Obwohl nicht selber aktiv Krieg führend, versetzte der Erste Weltkrieg auch die Schweiz in einen militarisierten Zustand. Der Aktivdienst und die Grenzbesetzung brachten Soldaten und ihre Familien an die finanziellen Grenzen. Die Versorgungslage und die Teuerung führen zu immer mehr Protesten, welche im Landesstreik von 1918 gipfelten.
Auch in der Schweiz wurden die Gräuel des Krieges mit Schrecken aufgenommen. Durch die Bedürfnisse der Kriegsführung wurden immer mehr Lebensmittel zur Mangelware. Auf einen solchen Versorgungsengpass war der Bund nicht vorbereitet, erst spät wurde eine Rationierung eingeführt. Die Teuerung nahm deshalb ein enormes Ausmass an, mit dem die Löhne nicht Schritt hielten. Die Schweizer Armee befand sich im Ersten Weltkrieg in der bis dahin längsten Periode des Aktivdienstes. Einberufene Wehrpflichtige erhielten nur ihren äusserst bescheidenen Sold als Entschädigung für den geleisteten Militärdienst – einen Erwerbsersatz gab es nicht, er wurde erst 1940eingeführt. Ihrer Arbeit und Erwerbsmöglichkeit beraubt, bedeutete der Militärdienst für viele Arbeiter und ihre Familien eine grosse finanzielle Not. Obwohl Frauen wegen der vielen militärabwesenden Männer leichter Arbeit fanden (gerade auch in der boomenden Rüstungsindustrie) verschlechterte sich die soziale Situation dramatisch. Immer häufiger kam es zu Streiks und Protesten gegen die Teuerung und für höhere Löhne.
Schweizer Soldaten schiessen auf Zivilisten
Militäreinsätze gegen Proteste wurden immer häufiger angeordnet. Streikende Arbeiterkonnten militärisch aufgeboten werden und dann zu Arbeitseinsätzen gezwungen werden.1916 wurde eine Demonstration in La-Chaux-de-Fonds mit der Abgabe scharfer Schüsse aufgelöst. In Bodio und Biasca streikten 1917Munitionsarbeiter, vier Streikende wurden von den eingesetzten Soldaten erschossen. Im selben Jahr streikten in Zürich ebenfalls Rüstungsarbeiter, beim Militäreinsatz gegen siewurden ebenfalls vier Menschen erschossen. Die sozialen Proteste gipfeln im November1918 beim Generalstreik, organisiert durch das «Oltner Aktionskomitee» rund um den Schweizer Antimilitaristen und Sozialdemokraten Robert Grimm. Der Bundesrat beschloss Truppen einzusetzen, die meisten städtischen Zentren der Schweiz wurden militärisch besetzt und in Grenchen wurden drei Streikende erschossen. Doch dieser Armeeeinsatz forderte noch weitere Tote, nämlich unter den Soldaten. Von den 25’000 Menschen, welche an der Spanischen Grippe in der Schweiz starben, waren 1800 Soldaten im Aktivdienst. Vielen von ihnen waren für einen Einsatzgegen streikende ArbeiterInnen aufgeboten worden. Die hygienischen Verhältnisse in der Armee waren katastrophal.
Internationales Zentrum gegen den Krieg
Doch auch für die weitere internationale Entwicklung spielten sich bedeutende Ereignissein der Schweiz ab. Als Reaktion auf die Handlungsunfähigkeit der Zweiten Internationale gegen den Krieg begannen sich die Teile der sozialistischen Parteien zu organisieren, die gegen den Krieg waren. Zentrale treibende Krafthinter der Organisation des Anlasses war erneut Robert Grimm. Im September 1915 fand die Konferenz von Zimmerwald statt, auf der die Anwesenden den Krieg verurteilten. Daran nahmen Delegierte aus allen kriegführenden Ländern sowie vieler neutraler Staaten teil. Ein Jahr später trafen sich die Gruppen erneut in Kiental. Die sogenannte «Zimmerwalder Bewegung» war davon überzeugt, dass mit «Klassenkampf» und konsequentem Antimilitarismus die kriegführenden Nationen zum Frieden gezwungen werden könnten.