Konzeptlos die Armee aufrüsten?

Bericht aus dem Parlament 

Die nationale Aufrüstung wird oft als rein sicherheitspolitisches Ereignis betrachtet. Doch von der Aufrüstung sind wir alle betroffen. 2024 führte die Aufrüstung der Armee zu Sparpaketen. von Sarah Wyss, Nationalrätin SP/ BS und Präsidentin der Finanzkommission 

Der GSoA-Leser*innenschaft weithin bekannt, weht auch in Bundesbern in Sachen Aufrüstung und Sicherheitspolitik seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs ein anderer Wind. Anders ausgedrückt: Der Wind hat um 180° gedreht. Nur wenige Monate nach dem Überfall Russlands wurde ein bürgerlicher Vorstoss gutgeheissen, der die Aufstockung des Armeebudgets auf 1% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bis 2030 verlangt. Dies bedeutet beinahe eine Verdoppelung der Ausgaben für die Armee (auf rund 10 Mia. Franken/ Jahr). Dieser Betrag war vielen Befürworter:innen während der Debatte gar nicht bewusst, da einige doch vom damaligen BIP und damit einem Zielwert von “nur” 7.5 Mia. CHF ausgingen.
Als Hauptargument für die Erhöhung wurden die drohende Gefahr einer militärischen Eskalation in Europa/ Schweiz, aber auch das jahrelange “Kaputtsparen der Armee” genannt. Zwei gut widerlegbare, unkorrekte Argumente. Ein weiteres Argument lautete, dass sich die Schweiz dem Nato-Ziel von 2% annähern sollte. Auch dieses Argument hält nicht stand. Der Vergleich hinkt. Denn die Ausgaben, welche die Schweiz als «Armeeausgaben» ausweist, sind nicht vergleichbar mit jenen anderen Ländern. So sind beispielsweise die EO-Ausgaben, mit welchem die Rekruten/ Soldaten entlohnt werden und die darüber hinausgehenden privat- und volkswirtschaftlichen Folgen einer Milizarmee nicht in den Armeeausgaben inbegriffen, was einen Vergleich mit einer Berufsarmee verunmöglicht. 

Der Traum der schnellen Aufrüstung platzt – Folgen bleiben

Den Bürgerlichen, die das Märchen der “kaputtgesparten Armee” gebetsmühlenartig wiederholen, kann dieser finanzielle Turboausbau der Armee nicht zu schnell gehen. Obschon unklar ist, ob das gesprochene Geld überhaupt in so kurzer Zeit sinnvoll ausgegeben werden kann. 

Doch dem Armeebudget für die kommenden Jahre machte nicht die “technische” Umsetzbarkeit einen Strich durch die Rechnung, sondern die Bundesrätin Karin Keller-Sutter: Sie erstreckt aus Spargründen und wegen unserer restriktiven Schuldenbremse die Armeebudgeterhöhung auf 1% des BIPs auf 2035 (anstatt 2030). Das bedeutet noch immer jedes Jahr 300 Millionen Franken mehr für die Armee in den Jahren 2024 und 2025.

Für das Jahr 2024 bedeutete diese Erhöhung – auch wenn kleiner als ursprünglich gefordert – eine zweiprozentige Querschnittskürzung in allen anderen (ungebundenen) Ausgabenbereichen der Bundesdepartemente. 

Parlament ist unbelehrbar

Wer nun meint, alle hätten sich zähneknirschend mit diesem 2035-Deal kompromissartig abfinden können, der hat weit gefehlt. Bei vollem Bewusstsein, welche Auswirkungen der Antrag finanzpolitisch für andere Politbereiche (weitere Sparübungen) hat, wurde in der Budgetdebatte vergangenen Dezember der Antrag gestellt, dass man am 1%-Ziel für 2030 festhält.  

Glücklicherweise kam es zum Schluss der Budgetdebatte zu einer Wende: Der erwähnte Antrag, der das Festhalten am ursprünglichen Plan (1% des BIP bis 2030) verlangte, scheiterte knapp und nur dank des Stichentscheides unseres linken Ratspräsidenten. Zum Stichentscheid kam es notabene nur deshalb, weil der Berner SVP-Politiker Erich Hess fehlte. 

Ehrlichkeit der Bürgerlichen schockiert

Eine stetige Erhöhung bleibt auch nach der Budgetdebatte vom Dezember 2024 bestehen. Und ich nehme mit Entsetzen folgende Erkenntnis mit: Für die Erhöhung des Armeebudgets ist ein Grossteil des Parlamentes bereit, massive Sparübungen in anderen Bereichen wie Bildung, Soziales und internationale Zusammenarbeit in Kauf zu nehmen. Hingegen ist die Mehrheit noch nicht bereit, unsere restriktive Schuldenbremse zu reformieren. 

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