Der Bundesrat empfiehlt die Initiative «Für den Schutz vor Waffengewalt» ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Das geltende Waffengesetz und die veranlassten «Optimierungen» bei der Heimabgabe der Ordonanzwaffe würden ausreichen. In Tat und Wahrheit sind diese Anpassungen blosse Kosmetik.
Seit dem ersten Januar dieses Jahres können Armeeangehörige ihre Waffe ohne Angabe von Gründen kostenlos im Zeughaus hinterlegen. Der Bundesrat will mit dieser Massnahme der Initiative «Für den Schutz vor Waffengewalt» das Wasser abgraben. Die Abgabe bleibt allerdings freiwillig. Somit bleiben die allermeisten Armeewaffen weiterhin in den Haushalten. Der Bundesrat argumentiert, dass der Verzicht auf die Heimabgabe dazu führen würde, dass die Waffe bei jeder Dienstleistung neu auf den Schützen eingestellt werden müsste. Dieser Mehraufwand sei nicht gerechtfertigt und zudem wäre das ausserdienstliche Schiesswesen erheblich erschwert. Angesichts der vielen Familientragödien, die mit Armeewaffen verübt werden, wirkt diese Argumentation zynisch.
Kniefall vor der Waffenlobby
Die Gründe für die bundesrätlichen Argumente sind durchsichtig. Bevölkerungskreise, die Sympathien für die Initiative hegen, sollen durch die Möglichkeit der freiwilligen Abgabe beruhigt und zu einem Nein bewegt werden. Gleichzeitig ist klar, dass diese kosmetische Anpassung der Waffenlobby gefällt, da am Prinzip der Heimabgabe nicht gerüttelt wird. Der Kern des Problems bleibt damit aber nach wie vor ungelöst. In Schweizer Haushalten lagern weiterhin über 1.7 Millionen Militärwaffen bei aktiven und ehemaligen Soldaten. Mit diesen Waffen werden Menschen bedroht und getötet. Auch Suizide werden mit diesen Waffen verübt.
Die Möglichkeit der freiwilligen Waffenabgabe führt nur dazu, dass jene Wehrmänner davon Gebrauch machen, die sich schon immer an deren Existenz im Haushalt störten. Die Gefahr geht aber nicht von diesen Männern aus, sondern von jener zwar kleinen, aber in diesem Zusammenhang entscheidenden Gruppe, die «Wehrhaftigkeit» und «Ehrhaftigkeit» verknüpft. Diese Männer werden ihre Waffe behalten und im «Notfall» – was auch immer sie darunter verstehen – die Möglichkeit haben, davon Gebrauch zu machen.
Lethargischer Bundesrat
Diese Gefahr ist umso grösser, seit bekannt ist, dass nach wie vor 60’000 Armeeangehörige ihre Taschenmunition nicht zurückgegeben haben – obwohl deren Aufbewahrung zu Hause seit dem ersten Januar dieses Jahres nicht mehr erlaubt ist. Dass es sich zumindest bei einem Teil dieser Wehrmänner nicht einfach um ein Versäumnis handelt, beweist die Tatsache, dass sich der Widerstand gegen die Rückgabe längst organisiert hat. Mitglieder der «Aktion Notwehr» argumentieren, dass dem Wehrmann durch die Rückgabe das Vertrauen entzogen würde und er entwaffnet werde. Öffentlich kommunizieren sie, dass sie sich dem Gesetz widersetzen wollen. Das Prinzip Freiwilligkeit bei der Waffen – abgabe ist absolut ungenügend. Mit kosmetischen Anpassungen verharrt der Bundesrat in einer beängstigenden Lethargie. Abhilfe schaffen kann nur ein Ja zur Initiative «für den Schutz vor Waffengewalt». Diese kommt voraussichtlich zu Begin des nächsten Jahres zur Abstimmung.