Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser

Der 22. September bietet den StimmbürgerInnen die Gelegenheit, die Schweiz wieder einmal richtig durchzulüften. Wie gross waren die Euphorie und der Optimismus, als die sozialistischen Diktaturen Ende der 80er-Jahre kollabierten. Von einer Friedensdividende war die Rede: Das Geld, das nicht mehr für die Hochrüstung der Armeen blockiert wird, könne in neue zukunftsweisende Projekte und Technologien investiert werden. Davon träumte man vor 20 Jahren in der Schweiz, genauso wie im Rest der Welt. «Freiheit statt Militarismus!» lautete die Losung zu Beginn der 90er-Jahre.
Doch heute drückt der Mief des Kalten Krieges noch immer auf das Land. Jedes Jahr werden Tausende junger Männer zum Militärdienst gezwungen. Sie werden aus ihren Familien gerissen, von ihren Freundinnen getrennt und an ihren Arbeitsplätzen hinterlassen sie Lücken. Die Aufhebung der Wehrpflicht ist mehr als eine armeepolitische Reformdiskussion. Es geht um die Zukunft der Schweiz: «Freiheit statt Militarismus!» lautet noch immer unser Ideal. Mit einem Ja zur Aufhebung der Wehrpflicht befreien wir Tausende junge Männer vom Militärzwang. Deshalb verdient die Initiative das volle Engagement aller GSoAtinnen und GSoAten. Im Extrabund im Innern dieser Zeitung sind die Argumente für unsere Initiative ausführlich dargelegt. Und wir zeigen verschiedene Möglichkeiten auf, wie sich jede und jeder für die Initiative «Ja zur Aufhebung der Wehrpflicht!» engagieren kann.
Die beiden letzten Initiativen der GSoA (Verbot von Kriegsmaterial-Exporten und Schutz vor Waffengewalt) wurden zwar vom Volk abgelehnt, aber unter starkem öffentlichem Druck mussten Bundesrat und Parlament verschiedene Gesetzesverschärfungen in unserem Sinne durchführen. Die Artikel zu Schweizer Waffenlieferungen und zur geplanten Kampfjetbeschaffung zeigen auf, dass das Erreichte durch neue Angriffe der Rüstungslobby bedroht wird. Das beweist: wir können uns nicht auf Bundesrat und Parlament verlassen. Allzu schnell «vergessen» die ihre Versprechungen wieder, die sie vor Abstimmungen zu machen gezwungen sind.