Scharf oder lieber mit Pfeffer?

Nach mehr als einem Dutzend ungewollten Schussabgaben beim Wachtdienst mit durchgeladenen Waffen seit Anfang dieses Jahres, hat die Armeeführung den neuen Wachtbefehl endlich ausgesetzt. Als Ersatz möchte sie die Wache schiebenden Soldaten mit Pfeffersprays ausrüsten.

Nachdem das Nachrichtenmagazin 10vor10 ziemlich verstörende Bilder von Übungen mit Pfeffersprays in der Offiziersausbildung verbreitete, bemühte sich die Armeeführung um einen guten Eindruck. Soldaten und Rekruten würden keinen solchen Tests ausgesetzt und medizinische Versorgung für die Besprühten sei obligatorisch. Während die freiwillig besprühten Offiziers-Anwärter sofort medizinisch versorgt werden, wäre dies bei einem realen Einsatz natürlich nicht der Fall. Dies zeigt einerseits ein gesundheitliches Gefahrenpotential, das dem Pfefferspray-Einsatz durch die Armee intern eingeräumt wird, während andererseits gegen aussen von einer harmlosen Waffe gesprochen wird. In der Übung dürfen ausserdem keine Brillen- oder Kontaktlinsenträger besprüht werden. Diese Einschränkung gilt im Einsatz wohl auch nicht.

Die Hemmschwelle sinkt

Unverständlicherweise wird nach dem Wachtdienst nicht kontrolliert, ob der Pfefferspray eingesetzt wurde oder nicht. Ein dazu nötiges Wägen vor und nach dem Einsatz wurde aus dem Reglement gestrichen.

Durch die Verharmlosung dieser Waffe und die Nichtkontrolle ihres Einsatzes sinkt die Hemmschwelle zum Einsatz des Pfeffersprays. Erwartet wird ein verantwortungsvoller Umgang mit Waffen. Aber offensichtlich gelingt es nicht einmal, den Soldaten die sichere Handhabung von scharfen – tödlichen – Waffen beizubringen, wie der «Ernstfall» des Wachdienstes mit durchgeladener Waffe zeigt. Kann dann ein verhältnismässiger Einsatz von – ach so harmlosem – Pfefferspray erwartet werden?