«Ich studiere Offizier an der HSG»

Die Armee hat sich etwas ganz neues einfallen lassen, um nicht noch mehr ihrer gut ausgebildeten Angehörigen zu verlieren: neu sollen sich Studenten ihre Offizierskurse ans Studium anrechnen lassen. Das
ist nicht nur sinnlos, sondern auch diskriminierend.

2017 soll das Jahr werden, in dem das VBS mit allen Schweizer Hochschulen Kontakt aufnehmen will, um mit ihnen Vereinbarungen über die Anerkennung von militärischer «Führungsausbildung» abzuschliessen. Dies hat Oberst i Gst (im Gartenstuhl) Michael Arnold im September 2016 bekannt gegeben. Dass es mit der Militärakademie (Milak) an der ETH Zürich bereits eine unheilige Verquickung von Wissenschaft und Armee gibt, ist bekannt. Weniger bekannt ist, dass die Armee in den letzten Jahren mit verschiedenen Hochschulen Zusammenarbeitsvereinbarungen abgeschlossen hat, und Offiziere damit bereits heute an allen Fachhochschulen sowie den Universitäten Neuchâtel, St. Gallen und Zürich gratis ECTS Punkte erwerben können. An der Uni Zürich funktioniert das folgendermassen: wer es mindestens bis zum Fourier / Feldweibel gebracht hat und an der UZH Wirtschaft oder Informatik studiert, erhält drei bis sechs ECTS Punkte geschenkt. Einfach so. Denn: «Die höhere militärische Kaderausbildung bietet eine wertvolle Führungsausbildung, die das akademische Studium sinnvoll ergänzt», so Harald Gall, Dekan der zuständigen Fakultät.

An der HSG bekommen Offiziere sogar bis zu zwölf ECTS Punkte geschenkt. Dafür muss lediglich eine Arbeit über militärische Führungsgrundsätze im zivilen Umfeld geschrieben werden. Damit soll der «verbreitete[n] Führungslosigkeit und Verantwortungsdiffusion» entgegengewirkt werden, so der Offiziersverband an der HSG. Diese Kooperationen sind das jüngste Beispiel für die zunehmend verzweifelten Massnahmen, um doch noch ein paar gut ausgebildete Personen in der Armee zu halten. Der Trend, dass insbesondere urbane Männer mit Matura und Studienabschluss der Armee den Rücken kehren, hat offenbar bedrohliche Ausmasse angenommen; dass das VBS kreativere Massnahmen ergreifen will, erstaunt deshalb nicht.

Es ist jedoch überraschend, dass sich die Hochschulen darauf einlassen. Denn: militärische Befehlsgewalt mit Kadavergehorsam und zahllosen Schikanierungsmöglichkeiten unterscheidet sich grundlegend von ziviler Führung, die auf Kooperation und fachliche Autorität angewiesen ist. Gegen die veralteten Kommandokonzepte der Armee hilft auch keine «5000-jährige Tradition» (so der Offiziersverband der HSG) weiter. Zudem sind die Abkommen diskriminierend gegenüber der grossen Mehrheit der Studierenden. Da nur Offiziere diese Gratispunkte absahnen können, werden insbesondere AusländerInnen und Frauen (der Frauenanteil in der Armee beträgt lediglich 0.6%) systematisch benachteiligt. Da ist es doch sehr erstaunlich, dass ausgerechnet die Hochschulen mit ihren Förderungsprogrammen für Frauen und internationale Studierende bei diesem Treiben mitmachen.