Kostenexplosion im sympathischen Deckmantel

Viola Amherd schwingt auf einer Erfolgswelle. «Sie sei hervorragend eingestiegen, und habe bereits gute Dossierkenntnisse erreicht», heisst es auf bürgerlicher Seite. Und selbst auf linker Seite scheint man positiv überrascht zu sein von ihr. Somit alles bestens? Mitnichten.

Zugegeben, Viola Amherd verleiht dem VBS auf den ersten Blick ein anderes Gesicht, als es ihr etwas spröder und nicht gerade charismatische Vorgänger Guy Parmelin getan hat. In Umfragen erhält sie bei der Bevölkerung gute «Sympathienoten», wohl nicht zuletzt deshalb, weil sie auch Themen aufgreift, die im VBS bislang Fremdwörter waren. So macht sie sich für mehr Klimaschutz stark. Sie will das VBS gar zu einem grünen Vorbild machen. Solarpanels auf Kasernen oder die Reduktion vom CO2-Ausstoss durch energieeffizientere Fahrzeuge sind ihre Ideen. Zudem will Amherd auch bei der Erhöhung des Frauenanteils Fortschritte erzielen. Sie strebt mehr Frauen in der Führung und generell in  der Armee an. Wenn es um die Kampfjetbeschaffung geht, spannt sie zudem Persönlichkeiten ein, die in der Schweiz eine hohe Popularität geniessen. So erstellte der Astrophysiker und ehemalige Astronaut Claude Nicollier einen Bericht zum Thema «Luftverteidigung der Zukunft».

Mehr, mehr, mehr 

Nun gibt es aber eben auch diese andere – wesentlich entscheidendere – Seite von Viola Amherds Politik. Neben den unsinnig teuren Kampfjets möchte das VBS im nächsten Jahrzehnt Waffensysteme für die Bodentruppen für sieben Milliarden Franken beschaffen. Mit den Kampfjets zusammen beläuft sich der derzeitige Wunschzettel auf 15 Milliarden Franken. Zudem soll das jährliche Budget über die nächsten Jahre kontinuierlich bis auf sechs Milliarden Franken steigen. Die Taktik, die Viola Amherd wählt, um diese Kostenexplosion zu verteidigen, unterscheidet sich nicht von der Taktik, die schon ihre Vorgänger angewendet hatten. Gebetsmühlenartig wird wiederholt, die Schweizer Armee müsse dringend modernisiert werden, es sei schon längst überfällig. Immer wieder wird der Eindruck erweckt, dass die Armee am «ausbluten» sei, mit der Folge, dass es um die Sicherheit in der Schweiz nicht mehr gut bestellt sei. Dies ist natürlich grober Unfug. Die Schweiz ist militärisch nicht bedroht. Die SchweizerInnen fühlen sich sicher. Dies belegt auch die neuste Sicherheitsstudie der ETH Zürich. In der repräsentativen Umfrage gaben 95 Prozent der Befragten an, sich in der Schweiz allgemein sicher zu fühlen. Es scheint, die Bevölkerung könne der Schwarzmalerei aus dem VBS wenig abgewinnen. Widersprüchlich ist zudem, dass Viola Amherd mit der Idee vom «grünen VBS» erkannt zu haben scheint, dass die wahren Bedrohungen im ökologischen Bereich liegen. Wenn Viola Amherd aber alles dafür tut, um immer noch «mehr Armee» zu erhalten, dann tut sie auch alles, um den CO2-Ausstoss zu erhöhen. Wenn die Grundmasse dermassen vergrössert wird, nützt es wenig, diese mit vereinzelten Effizienzmassnahmen grün anzustreichen. In Bezug auf das Thema Frauen liegt es auf der Hand, dass das VBS vor allem deswegen an ihnen interessiert ist, weil immer weniger Männer Militärdienst leisten wollen. Die Frauen sollen nun als Lückenbüsserinnen hinhalten.

Brandgefährliche Politik 

Was somit zurückbleibt, ist das Bild einer Politik, die auf den ersten Blick einen «netten» Eindruck macht, in der Sache aber brandgefährlich ist. Brandgefährlich deshalb, weil die hemmungslose Budget- und Ausgabenpolitik mit fortschrittlichen Themen wie Ökomarketing und Erhöhung des Frauenanteils auf dem Beifahrersitz daherkommt. Dadurch besteht die Gefahr, dass der eigentliche Kern, nämlich die Expansion der Armee, zu wenig im Fokus steht. Für friedenspolitische Kreise muss es somit darum gehen, darauf hinzuweisen, was im VBS wirklich abläuft, dies transparent zu machen und dagegen anzukämpfen. Sonst könnte es sein, dass die Schweiz eines Morgens aufwacht und feststellen muss, dass noch weniger Mittel für Bildung, Umweltschutz und das Gesundheitswesen vorhanden sind, weil die Mittel von der «Armeekrake» gefressen wurden.