Kleinwaffen

Während sich die internationalen Rüstungskontroll- und Abrüstungsbemühungen der zurückliegenden Jahrzehnte auf schwere Waffensysteme und das Arsenal an Atomwaffen konzentrierten, sind die sogenannten Kleinwaffen spätestens in den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu den eigentlichen modernen Massenvernichtungswaffen geworden.

«Es ist, als ob wir den Boden aufwischen, während der Wasserhahn läuft. Ein Kugelhagel dauert nur fünf Minuten, aber es kostet drei Stunden Zeit und enorme Ressourcen, um einen Menschen wieder herzustellen». Diese Aussage stammt von Dr. Olive Kobusingye, einem Unfallchirurgen aus Uganda. Kobusingye geht immerhin davon aus, dass sich nach dem Kugelhagel die Menschen wieder «herstellen» lassen. Für jährlich 500’000 Menschen kommt allerdings jede Hilfe zu spät. Sie sterben im Kugelhagel. Das sind 60 pro Stunde, 90% der Opfer sind Frauen und Kinder.

UN-Konferenzen: wenig Resultate

Nachdem im Jahr 2001 die erste UN-Konferenz gegen den illegalen Handel mit Kleinwaffen und leichten Waffen stattgefunden hatte, fand darauf basierend im Jahr 2003 die erste Überprüfungskonferenz statt. An den Konferenzen nahmen rund 150 Staaten, zahlreiche NGOs, Vertreter der EU und anderer zwischenstaatlicher Organisationen teil. Wenig überraschend führten die Konferenzen allerdings lediglich zu Appellen und zu einem wenig detaillierten, unverbindlichen Aktionsprogramm. Wenig überraschend deshalb, weil neben den Gegnern des Kleinwaffenhandels auch einflussreiche Organisationen der Waffenlobby, wie die amerikanische National Rifle Association, am Treffen teilnahmen. Die National Rifle Association unterstützte im vergangenen US-Wahlkampf Präsident Bush mit 20 Mio. Dollar. Trotz der wenig ermutigenden Resultate der beiden Konferenzen sehen Vertreter der NGOs die Treffen nach wie vor als ein wichtiges Element im Kampf gegen die Kleinwaffenproblematik. Im Jahr 2006 ist eine Nachfolgekonferenz geplant.

Hoffnung auf öffentlichen Druck

Unter dem Titel «Control Arms» wurde im Oktober letzten Jahres eine Kampagne gestartet, die gegen die Massenvernichtungswaffe Kleinwaffen ankämpft (www.controlarms.org). Hinter der Kampagne stehen Amnesty international, die britische Hilfsorganisation Oxfam und das internationale Aktionswerk gegen Kleinwaffen (IANSA), welches weit über 300 NGOs aus 71 Ländern vereint. Ziel der Kampagne ist ein rechtlich verbindliches internationales Abkommen zu schaffen, das alle Rüstungstransfers strikt kontrolliert sowie völker- und menschenrechtsverletzende Waffengeschäfte verbietet. Dass Anstrengungen dieser Art Erfolg haben können, beweist die Konvention über das Verbot von Antipersonenminen im Jahr 1997. Dieses resultierte aus dem Zusammenspiel von engagierten Regierungen und weltweiter öffentlicher Unterstützung durch die Zivilgesellschaft. Obwohl das Landminenproblem bei weitem noch nicht vollständig beseitigt ist, ist es als Erfolg zu werten, dass seit 1997 kein Land mehr offen mit Antipersonenmienen handelt. Auf diese Kombination aus öffentlichem Druck und verbündeten Regierungen setzt die Kampagne «Control Arms» denn auch für die Zukunft. Der Druck ist umso nötiger, weil die Terroranschläge vom 11. September dazu führten, dass einige Exportstaaten ihre Kontrollen lockerten, um ihre Verbündeten im Kampf gegen den Terrorismus auszurüsten.

Waffendurchtränkte Schweiz

Dass es auch in der Schweiz betreffend verantwortungsvollerem Umgang mit Kleinwaffen noch viel zu tun gibt, ist nicht erst seit dem blutigen Attentat auf das Zuger Parlament bekannt. Die Schweiz als eines der waffendurchtränktesten Länder der Welt hat nicht nur ein äusserst liberales Waffengesetz, sondern auch die international einmalige Miliz-Tradition der Abgabe der Kampfgewehre an die Soldaten nach Hause. Nichtsdestotrotz droht Pro Tell, der Dachverband der mächtigen Schützen- und Waffenlobby, eigentlich selbstverständliche Gesetzesänderungen, die auf einen sichereren Umgang mit Waffen abzielen, mittels Referendum zu torpedieren. Pro Tell ist somit das nationale Pendant zur National Rifle Association in den USA. Für verstärkte Waffenkontrollen in der Schweiz kämpft etwa der Schweizerische Friedensrat mit seiner Kampagne gegen Kleinwaffen (www.friedensrat.ch). International wie national gleichen sich die Mechanismen: Einflussreiche Waffenlobbys mit guten Beziehungen in ihre Parlamente auf der einen Seite, Nichtregierungsorganisationen mit beschränkten Mitteln auf der anderen Seite – und dies bei jährlich 500’000 Opfern im Kugelhagel.

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