Negative Folgen für Beschäftigte und Arbeitsmarkt

Eine allgemeine Dienstpflicht ist aus gewerkschaftlicher Sicht abzulehnen. Probleme die schon der heutige Zivildienst schafft, würden dadurch massiv verschärft.

Der Vorschlag der Eidgenössischen Kommission für Kinder- und Jugendfragen (EKKJ) klingt zunächst ziemlich fortschrittlich: Jedermann soll die freie Wahl zwischen Militär- und Zivildienst haben. Doch die Forderung der EKKJ bedeutet auch, dass weiterhin jeder junge Schweizer Mann zu einem Dienst gezwungen wird. Was ihm bleibt, ist lediglich die Wahl, ob er diesen im Militär oder im Zivildienst leisten will.

Verdrängungskampf auf dem zweiten Arbeitsmarkt

Mit einer allgemeinen Dienstpflicht im Sinne der EKKJ würde die Anzahl Zivildienstleistender massiv ansteigen. Da diese zur Dienstleistung verpflichtet sind, ist klar, dass früher oder später auch ausreichend Einsatzangebote zur Verfügung stehen müssen. Ob diese Angebote nun aus privater Initiative entstehen oder direkt durch den Bund geschaffen werden, spielt letztlich keine Rolle. Entscheidend ist, dass es sich bei einer Grosszahl dieser Stellen um einfache Hilfsarbeiten handelt. Die Zivildienstleistenden werden somit von Staates wegen in den zweiten Arbeitsmarkt gedrängt, der eigentlich dazu gedacht ist, Leuten eine Chance zum Wiedereinstieg in die Arbeitswelt zu bieten (beispielsweise nach längere Arbeitslosigkeit oder Krankheit). Somit werden diese Wiedereingliederungsstellen von Leuten besetzt, die gar nicht wiedereingegliedert werden müssen. Ein arbeitsmarktpolitischer Unsinn.

Viele der Zivildienstangebote betreffen Jobbereiche im Tieflohnsektor (zum Beispiel Küchenhilfe, Mitarbeit im Brockenhaus). Steigt die Anzahl der Zivis, so ist anzunehmen, dass ordentliche Stellen in diesen Bereichen abgebaut und durch Zivistellen ersetzt werden. Schlecht ausgebildete Menschen werden dadurch in die Arbeitslosigkeit getrieben, aus der sie nur schwer wieder rauskommen. Zudem üben die Zivis als Gratisarbeitskräfte auch einen negativen Lohndruck in diesen Branchen aus. Warum soll man einem Küchengehilfen 20 Franken in der Stunde bezahlen, wenn man doch viel billiger einen Zivi anstellen könnte?

Gefahren im Gesundheitsbereich

Eine weitere Branche, die durch die Aufblähung des Zivildienstes unter Druck kommen würde, ist die Pflege. Gerade im Zeitalter von klammen staatlichen Kassen erliegen auch Spitäler und Altersheime der Versuchung, die anstehende Arbeit mit einem Maximum an Zivis zu erledigen. Wenn immer mehr Zivildienstleistende die Aufgaben des Pflegepersonals erledigen, führt das unweigerlich zu einer Abwertung des Berufes und der Ausbildung. Diese fatale Entwicklung hat Deutschland bereits hinter sich. Dass immer mehr ausgebildete PflegerInnen aus Deutschland in die Schweiz kommen, ist nur ein Anzeichen dafür, wie weit die Entwertung des Pflegeberufes dort schon fortgeschritten ist.

Eine allgemeine Dienstpflicht würde – im Gegensatz zum freiwilligen Zivildienst – dazu führen, dass auch unmotivierte junge Männer Zivildienst leisten. Dass solche Personen den Arbeitsalltag des Pflegepersonals noch weiter belasten würden, wäre eine weitere Zumutung.

 

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