Drohender Rückschritt beim Zivildienst

Seit seiner Einführung im Jahr 1996 dauert das Tauziehen um den Zivildienst an. Aktuell sehen MilitärbefürworterInnen ihre Armee erneut vom zivilen Ersatzdienst bedroht, weshalb sie ihn mit Nachteilen und Hürden versehen und damit unattraktiver und unzugänglicher machen wollen.

Mit überwältigender Mehrheit haben die Schweizer Stimmberechtigten 1992 der Einführung eines zivilen Ersatzdienstes (Zivildienst) zugestimmt. Diese Zusage war hart erkämpft: Die GSoA formulierte kurz zuvor den «Aufruf zur Tat», einen Aufruf zur massenhaften Dienstverweigerung, um Druck für die Einführung eines Zivildienstes zu erzeugen. Als der Zivildienst 1996 dann endlich eingeführt wurde, war er noch mit zwei essentiellen Hürden ausgestattet: der anderthalbmal so langen Dauer im Vergleich zum Militärdienst und der Gewissensprüfung. Die Abschaffung der Gewissensprüfung gelang mittels einer parlamentarischen Initiative von Heiner Studer Ende 2008. Ab dem 1. April 2009 reichte zur Zulassung in den Zivildienst die Bereitschaft der Dienstpflichtigen, die anderthalbfache Dauer an Diensttagen zu leisten als «Tatbeweis».

Drohender Rückschritt
Obwohl sich während der Wehrpflicht-Initiative neu auch bürgerliche Politiker positiv zum zivilen Ersatzdienst äusserten, führen die bürgerlichen SicherheitspolitikerInnen seit mehreren Monaten wieder ihren Kampf gegen den Zivildienst. Zwar wurde bereits 2011 der Zugang zum Zivildienst erstmals wieder erschwert und das finanzielle Entgelt der Dienstleistenden gekürzt. Aber einigen ist das noch nicht genug. Sie fühlen sich von wachsenden Gesuchszahlen für den Zivildienst bedroht und fordern Restriktionen. Im Rahmen der Diskussion um die Zivildienstrevision im vergangenen November hat eine knappe Mehrheit der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates (SiK-N) der parlamentarischen Initiative «Stopp dem Jekami im Zivildienst» von alt Nationalrat Edi Engelberger (FDP) Folge geleistet. Demnach sollten bis zur Sitzung Ende Januar Vorschläge zu Zugangsbeschränkungen zum Zivildienst ausgearbeitet werden. Mit diesem Entscheid missachtet die SiK-N auch die Tatbeweislösung. Der Zivildienst wird noch stärker in Frage gestellt als zu Zeiten der Gewissensprüfung. Einzelne Militärs träumen davon, dass junge Männer, die bereits mit der RS begonnen haben, nicht mehr zum Zivildienst wechseln dürfen. Ein solcher Vorschlag wird zur Zeit in der SiK-N beraten. Das käme einem gewaltigen Rückschritt in die Zeiten des Kalten Krieges gleich, wo Dienstverweigerung mit Gefängnis bestraft wurde.

Verpasste Chance
Dass so viele junge Leute gerade während dem Militärdienst in den Zivildienst wechseln, ist ein deutliches Signal. Sie wollen ihre Zeit sinnvoll einsetzen, was in der Armee nicht der Fall ist. Der Zugang zum Zivildienst sollte entsprechend vereinfacht und nicht erschwert werden. 20 Jahre nach der Einführung des Zivildienstes muss endlich anerkannt werden, dass der Zivildienst eine echte Alternative zum sinnlosen Militärdienst darstellt und als solche auch von Tausenden von jungen Schweizern geschätzt wird. In der Frühlings- und Sommersession beraten National- und Ständerat die Revision des Zivildienstgesetzes. Die Vorlage steht unter keinen guten Vorzeichen. Die mutlose Botschaft des Bundesrates zeigt, dass der zivile Militärersatzdienst noch immer ungerecht behandelt wird. Hinzu kommt eine Mehrheit der SiK-N, die nun wieder in die Schützengräben gestiegen ist und den Zivildienst grundlegend bekämpft. Die Revision wäre eine Chance für die Förderung des zivilen Engagements, doch wie es aussieht, soll sie nun eher noch die Ungleichbehandlung des Zivildienstes gegenüber dem Militärdienst zementieren. Trotz den schwierigen Aussichten bleibt die GSoA hartnäckig. Sie wird sich intensiv dafür einsetzen, dass die Hürden für den Zivildienst nicht weiter erhöht, sondern abgebaut werden und dessen Dauer der Länge des Militärdienstes angepasst wird.