Die weissen Männer, die die Welt retten wollen, müssen warten

Ende Dezember 2021 wurde bekannt:, dass das World Economic Forum (WEF) verschoben wird, nachdem es letztes Jahr zum ersten Mal in seiner etwa 50-jährigen Geschichte abgesagt worden war. Ohne diese grosse Zelebrierung des Kapitalismus werden die Eliten aus Wirtschaft und Politik noch einige Monate warten müssen, um sich dem Thema «Zusammenarbeiten, Vertrauen wieder fördern» anzunehmen, wodurch sie eine Agenda zum «nachhaltigen Wiederaufbau» setzen wollen.

ABSTOSSENDE HEUCHELEI

Eines ist klar. Der Titel des diesjährigen WEFs ist ein perfektes Spiegelbild ebenjenes Treffens: widerwärtige neo-liberale Heuchelei. Es ist offensichtlich, dass die Coronakrise und ihre Folgen direkt mit der jahrelang von diesem Forum geförderten Art des Wirtschaftens zusammenhängen. Es ist die Ausnützung und die Zerstörung der Ressourcen unseres Planeten, die zur Zoonose von SARS-CoV-2 beigetragen haben. Es sind die Neoliberalen, deren  Spar-massnahmen Krankenhäuser und öffentliche Dienste «auf Vordermann» gebracht haben. Die Konsequenzen davon spüren wir ganz besonders in Krisenzeiten und zwar in der Fantasie dieser Männer, die Staatskassen zu plündern. Gleich-zeitig betteln sie darum, mit Kurzarbeit und Staatsgeldern gerettet zu werden. Die Menschen, die aktiv die Welt nach ihren Interessen gestaltet haben, setzen sich jetzt das noble Ziel, sie zu retten – und verfolgen dabei natürlich weiterhin ihre Interessen.

DIE WELT VON GESTERN

Die Heuchelei dieser Menschen rund um die Coronakrise ist lächerlich, doch bei anderen Themen sieht es ähnlich aus. Unter den Mächtigen, die die Welt von morgen mitgestalten wollen, befinden sich Rüstungsfirmen wie Lockheed Martin, ebenjene Fima, die dem Bund die berühmten F-35 verkaufen will. Vertreter*innen aus der Öl-, Zement- und Atombranche sind ebenfalls anwesend, sowie gewisse Wirtschaftsmagnate, die man gar nicht zu nennen braucht. Wollen sich diese Gehör verschaffen, können sie auf Staatschef*innen und Minister*innen zählen, die nur das Dogma des Neoliberalismus und der freien Marktwirtschaft im Kopf haben. Wenn man ein Familienporträt dieses Forums malen würde, würde es einen an ein Fresko aus alten Zeiten erinnern. Als wäre das noch nicht genug, muss man noch einige grosse Namen erwähnen, die in Davos bereits ihre Schleimspuren hinterlassen haben, darunter Trump, Bolsonaro oder Putin. So wird klar, dass dieses Forum nicht nur den Weltfrieden ausbremst, sondern auch dass Neoliberalismus und Autoritarismus sehr gut miteinander auskommen.

SELEKTIVE ETHISCHE BEDENKEN

Es ist wenig überraschend, dass die Welteliten mit zweierlei Ellen messen. Wenn sie ernsthaft über die Ziele nachdenken würden, würden sie merken, dass nichts den Erhalt und den Ausbau des kapitalistischen Wirtschaftssystems recht-fertigt. Sie wüssten, dass Kapitalismus Ungleichheiten schafft und sie ausschöpft, dass seine Grundpfeiler Beherrschung und Ausbeutung sind, und dass seine internen Ungereimtheiten sowohl Menschen als auch ihre Umwelt zerstören. Die Reichen und Mächtigen werden also bis zum Sommer warten müssen, um die Welt vor ihnen selbst zu retten.

Wir werden dieses Jahr erneut demonstrieren müssen, im Sommer diesmal. So zeigen wir den Eliten, dass man nicht mit Think Tanks und «Weiter wie gehabt» Auswege aus den Krisen finden kann, sondern durch ökosoziales, demo-kratisches, globales und friedliches Handeln. Denn eines steht fest: die Lösung wird nie vom WEF kommen.

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