Der fatale Teufelskreis Krieg und Klimakrise

Vom Krieg gebeutelte Länder sind häufig auch jene, die vom Klimawandel stark betroffen sind. Auf verarmte Bevölkerung und kaputte Infrastruktur treffen dann Dürren und Überschwemmungen. Über die Zusammenhänge zwischen Krieg und Klimakrise, die Folgen für die Menschen und die beschämenden Reaktionen der internationalen Gemeinschaft.

Die Klimakrise wird ihrem Ruf als grösste Krise unserer Zeit mehr als gerecht – denn nicht nur ihre direkten Folgen lösen in unsäglichem Mass Leid aus, sondern auch ihre indirekten Folgen. Die wohl Gefährlichste darunter ist das erhöhte Konfliktpotenzial, das durch schwindende Ressourcen entsteht.

Bereits heute lösen durch die Klimakrise häufiger auftretende Dürren in Somalia Nahrungsknappheit aus und destabilisieren das Land weiter, wovon die islamistische Terrormiliz al-Shabaab profitiert. Zwischen Oktober 2020 und März 2021 mussten laut der Hilfsorganisation CARE über 116’000 Menschen umsiedeln, da ihre Lebensgrundlagen durch die Wasserknappheit und Desertifikation zerstört wurden.

In anderen Ländern wie Jemen, wo seit der Einnahme der Hauptstadt Sanaa durch die Hut-hi-Rebellen im Jahr 2014 Krieg ist, wirkt die Klimakrise als eskalierender Faktor. Der Krieg hat das Land dermassen destabilisiert, die In-frastruktur und Versorgungsketten zerstört, dass der UNHCR im Sommer 2020 über 24 Millionen Menschen in unmittelbarer Not sah. Die Klima -katastrophe verschlimmert die Situation zusätzlich durch längere Trockenperioden, Versalzung der Böden und heftige Regenfälle. Die zunehmende Ressourcenknappheit befeuert dann die Konflikte weiter, es kommt zu einem fatalen Teufelskreis.

In Afghanistan, dessen Versorgungsstrukturen infolge von 40 Jahren «war on terror» komplett zugrunde gingen, sind laut den Vereinten Nationen ca. 23 Millionen Menschen zur Zeit vom Hungertod bedroht. Dazu kommt, dass Af-ghanistan eines der 20 am stärksten von der Klimakrise betroffenen Länder ist. Im Vergleich zur vorindustriellen Zeit ist dort die durchschnittliche Jahrestemperatur seit 1950 um 1,8 Grad gestiegen – im Süden gar um 2,4 Grad, wie der Tagesanzeiger im August berichtete. Dürren und Überschwemmungen waren in den letzten Jahren keine Seltenheit mehr. Der UN-Generalsekretär warnte im November vor einem humanitären Desaster aufgrund der kombinierten Folgen von Krieg, Klimakrise und der Coronapandemie.

Dieser fatale Teufelskreis von Krieg und Klimakrise zwingt Millionen von Menschen dazu, ihr Zuhause zu verlassen. Allein in der ersten Hälfte des Jahres 2021 dokumentierten die Vereinten Nationen über 82 Millionen Geflüchtete weltweit. Bis 2050 könnten gar 1.2 Milliarden Menschen auf der Flucht sein, wie eine Studie des WEF prognostiziert.

Die internationalen Reaktionen auf diese humanitäre Katastrophe sind klein bis nicht-existent. Während NGO-Mitarbeitende von Terrormilizen daran gehindert werden, Hilfe vor Ort zu leisten, oder Gefahr laufen, selbst zur Zielscheibe zu werden, exportiert die Schweiz munter weiter Waffen in Millionenhöhe. Vergangenes Jahr stellten die Kriegsmaterialexporte am Jemenkrieg beteiligte Länder gar einen neu-en Rekord auf. Auch bei der Klimakrise hat sich die internationale Gemeinschaft zu einem fatalen Wegschauen und Aufschieben entschieden, wie die letzte Weltklimakonferenz in Glasgow verdeutlichte. Der Schweizer Finanzplatz investiert massiv in Konzerne wie den Braun-kohle-Giganten RWE, der für zwei Prozent der globalen Emissionen verantwortlich ist, doch dies wird in der Klimapolitik des Bundes elegant ausgeklammert. Und statt die Geflüchteten, für deren zerstörte Lebensgrundlagen die Schweiz Mitverantwortung trägt, aufzunehmen, wird in die Grenzschutzagentur Frontex investiert.

Wenn die Schweiz ihrem Ruf als neutrales Land gerecht werden möchte, muss sie schleunigst ihre Waffenexporte stoppen, eine konsequente Klimapolitik verfolgen und ihren Fokus auf ein möglichst schnelles Erreichen von netto null Treibhausgasemissionen legen. Ausserdem muss sie Geflüchteten Asyl gewähren, statt Mil-ionen in Grenzschutzwachen zu stecken.

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