Drei Streikende vor dem Bundesstrafgericht

Am 5. Mai fand in Bellinzona vor dem Bundesstrafgericht der Prozess statt, in dem sich die Bundesanwaltschaft und drei Mitglieder des Klimastreiks gegenüber standen. Ihr Verbrechen? Sie haben 2020 zu einem Militärstreik aufgerufen.

Der Aufruf genügte, um völlig übertriebene juristische Massnahmen gegen die drei Jugendlichen loszutreten: Einheiten von Kantons- und Bundespolizei und sogar ein Helikopter wurden aufgeboten, um die Wohnsitze der drei Streikenden zu durchsuchen, IT-Material zu beschlagnahmen und sie zu verhaften. Zwei Jahre später stehen die drei in Bellinzona nun vor Gericht. Dort begegnete die Polizei den etwa dreissig Unterstützer*innen der Angeklagten mit einem Grossaufgebot. Ein Journalist von RSI erzählte uns sogar, er sei nur aus Neugierde ob dieser absurden Anklage zur Anhörung gekommen. “Absurd” ist wohl das richtige Wort, um diesen Fall zu beschreiben, der drei Antimilitarist*innen vor ein Gericht gebracht hat, vor dem üblicherweise des Terrors angeklagte Menschen stehen. Als solche werden die drei dann auch vor Gericht behandelt. Die Bundesanwaltschaft beschrieb denn auch die Angeklagten als gefährliche Kriminelle. So wollten sie vermutlich die ausserordentlichen Massnahmen rechtfertigen, die sie ergriffen haben, um einem Vergehen zu begegnen, das keines ist. Eine der Angeklagten äusserte sich während des Prozesses hierzu: “Ich erkenne mich nicht wieder in diesem schuldigen, zerstörerischen und hirnlosen Wahn, ich erkenne mich nicht wieder in dieser Bedrohung, die ich für die Gesellschaft sein soll. Ich erkenne mich nicht wieder in dieser Person, die man vor Gericht stellt.”

Wie lässt sich diese juristische Verbissenheit erklären? Einer der Angeklagten meint dazu : “Ich habe das Gefühl, dieses ist in einer globalen Repression der Aktivist*innenbewegungen zu verorten.” Und tatsächlich, seit einigen Jahren nehmen Prozesse gegen politische Aktivist*innen ein noch nie dagewesenes Ausmass an. Dies führt dazu, dass einige zweimal überlegen, bevor sie sich engagieren. Während des Prozesses wurde des Weiteren ganz klar auf den “chilling effect” verwiesen. Es handelt sich dabei um ein perfides Vorgehen, das durch die Androhung schwerwiegender juristischer Konsequenzen Personen entmutigen soll, ihre politischen Rechte wahrzunehmen. Denn entgegen aller Behauptungen seitens der Staatsanwaltschaft handelt es sich bei diesem Verfahren ganz klar um einen politisch motivierten Prozess. Die Bundesanwaltschaft begründete ihre Anklage auf einem archaischen Gesetz, das seit Jahrzehnten nicht mehr angewandt wird, und dies nur weil ein SVP-Nationalrat nicht zufrieden war, dass dieser Fall nicht weiterverfolgt wurde. Dabei hatte der Bundesrat im Namen der freien Meinungsäusserung zunächst beschlossen, die Angeklagten nicht weiter juristisch zu belangen.

Was wir bei diesem Fall sehen, ist ein besorgniserregendes Bild der Meinungsfreiheit in der Schweiz. Diese wiederholten Verurteilungen von Aktivist*innen führen dazu, dass politische Aktivist*innen sich aus Angst vor Sanktionen nicht mehr engagieren. Die drei Antimilitarist*innen, deren Fall in Bellinzona verhandelt wird, sind zwar müde, haben aber ihre Ideale nicht aus den Augen verloren. Sie haben uns jedoch gesagt, sie würden ihren Kampf in Zukunft anders führen. 

Die drei Angeklagten wurden letztlich – knapp nach Redaktionsschluss – freigesprochen. Wir möchten diesen Artikel mit einigen Zeilen beenden, die von einer der Angeklagten zum Ende des Prozesses auf Französisch vorgetragen wurden.

“Unsere Bücher, Blätter und Stimmbänder hättet ihr uns wegnehmen sollen

Denn die Texte und Gedichte, die ihr uns verbietet,

Die lesen wir
Die schreiben wir
Die schreien wir!Verbrennen könntet ihr sie
Doch sie sind die Bomben,
Die die Armee zu Grunde richten werde”