Rücksichtslose Bombardierung und Belagerung von Städten in Syrien und Tschetschenien – wo blieb der Aufschrei?

Die Taten der russischen Armee in der Ukraine lösten wiederholt weltweite Empörung aus – die gegenwärtig in der Ukraine beobachtbare Kriegstaktik ist jedoch mitnichten neu.

Um die geostrategischen Ziele ihrer Regierung durchzusetzen, gehen Russlands Streitkräfte seit jeher wenig zimperlich vor. Durch ihre gewaltige Feuerkraft werden Kultureinrichtungen und Spielplätze zu Gräbern, Nächte zum Albtraum und Tage zur Hölle. Das Vorgehen des russischen Militärs löste grosses Entsetzen aus und unser Aufschrei setzte Entscheidungsträger unter Druck, alles zu tun, um den Menschen in der Ukraine beizustehen.

Demgegenüber blieb es vergleichsweise stumm, als sich Ähnliches in Syrien oder Tschetschenien ereignete. Dabei hätten die Menschen in Aleppo oder Grosny ebenso sehr unseren Beistand verdient. Auch damals hat die russische Armee Städte eingekesselt und unter massiven Beschuss genommen. Bomben und Granaten schlugen auf Märkten, in Schulen, Krankenhäusern und Wohngebäuden ein, trafen Menschen auf öffentlichen Plätzen und töteten gebärende Mütter auf Entbindungsstationen. Wo war der Aufschrei, als die russische Armee auch damals geächtete Waffen einsetzte, fliehende Menschen in Konvois und Camps angriff und die Bevölkerung von jeglicher Versorgung mit überlebenswichtigen Gütern abschnitt?

Schweigend billigten wir 2002 sogar, dass Putin – noch während des zweiten Tschetschenienkriegs – am Zugersee ein Friedenspreis überreicht wurde.Wir akzeptier(t)en, dass unser Finanzplatz weiterhin massiv die russische Kriegskasse füttert(e) und dass der Bundesrat auch nach 2015 den Export von Dual-Use-Gütern nach Russland durchwinkte.

Dank unserer unverminderten Kollaboration hat sich für Russland seine menschenverachtende Kriegstaktik bewährt. Somit trugen auch wir dazu bei, dass wir in der Ukraine ein wiederkehrendes Muster erkennen, das uns daran erinnern sollte, welchem Schicksal wir die Menschen in Syrien und Tschetschenien überlassen haben. Mariupol ermahne uns, auch in Zukunft das Ausmass und die Lautstärke unserer Empörung an dem verursachten Leid zu orientieren und unsere Entscheidungsträger*innen auch künftig in die Pflicht zu nehmen.

,