Gewalt stärkt Repression

Ein weiteres World Economic Forum ist vorbei. Wieder trafen sich, diesmal unter dem Motto «partnering for prosperity and security» über 2000 Wirtschaftsführer und Politiker wie der US-Vize Cheney, die täglich sowieso nichts anderes tun, als «den Zustand der Welt zu verbessern»…

Und wieder stand das WEF und der Einsatz der Schweizer Armee zum «Schutz» dieser privaten Veranstaltung im Zentrum der Kritik vieler globalisierungskritischer und friedenspolitischer Gruppierungen. Doch im Unterschied zu früheren Jahren scheiterte dieses Jahr ein gemeinsames Vorgehen an den Bedenken zahlreicher Gruppierungen (darunter der GSoA), die als Grundlage für die Protestaktivitäten ein klares Bekenntnis zur Gewaltfreiheit für notwendig erachteten. Diese Forderung war vor allem aus der Erkenntnis entstanden, dass die Ausschreitungen am Rande des G8-Gipfels in Evian vom Sommer 2003 in erster Linie die Schweizer Armee und deren Bestrebungen zum Ausbau von Einsätzen im Innern gestärkt hatte.

Die Folge dieses Auseinanderbrechens des «Oltner Bündnisses» waren zahlreiche, von einander unabhängige Aktionen wie etwa die erfolgreiche gewaltfreie Blockade des Flughafens oder die sehr gelungene Enttarnung des Kommandobunkers), ein surreal anmutender Auftritt des «Revolutionären Bündnisses» im Schweizer Fernsehen sowie eine friedliche Demonstration in Chur – die mit einem massiven und schikanösen Polizeiaufgebot in Landquart endete.

Welche Bilanz können wir nach dem diesjährigen WEF-Widerstand ziehen? Die gute «Zusammenarbeit» zwischen der Polizei und Armee auf der einen Seite sowie den zwar wenigen, aber entscheidenden gewaltbereiten Personen des Widerstandes andererseits hat erneut bestens funktioniert: Die Repression der Polizei wird dazu führen, dass einige der friedlichen DemonstrantInnen, die in Landquart während Stunden festgehalten, in klirrender Kälte mit Wasser oder Tränengas geduscht und kontrolliert worden sind, kaum mehr an eine Kundgebung gegen das WEF gehen werden. Und die gewaltbereiten Gruppen können sich von nun an wieder auf den «Terror» der Polizei und der Behörden berufen…

Auch das WEF 2004 hat darum klargemacht, dass es nur einen Weg aus dieser Gewaltspirale gibt: Die Repression der Polizei darf nicht mit Gewalt oder Aufrufen zur Gewalt weiter gestärkt werden – sondern muss mit strikt gewaltfreiem Widerstand vorgeführt werden. Ansonsten ist die noch immer berechtigte Kritik am WEF und am Armeeeinsatz – was die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit angeht – gegen die Charme- und Schleimoffensive der WEF-Veranstalter chancenlos.

Dieser gewaltfreie Widerstand muss nicht «harmlos» und schon gar nicht wirkungslos sein. Und es gibt für ihn ein grosses Potenzial von aktiven Menschen, wie die grosse Beteiligung in diesem Jahr gezeigt hat…