Die Qual der Wahl

Die Verschiebung des Typenentscheides für den neuen Kampfjet auf nach der Referendumsabstimmung offenbart die Angst der Landesregierung vor dem Volksentscheid.

Der taktische Entscheid von Guy Parmelin, gelobt von Medien wie Armeebefürwortern: Die Typenwahl soll erst nach dem Urnengang über den Blankoscheck für die Kampfjetmilliarden erfolgen. Dennoch drängen die Anbieter bereits aus ihren Löchern und machen Werbung für ihre Jets. Armeezeitschriften sind bereits voller Werbung, und bei jeder möglichen Gelegenheit lassen die Anbieter ihre Jets herumfliegen. Die Auswahl aus fünf Typen soll gemäss Parmelin den «Experten» aus dem VBS und der armasuisse überlassen werden. Wenn die Militaristen entscheiden dürfen, dann sieht die Sache klar aus. Bereits hat sich Divisionär Bölsterli per Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift dazu geäussert: Er hätte gerne den F-35 von Lockheed Martin aus den USA. Das einzige Flugzeug der sogenannten 5. Generation im Angebot, das Beste vom Besten, den Ferrari. Dass das Flugzeug immer teurer wird (bei geschätzten Gesamtkosten von 1,5 Billionen Dollar sind bereits Budgetüberschreitungen von über 160 Milliarden Dollar aufgetreten), immer noch an Dutzenden von Kinderkrankheiten leidet und selbst gemäss den amerikanischen Behörden oft mehr in der Werkstatt als in der Luft zu sehen ist, scheint nicht zu interessieren. Denn die Armee will immer nur das Beste (und Teuerste). Ob das Flugzeug für seine einzige Aufgabe (die Luftpolizei) etwas taugt, ist egal. Jegliches andere Szenario ist an den Haaren herbeigezogen, denn wer die Schweiz aus der Luft angreifen möchte, muss entweder zuerst ungehindert hunderte von Kilometern Nato-Luftraum durchqueren oder aber die Angreifer wären die Nato-Staaten selber. Dass Luftpolizei auch anders geht, beweist Irland: Das Land – ohne Nato-Mitglied zu sein – gewährleistet die Sicherheit in seinem Luftraum mit bewaffneten Pilatus-Flugzeugen aus Schweizer Produktion. Die Existenz dieses Landes hat wegen fehlender Kampfjets auch noch niemand in Frage gestellt, ganz anders als die Szenarien, welche die Militaristen in der Schweiz an den Himmel malen.

Alte Kämpfer
Daneben tauchen in der Anbieterliste auch wieder die alten Bekannten aus der Gripen-Evaluation auf. Der Saab Gripen E, auch vier Jahre später noch nicht wirklich serienreif, obwohl gemäss Versprechen der schwedischen Rüstungsschmiede vor der Gripen-Abstimmung die Schweiz zu diesem Zeitpunkt bereits eine erste Tranche Flugzeuge hätte erhalten sollen. Die anderen Typen sind um ein paar Jahre gealtert, aber kosten immer noch teures Geld. Um die eigenen Kosten zu senken, verkaufen Rafale und Eurofighter um des Geldes willen ihre Flugzeuge jedem Diktator von Saudi-Arabien bis Ägypten. Ob sie damit im Jemen weiter bombardieren, spielt offenbar keine Rolle. Und die Hersteller machen dann damit sogar noch Werbung, dass die Flugzeuge kriegserprobt seien. Auch Einsätze der Franzosen und Engländer in Syrien und davor Libyen dienen diesem Zweck. Auch der zweite Amerikaner unter den Anbietern, Boeing mit seinem F/A-18 E Super Hornet verweist gerne auf die Kriegsfähigkeit seines Angebots. Sogar für Schweden war dies damals ein Grund ihre alten Gripen über Libyen Bomben abwerfen zu lassen. Der Krieg als Verkaufsargument – da lohnt sich für den Kunden der bewusste Einkaufsverzicht. Unterdessen tauchen in Militärzeitschriften Ideen bis hin zum Kauf alter Occasions-Kampfjets vom Typ F/A-18 aus Finnland oder Kanada auf. Wer ernsthaft in Sorge um die Sicherheit der Schweiz ist, lasse die Milliarden lieber dafür arbeiten, um Krankenkassenprämien, Altersvorsorge und Mieten zu vergünstigen. Auch in zehn Jahren lassen sich noch günstige Flugzeuge erwerben, die die Anforderungen für eine Luftpolizei problemlos erfüllen – für alle Kriegsfantasien sei daran erinnert, dass Kampfjets keinen militärischen Nutzen in der Defensive haben. Oder möchten gewisse Herren auch bald in der Weltgeschichte herum bombardieren?

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