeniert Theater.

Beginnen wir mit den Fakten: Das Massenheer der Schweizer Armee zählte im Jahre 1990 noch über 600’000 Soldaten. Mit dem Fall der Mauer und der ersten Armeeabschaffungsinitiative von 1989 wurde auch im Militärdepartement klar, dass sich der Widerstand gegen die Armee nur dann auf einem erträglichen Niveau stabilisieren lässt, wenn das Militär die Bestände drastisch reduziert. Schliesslich kam der Widerstand gegen die Armee nicht mehr nur aus der Linken, die Armee hatte auch in Wirtschaftskreisen ihren Nimbus als Kaderschmiede verloren und manch ein Unternehmen erachtete es nur noch als lästig, dass die Armee jedes Jahr wertvolle Mitarbeiter aus den Betrieben für sinnlose Kasernenübungen abzog. Seit 1989 befindet sich die Armee in einem permanenten Rechtfertigungszwang und durchlebt eine noch nie dagewesene Sinnkrise.

Das Resultat dieser Entwicklung ist ein heute deutlich reduziertes Massenheer von 100’000 Soldaten. Der Sollbestand wurde somit gegenüber 1990 auf einen Sechstel reduziert. Anders verhält es sich allerdings bei den Ausgaben. Die Armee verschlingt heute nahezu denselben gigantischen Betrag wie 1990. Dies führt dazu, dass VBS-Bundesräte immer wieder vor derselben Herausforderung stehen: Wie kann man den Steuerzahler in Zeiten des Sparens überzeugen, jährlich vier bis fünf Milliarden Franken in eine sinnsuchende Armee fliessen zu lassen?

Das inszenierte Grounding
Auch in Ueli Maurers Pflichtenheft nimmt der «Budgetkampf» deshalb eine zentrale Rolle ein. Auffallend ist, dass er diesen Kampf in einer sehr durchsichtigen Art und Weise führt. Ein Beispiel ist Maurers Ankündigung, dass er die Patrouille Suisse abschaffen müsse. Es war zum Vornherein absehbar, was für Reaktionen sich mit diesem inszenierten Theater provozieren lassen. Die Leserbriefspalten und Internet-Foren waren gefüllt mit Beiträgen, die den Untergang der Schweiz nahen sahen. Die Rechte im Parlament spielte ihre Statistenrolle wie gewünscht und sprach von Identifikationsverlust für das ganze Land und von Schweizer Tugenden, die verloren gehen würden. Maurer schwieg. Schliesslich hatte er erreicht, was er wollte. Er hatte den Eindruck vermittelt, dass sein VBS dermassen unter Spardruck stehe, dass selbst die Patrouille Suisse gefährdet sei. Dass die Abschaffungspläne kurz danach wieder in der Schublade verschwanden, war von Beginn an Teil des Drehbuchs. Das Maurer-Theater namens «Patrouille Suisse Grounding» war zu Ende. Der Vorhang wurde geschlossen. Die Militärköpfe an den Stammtischen atmeten auf.

Kein Theater – sondern Fakten
Ueli Maurer durfte sich allerdings nicht allzu lange freuen über seine geglückte Theaterinszenierung. Kurz darauf veröffentlichte die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) ihren Bericht über die Buchhaltung im VBS. Die EFK stellte fest, dass das Militärdepartement Belege nicht prüft, Material teurer einkauft als notwendig, dass der Überblick über die Auslastung der VBS-Immobilien fehlt und somit auch keine Aussage über Sparpotential möglich ist. Kurzum: Das VBS hat seine Geschäfte nicht im Griff.

Fazit: Wer sich mit den Finanzen des VBS seriös auseinandersetzt, der sollte stets unterscheiden, ob Ueli Maurer gerade ein Theater inszeniert oder ob es um Fakten geht. Dies gilt auch für die kürzlich angekündigten «radikalen Sparpläne». Waffenplätze und Militärspitäler sollen geschlossen werden, Panzer und Flugabwehrsysteme sollen verschrottet werden. Sollte dem so sein, ist dies selbstverständlich zu begrüssen. Es mutet allerdings seltsam an, dass Mauer trotz diesen «Sparplänen» mit demselben Budget wie heute rechnet. Das VBS wird jedenfalls weiterhin Steuergelder auf unverantwortbare Art und Weise vernichten. Daran ändert auch das nächste Maurer-Theater nichts.