Kein Gütesiegel für den Gripen

Edward Snowden hat Saab zum einem unverhofften Auftrag für den Gripen E verholfen. Die Schweizer Gripen-Freunde sollten sich nicht zu sehr darüber freuen.

Nicht nur bei Saab, sondern auch bei den Schweizer Gripen-Anhängern war die Erleichterung gross, als Saab im vergangenen Dezember mit Brasilien den ersten Käufer für den Gripen E gefunden hatte. Saab hatte bisher in allen Ausschreibungsverfahren schmerzhafte Nieder l a gen einstecken müssen, unteranderem in Indien, Holland und Norwegen. Und Schweden hatte seine Bestellung von 60Gripen E davon abhängig gemacht, dass ein zweites Land den Papierflieger ebenfalls beschaffen würde. Ohne baldigen Auftrag hätte der schwedische Rüstungskonzern früher oderspäter wie der gleichnamige Autohersteller Konkurs anmelden müssen. In Brasilien waren die Konkurrenten von Saab: Boeing mit der neuste Version des F/A-18 sowie die französische Rafale, den auch die Schweiz evaluiert hatte. Alle Zeichen hatten darauf hingedeutet, dass der F/A-18 dank dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis das Rennen machen würde. Überraschend gab Brasilien am 18. Dezember jedoch bekannt, dass es sich für den Gripen entschieden hatte. Diesen Entschluss hatte Präsidentin Dilma Rousseff sehr kurzfristig gefasst. Selbst der Verteidigungsminister erfuhr offenbar erst am Tag vor der offiziellen Verlautbarung, dass die Präsidentin die Empfehlung der Luftwaffe in den Wind geschlagen hatte. Das US-amerikanische Magazin Foreign Policy beschrieb den Entscheid als «das einzige Gefecht, das die F/A-18 je gegen den Gripen verlieren» werde.

Ohrfeige für die USA

Was zum überraschenden Meinungsumschwung geführt hat, war bald klar. «Die NSA-Affäre hat den Amerikanern das Geschäft verhagelt» ,wie es ein brasilianischer Regierungsmitarbeitergegenüber der Nachrichtenagentur Reuters ausdrückte. Die Veröffentlichungen von Edward Snowden warfen auch in Brasilien hohe Wellen. Dass die USA illegal hohe PolitikerInnen – unter anderem Präsidentin Rousseff selbst – und Unternehmen abgehört hatte, liess nicht nur die öffentliche Meinung brodeln. In der Uno übernahm Brasilien die Führungsrolle, um ein internationales Abkommen für den Schutz der digitalen Privatsphäre voranzutreiben. Den sicher geglaubten Deal mit Boeing platzen zu lassen war eine willkommene Gelegenheit, um die USA auch wirtschaftlich spüren zu lassen, dass die Abhöraktionen inakzeptabel sind. Die Gripen-Befürworter in der Schweiz haben sich ausgiebig über die Typenwahl in Brasiliengefreut. Bei genauerem Hinsehen gibt es für sie jedoch nicht viel Grund zum Jubel: Der Entscheid taugt nicht als Gütesiegel für den Gripen, denn er war in erster Linie eine Ohrfeige für die Konkurrenz. Hinter den Kulissen wird es für Saab nun noch schwieriger, die versprochenen Gegengeschäfte einzufädeln, da nun zweipotentielle Kunden zu befriedigen sind. Und vor allem wird es für Saab schwierig zu erklären, warum es Brasilien die viel besseren Konditionen gewährt als der Schweiz.

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