Kriegslogik

Der christliche Friedensdienst cfd hat beschlossen, das friedenspolitische Referendum gegen das Militärgesetz zu unterstützen. Im Folgenden begründet Carmen Jud, Geschäftsführerin des cfd, den Entscheid.

Die Beteiligung an friedenserzwingenden Operationen geht weit über die Blauhelm-Vorlage hinaus, die der cfd 1994 noch unterstützt hatte, und stärkt die militärische Komponente der Aussen- und Sicherheitspolitik. Als feministische Friedens- und Entwicklungsorganisation wehrt sich der cfd gegen die schleichende Militarisierung der Politik. Wir lehnen militärische Konfliktlösungsstrategien grundsätzlich ab, stehen ein für politische und zivile Konfliktbearbeitung und Gewaltprävention und fordern die dafür notwendige Umverteilung der gesellschaftlichen Ressourcen (Finanzen, Forschung, Fantasie). Friedenstruppen sind militärische Truppen und somit Teil einer Struktur, deren Hauptaufgabe darin besteht, mit dem Einsatz von Waffen und somit mit Gewalt Situationen zu «behandeln». Diese Struktur gehorcht per definitionem einer militaristischen Logik. Die darin agierenden Menschen wurden nicht ausgebildet, um kontextbezogen unterschiedliche Strategien der Konfliktbearbeitung anwenden zu können, sondern zur gewaltsamen Konfliktlösung, in der der möglichst effiziente Einsatz von Waffen und die Beseitigung der Tötungshemmung zentraler Teil der Ausbildung sind. Dass in diesem Setting sogenannt männliche Eigenschaften (Aggression, Härte, Durchsetzung, Potenz) funktionalisiert werden, ist inzwischen hinlänglich bekannt. Zur Sicherung des Friedens braucht es von Grund auf darauf vorbereitete Menschen und eine auf zivile Konfliktbearbeitung angelegte Institution statt oberflächlich umprogrammierte SoldatInnen in einer militärischen Struktur.


Krisenprävention statt Truppenpräsenz

Gerade das Beispiel Kosov@ zeigt, dass ein dauerhafter Friedensprozess nicht durch eine militärische Truppenpräsenz in Gang gesetzt werden kann. Es braucht neue Strategien der Krisenverhinderung und Konfliktbearbeitung ausserhalb der militärischen Operationsfelder. Die Stärkung der Zivilgesellschaft und demokratische NGOs, staatliche Diplomatie und gerechte Wirtschaftsbeziehungen sind auf der praktischen Ebene für friedensstiftende Massnahmen besser geeignet als SoldatInnen. Die Frauen und Männer der Swisscoy mögen persönlich hochmotiviert sein. Im Vergleich zur zivilen Friedensförderung ist der militärische Einsatz jedoch ineffizient. Er hängt von teurem Schweizer Personal ab, das mitsamt Knowhow bald wieder verschwindet. Er ist stark mit seiner eigenen Struktur beschäftigt und für die Arbeit zur längerfristigen Entwicklung ungeeignet. Erfahrungen aus allen Kriegen und Missionen haben zudem gezeigt, dass im Umfeld von Militärbasen Zwangsprostitution und Frauenhandel boomen – so wird beispielsweise die Zahl der seit Kriegsende in Bosnien eröffneten Bordelle auf rund 500 geschätzt.

Der cfd unterstützt das Militärgesetzreferendum, weil es bei der Diskussion um militärische Auslandeinsätze substantiell um unsere Themen geht. Beispielsweise:

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Die Diskussion völkerrechtlicher Bedingungen zur politischen Konfliktbearbeitung und die Gestaltung der dafür nötigen Institutionen muss aus feministischer Perspektive analysiert werden.

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Die Unterscheidung zwischen friedenserhaltenden und friedenserzwingenden «Missionen» führt zur Diskussion über die Notwendigkeit, die politische Auseinandersetzung mit den Konfliktparteien zu führen und dabei – so wäre zu hoffen – auf weitere gesellschaftliche Kräfte (z.B. Frauengruppen) zu stossen.

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Die Frage der Bewaffnung ist Anlass zum Nachdenken über (Rollen)-Bilder und Werthaltungen, die mit dem Auftreten von internationalen Kräften transportiert werden.