Die Militarisierung der Flüchtlingspolitik

Seit Jahren ertrinken im Mittelmeer Menschen auf der Flucht. In den letzten anderthalb Jahren kam es zu einem Anstieg der Opferzahlen. Das Thema wurde in den Medien präsenter. Man hoffte, dies würde den Menschen auf der Flucht helfen – vergebens. In der Zwischenzeit haben erneut tausende Menschen ihr Leben verloren. Europa schaut zu und diskutiert. Derweil schreitet die Militarisierung der Flüchtlingspolitik voran – zum Nachteil der Geflüchteten.

Die Frage, die sich Europa angesichts der Dauerkatastrophe im Mittelmeer stellen müsste, wäre: «Was ist zu tun, um zu verhindern, dass weiterhin Flüchtlinge vor den Küsten Europas erbärmlich ertrinken?». Wer Antworten auf diese Frage sucht, der sucht nach Wegen, die es den Geflüchteten erlauben, über sichere Wege nach Europa zu kommen. Die Logik der europäischen Flüchtlingspolitik ist aber eine ganz andere. Europa stellt sich die Frage, was getan werden kann, um die europäischen Grenzen besser vor Geflüchteten zu schützen. Menschen auf der Flucht sind bei dieser Fragestellung nicht mehr Opfer, sondern Täter. Sie wollen sich etwas holen, was ihnen nicht zusteht. Wir, die Guten, sie, die Bösen. Genau von dieser Position aus definiert die politische Rechte ihre «Lösungen» zur Flüchtlingspolitik: Wir müssen nicht helfen, sondern uns wehren. Von diesem Punkt aus ist der Weg zu militärischen Mitteln nicht mehr weit. So ist es wenig überraschend, dass die beiden EU-Operationen «Triton» und «Poseidon» keine Programme zur Seenotrettung sind, sondern das Ziel verfolgen, die Bedrohten von uns fern zu halten. Kriegsschiffe und Helikopter patrouillieren vor den europäischen Küsten. Die Grenzsicherungsagentur Frontex koordiniert die Einsätze mit dem erklärten Ziel, Flüchtlinge an der Reise nach Europa zu hindern. Parallel entwickelt Frontex in Zusammenarbeit mit Rüstungsfirmen immer noch ausgefeiltere Technologien zur Grenzkontrolle. Flüchtlingspolitik ist somit längst zur «Abwehrpolitik» mit militärischen Mitteln geworden. 

Problem «wegbomben» 

In der Schweiz ist es – wenig überraschend – die SVP, welche das grösste Interesse an der Verknüpfung von «Flüchtlingsproblem» und «militärischen Aktionen» hat. Gefordert wird, dass wir den Köpfen dieser Banden – den Schleppern – entschieden entgegentreten. Szenarien, wie die Bombardierung von Schlepperbooten vor den Küsten von Libyen werden diskutiert. Es ist zwar richtig, dass das Schleppergeschäft ein Problem darstellt. Die Meinung, man könne die Schlepper einfach wegbomben und habe damit irgendein Problem gelöst, ist allerdings reichlich naiv. Menschen auf der Flucht suchen sich neue Wege und andere Routen. Bomben retten kein einziges Menschenleben. 

Fazit: Solange es der politisch Rechten gelingt, Geflüchtete als Bedrohung für unseren Wohlstand zu positionieren, bleibt Flüchtlingspolitik Abwehrpolitik. Im Schlepptau der Rechten profitiert die Rüstungsindustrie. Die Militarisierung schreitet voran. Opfer dieser Politik sind die Geflüchteten. Sie werden weiter erbärmlich ertrinken – ganz sicher.