Weibliche Influencerinnen sollen der psychologischen Kriegsführung der Armee dienen. Das ist für Antimilitarist*innen besorgniserregend.
Um die Frauenquote im Militär zu steigern, greift Bundesrätin Viola Amherd in der Kommunikation zu verschiedenen Mitteln. Seit Kurzem setzt sie unter anderem auf den Aufbau eines Netzwerks von Influencer*innen, die auf Social Media für den Militärdienst werben. Auf sozialen Netzwerken wie Instagram oder TikTok posieren sie in Selfies im Camouflage-Anzug mit verspielten Gesichtsfiltern. Sie zeigen sich in verführerischen Posen, am Strand, im Fitness, im Ausgang mit Militärkolleginnen und im Einsatz in der RS. Sie sind säuberlich geschminkt und benutzen Hashtags wie #armygirl, #womanpower, #strongwoman oder #militarycurves. Oft haben sie tausende Follower*innen, die fleissig mit Herzchen und Flämmchen kommentieren und ihre Bewunderung ausdrücken. Das Phänomen ist keineswegs ein Einzelfall: Zahlreiche Regierungen setzen auf Influencerinnen, um die junge Generation und speziell Frauen ins Militär zu locken.
Influencerinnen zur psychologischen Kriegsführung
Die US-Armee setzt schon seit einiger Zeit für die Rekrutierung von Streitkräften auf Influencerinnen. Gemäss dem Online-Magazin Dazed gehören die sozialen Medien gar zu den effektivsten Rekrutierungsinstrumenten der Armee. Die Influencerinnen werden von der US-Army als «Psychological Operations Specialists» beschrieben. Im Rahmen dieser Operationen werden ausgewählte Informationen an Zielgruppen übermittelt, mit dem Ziel ihre Emotionen, Motive und Überlegungen hervorzurufen, die sich als günstig für die Ziele der US-Armee erweisen. Diese Operationen sind somit Teil der psychologischen Kriegsführung, um das Verhalten und die Einstellungen der Zivilbevölkerung zu beeinflussen. Die Strategie besteht darin, die militaristische Kultur und deren Werte zu normalisieren sowie die Vorstellung davon, was es bedeutet, Soldatin zu sein, zu romantisieren.
Sexualisierter Militarismus
Traditionellerweise ist Militarismus eng mit klassischen Idealen von Männlichkeit und Weiblichkeit verbunden. Die männliche Identität wird stark mit dem Militär in Verbindung gebracht. Dabei werden Eigenschaften wie Gewalttätigkeit, Aggressivität, Toughness oder Dominanz typischerweise mit Männlichkeit assoziiert. Der vom Militär konstruierten Weiblichkeit hingegen werden Attribute wie schwach, schutzbedürftig und unterstützend zugeschrieben. . Die Influencerinnen strahlen aber das Bild einer Powerfrau aus, die sich selbst verteidigen kann. Sie ist stark vom “male gaze” geprägt – also der Darstellung von Frauen durch die Augen eines heterosexuellen Cis-Mannes. Es ist kein Zufall, dass die Influencerinnen einem gewissen Schönheitsideal entsprechen und sehr feminin erscheinen. Die Botschaft ist klar: Frauen in männerdominierten Umfeldern sind attraktive “Girlbosses” , die genau wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Minderheit im Militär begehrenswert sind. Somit wird sich auch feministischen Argumenten der Gleichstellung bedient, um diese Darstellung für Frauen attraktiv zu machen. Männlich sollen sie dabei aber nicht wirken, dies signalisiert die Bildsprache klar. Was wir heute auf diesen Social Media Kanälen sehen, ist eine Form von hypersexualisiertem Militarismus. Dabei wird Gewalt in Form von Selfies, Gesichtsfiltern und Hashtags als etwas Niedliches, Albernes, Unbedrohliches gar Lusterregendes dargestellt. Für Antimilitarist*innen ist das besorgniserregend, denn so dringt Militarismus ungestört in die Internet- und Popkultur und von dort schleichend in die Gesellschaft ein.