Die Skandalliste 2018 der Armee ist lang: Trinkgelage an Kaderanlässen, Luxus-Heliflüge, Mobbing und beförderte Rechtsextreme. Vertrauen fördert das keineswegs, gerade auch im Hinblick auf den acht Milliarden-Blanco-Scheck für neue Kampfjets.
Mitte November stand Armeechef Phillipe Rebord in der Sendung Samstagsrundschau bei Radio SRF Rede und Antwort zum Spesenskandal in der Schweizer Armee. Die Fragen waren brisant, denn es ging um Steuergelder, die für persönliches Vergnügen aus dem Fenster geworfen wurden. Wie es zu einem solchen Umgang mit öffentlichen Geldern kommen konnte, beantwortete Rebord folgendermassen: «Das ist eine Kultur, die seit Jahren plus minus existiert» und «wir haben uns zu wenig hinterfragt über die externe Wirkung.» Beschwichtigend fügte er an: «Ich entschuldige mich bei ihnen und bei all denen Menschen in der Schweiz, die zu Recht erwarten, dass wir uns für ihre Sicherheit einsetzen und auch, dass wir mit Steuergeldern sorgsam umgehen». Dass das Herumfliegen von Angehörigen mit Helikoptern, Trinkgelage oder Goldvreneli-Geschenke einfach auf die unbegrenzte Spesenrechnung gesetzt werden können, gibt es wohl nur im Militär.
Der ehemalige VBS-Chef Guy Parmelin versicherte darauf hin, dass solche Exzesse nun vom Tisch seien. Abhilfe soll ein neues Spesenreglement schaffen, das auch für Generäle gelte. Er erklärte sich den lockeren Umgang mit unseren Steuergeldern ebenfalls als eine Art «Tradition».
Rechtsextremer Unteroffizier
Auch in den unteren Rängen der Armee brodelte es im letzten Jahr: So wurde zum Beispiel ein Mitglied einer rechtsextremen Gruppierung aus der Innerschweiz, die dem Netzwerk «Blood & Honour» nahesteht, zum Unteroffizier befördert. Dies obwohl gegenüber extremistischem Gedankengut bei der Rekrutierung eine Nulltoleranz herrsche, wie Armee-Sprecher Stefan Hofer gegenüber dem Sonntagsblick beteuerte. Dass dieses rechtsextreme Netzwerk in diversen Staaten verboten ist und auch über einen bewaffneten Arm verfügt, scheint noch nicht ins VBS durchgedrungen zu sein.
Misshandlung eines Rekruten
Nicht minder schockierend war dann auch das Video aus der Rekrutenschule in Emmen, das Ende Oktober viral gegangen ist. Es zeigt, wie Soldaten einen Kollegen mit Steinen und Nüssen bewarfen – zur Strafe. Es zeigt auch auf beängstigende Weise wie gnadenlos einige Rekruten dabei vorgehen, offensichtlich ohne dabei ihre Handlung zu hinterfragen.
Diese Steinigung rief wiederum Armeechef Phillipe Rebord auf den Plan. Er dulde ein solches Vorgehen nicht und besuchte die besagte RS. Die Militärjustiz ermittelte, auf Twitter schrieb das VBS von «Misshandlung eines Tessiner Rekruten». Gegen den Kommandanten wurden fünf Tage Arrest verhängt. Wie weit die Kritik an solchen Vorfällen im Militärapparat wirklich geht oder ob solches Verhalten nicht doch viel zu oft als normal betrachtet wird, bleibt aber offen. So beklagte sich die Militärzeitschrift «Schweizer Soldat» nach dem Vorfall über «Fake News» und über die «armeefeindlichen Medien», die über diesen Vorfall berichtet haben. Die Misshandlung des Rekruten bezeichneten sie verharmlosend als «Bieridee».
Doch nochmals zurück zur Armeespitze: Im anfänglich erwähnten Interview mit Radio SRF wurde Armeechef Rebord gebeten, den Satz «Trotz dreissig Jahren Berufsmilitär bin ich kein ‹Militärgring›, weil…» zu beenden. Seine Antwort: «Weil ich selbstkritisch bin.» Dies sei ersichtlich an seinem «ordentlichen Verhalten». Beruhigend ist eine solche Aussage keineswegs, denn diese deklarierte Selbstkritik hatte offensichtlich keinen grossen Einfluss auf das «traditionelle» Verschwenden von Steuergeldern. Dass ihr Verhalten nicht in Ordnung ist, musste der Militärkaste einmal mehr von kritischen Stimmen ausserhalb ihrer Militärlogik klargemacht werden.