Mit Gesichtserkennung gegen die Bevölkerung

Beim gewaltsamen Sturz der Regierung Myanmars am 1. Februar 2021 setzte sich der Oberbefehlshaber der Armee als Staatspräsident ein und versprach der Bevölkerung freie Wahlen. Mit der Auflösung des Parlaments und der gewaltsamen Festnahme gewählter Volksvertreter*innen trat er jedoch alle bisherigen Demokratisierungserfolge mit Füssen. Die Militärjunta macht seither keine Anstanden ihr zynisches Versprechen einzulösen – stattdessen verlänger te sie den Ausnahmezustand bis 2023 und baut den Über wachungs- staat aus.

DAS RINGEN UM DIE KONTROLLE IM LAND

Trotz ihres äusserst brutalen Vorgehens gelang es der Militärjunta bislang nicht, die absolute Macht im Land zu erlangen. Neben dem bewaffneten Widerstand ethnischer Minderheiten und der im Mai 2021 gegründeten Volksmiliz widersetzen sich auch weiterhin grosse Teile der Bevölkerung mit gewaltfreien Mitteln. Sie verweigern der Junta ihre Dienste und halten mit wagemutigen Protestaktionen eine friedliche Demokratiebewegung am Leben. Auch wenn sich die Mittel deutlich unterscheiden stellen für die Militärregierung beide Arten des Widerstands eine terroristische Bedrohung dar.

Im Ringen um die Kontrolle setzt das Militär unter anderem auf Überwachung. Bereits mehrere Monate vor dem Putsch wurden Telekom- und Internet-Anbieter angewiesen Späh-Software zu installieren, die es dem Militär erlaubt Anrufe abzuhören, Textnachrichten und E-Mails mitzulesen, den Internetverkehr zu überwachen und Nutzer-Standorte zu verfolgen.

ÜBERWACHUNG NACH CHINESISCHEM VORBILD?

Nun soll «zur Wahrung des Friedens und dem Schutz der Bevölkerung» in allen Teilen des Landes chinesische Überwachungstechnologie installiert werden. Über inländische Firmen beziehen lokale Autoritäten Gesichtserkennungskameras von Dahua, Huawei und Hikvision. Diese Firmen entwickelten jene Gesichtserkennungstechnologien, die zur Verfolgung der Uigurischen Minderheit eingesetzt werden.

Noch ist zwar unklar mit welcher Software die Kameras letztlich genau betrieben werden. Dennoch ist zu befürchten, dass diese auf «Terrorismusbekämpfung» ausgelegten Projekte einem ähnlichen Muster folgen werden wie wir es aus Xinjiang kennen. Die von den Kameras bereitgestellten Informationen können in Echtzeit mit Datenbanken abgeglichen werden. Mit künstlicher Intelligenz können die Systeme auf die «Erkennung bestimmter Ethnien» trainiert werden und mit geeigneter Software lassen sich sogar automatisch Alarme auslösen, wenn eine Kamera «verdächtige Personen» identifiziert. Die möglichen Fahndungsraster lassen hierbei genauso erschaudern wie die bedenklich hohe Fehlerquote solcher Überwachungstechnologien.

OPPOSITION IN LEBENSGEFAHR

Mit solchen Systemen hat das Militär ein potentes Mittel in der Hand, um alle ihr unliebsamen Subjekte zu identifizieren und aufzuspüren. Demokratieaktivist*innen können dabei genauso zum Ziel werden wie unbeteiligte Zivilpersonen, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Wie ernst es werden kann, wenn man ins Visier der durch die Junta gesteuerten Scheinjustiz gerät, zeigt die jüngste Hinrichtung von vier Oppositionellen, die wegen «Terrorismus» zum Tode verurteilt wurden. Über hundert weitere warten in ihren Zellen auf die Vollstreckung des Todesurteils. Dank Chinesischer Technologie werden wohl etliche dazukommen.

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